§ 3.
Die Einwürfe des Materialismus.

18. Das mißverständliche methodologische Verlangen nach Einheit des Prinzips hat sich in keinen Theorien leidenschaftlicher ausgesprochen, als in jenen materialistischen, die zu allen Zeiten hin und wieder aufgetreten sind, denen aber in neuester Zeit der rasche Fortschritt der Naturwissenschaften besonders Mut macht, in immer größerer Ausdehnung und mit wachsender Zuversicht hervorzutreten. Darauf kommt es diesen Lehren an, nicht allein die Existenz eines eigenen psychischen Prinzips zu vermeiden, sondern vor allem die Psychologie vollkommen in Naturwissenschaft zu absorbieren, ihre Grundbegriffe jenen Grundsätzen zu assimilieren, welche seit langer Zeit dort in Übung und in beständiger Erweiterung der Wissenschaft begriffen sind. Gewönne der Materialismus unserer Zeit nicht ein eigentümliches Interesse durch diese überaus falsche Begeisterung für einen wahrhaft großartigen Kreis wissenschaftlicher Bildung, dessen Resultate und Analogien er auf die liederlichste Weise mißbraucht, so würden wir kaum nötig haben, hier auf ihn zurückzukommen. Denn der positive Inhalt materialistischer Seelenkenntnis ist zu allen Zeiten unendlich dürftig gewesen, und nie hat diese Richtung der Gedanken sich durch eine gelungene Erklärung psychischer Erscheinungen bemerklich gemacht. Ihre Wichtigkeit hat vielmehr stets nur in ihrer Polemik gegen die Annahme einer substantiellen Seele bestanden, welcher sie teils allgemeine methodologische Bedenken, teils eine Art metaphysischer Zweifel an der Möglichkeit psychischer Wesen, teils endlich physiologische Tatsachen entgegenhielt, welche, wenn selbst diese Möglichkeit zugestanden wäre, doch die wirkliche Abhängigkeit alles geistigen Lebens von den materiellen Elementen des Körpers beweisen sollten. Die große Verbreitung, die bei der fortschreitenden Abnahme allgemeiner Bildung diese materialistischen Räsonnements gewonnen haben und gewiß noch lange gewinnen werden, nötiget uns, ohne die Hoffnung eines bedeutenden Erfolgs, die hervorstechendsten Argumente derselben hier zu prüfen.

19. Hätte die Forderung der Festhaltung naturwissenschaftlicher Grundsätze, die man jetzt in der Einleitung fast jedes neu erscheinenden Werkes von einigermaßen allgemeiner Tendenz wiederholt findet, nur die Absicht, jene allgemeinsten Regeln aller Beurteilung, die logische und methodische Genauigkeit zu empfehlen, der die Naturwissenschaft die verhältnismäßige Sicherheit ihres Fortschritts verdankt, so würden wir uns ihr ohne Rückhalt ausschließen. Sie hat jedoch, wie aus ihren Konsequenzen hervorgeht, meist vielmehr den andern Sinn, auch jene konkreten Gesetze der unbeseelten Natur, ja selbst. die Substrate und Kräfte, die dort wirksam sind, zu allgemeingültigen Prinzipien aller Untersuchung und zu überall verwendbaren Mitteln der Erklärung erheben zu wollen. Dadurch mutet sie nur dem Zeitalter zu, einen logischen Fehler in möglichster Ausdehnung zu begehen. Ist es denn eine vor allen übrigen Untersuchungen ausgemachte Tatsache, dass alle die Anschauungen der gemeinsten sinnlichen Erfahrung, diese Begriffe von Materie, diese Annahmen über die Wirkungsweise der Kräfte, wie sie in der Physik im Laufe der Zeit sich allmählich aus Analogien, Hypothesen und Vermutungen herausgebildet haben, diese Grundsätze ferner, deren die meisten bis jetzt theoretisch zu rechtfertigen nicht geglückt ist, — ist es sicher, dass dies alles ein Evangelium ist, nicht nur gültig in Bezug auf diejenigen Erfahrungen, von denen es abstrahiert ist, sondern auch in Bezug auf die, von denen es nicht abstrahiert ist, und die man bei der Entwerfung aller dieser naturwissenschaftlichen Regeln auch nicht im Entferntesten im Auge gehabt hat? Aus der Betrachtung der unbeseelten und unorganischen Natur allein sind unsere naturwissenschaftlichen Anschauungen erwachsen, nur mit Rücksicht auf diesen Kreis von Erscheinungen sind ihre Prinzipien ausgebildet. Der Erfahrung so langer Zeit gegenüber, die uns gelehrt hat, wie vortrefflich die Erscheinungen der unbeseelten Natur mit diesen Auffassungsweisen übereinstimmen, würde es allerdings eine kindische Torheit sein, an ihrer Gültigkeit innerhalb dieser Grenzen zweifeln oder deshalb an ihnen mäkeln zu wollen, weil man vielleicht Grund hätte, die physischen Gesetze nicht für ursprüngliche zu halten, sondern für abgeleitete, deren Sinn erst von einem höheren Standpunkte aus sich rechtfertigen ließe. Erwacht nun aber das Interesse der Untersuchung auch für die andere Welt des geistigen Lebens, so würde es nicht minder eine kindische Unbesonnenheit sein, wenn wir behaupten wollten, was vom Unbeseelten gelte, müsse gleich giltig auch für das Beseelte sein. Dass psychische und physische Prozesse aus einem gemeinsamen Reiche von Gesetzen erklärt werden können, diese Aussicht brauchen wir nicht aufzugeben; aber natürlich liegt dieses Reich über beiden Gliedern dieses Gegensatzes, und die Wahrheit wird nicht gefunden, wenn man die Gesetze, die für das eine Glied um seiner speziellen Natur willen gelten, auf das andere anwendet, dessen spezifische Qualität ganz abweichend ist, obwohl es mit jenem unter denselben allgemeinen Begriff fallen mag.

20. Ist es daher nicht vielmehr unerläßlich, zuerst eine Untersuchung darüber anzustellen, wie Vieles in jenen vorhandenen Ansichten der Naturwissenschaft von so allgemeinem Inhalt ist, dass man es wohl auch für ein Gesetz der geistigen Welt halten darf, wie viel Anderes dagegen nur unter den bestimmten Bedingungen gilt, welche die spezifischen Eigenschaften der körperlichen Wesen und der physischen Kräfte noch hinzubringen? Diese Untersuchung zu führen ist das Geschäft einer philosophischen Naturwissenschaft, die wir trotz aller Ungunst, mit welcher sie unsere Zeit behandelt, für die notwendige Voraussetzung so allgemeiner Betrachtungen erklären müssen. Denn eine Metaphysik, die ausdrücklich eine solche sein will und die Gesamtheit ihrer Gegenstände methodisch ins Auge faßt, wird stets etwas mehr leisten und selbst in ihren Einseitigkeiten förderlicher sein, als jene fragmentarische und naturalistische Metaphysik, die überall da ganz unerwartet üppig hervorwuchert, wo man sich von aller Metaphysik befreit zu haben und ganz auf dem Boden der Erfahrung und naturwissenschaftlichen Anschauung zu stehen glaubt. Bereitwillig also werden wir zwar zugeben, dass die Verbindung des körperlichen und des geistigen Lebens der Psychologie die beständige Mitwirkung der Naturwissenschaft notwendig macht, das dagegen die Forderung, die Lehre vom Seelenleben überhaupt zu einer Naturwissenschaft umzugestalten, eine leere Modephrase ist, die entweder nichts Erhebliches, oder den Versuch bedeutet, mit den Augen zu hören und mit den Ohren zu sehen.

21. Die Leidenschaft, mit welcher das Prinzipat der Naturwissenschaft in Behandlung jeder Frage verfochten wird, hindert übrigens die Verfechtenden nicht, in ihren Betrachtungen ganz gegen die Analogien und die Regeln dieser Wissenschaft zu verfahren. Nicht nur, dass man oft den Vorrat naturwissenschaftlicher Erklärungsmittel durch neue Begriffe und Prinzipien vermehrt, die nur dem Physiologen exakt vorkommen, dem Physiker aber um nichts besser erscheinen können, als jeder andere unexakte Traum; vielmehr aus mißverständlicher Parteinahme für physikalische Anschauung gestattet man sich nicht einmal alle die Hilfsmittel, durch welche sie selbst ihre Resultate erreicht. Als die elektrischen und magnetischen Erscheinungen zuerst beobachtet, wurden, als Wärme und Licht auf exaktere Weise Gegenstand der Untersuchung zu werden begannen, hat man sich nicht gescheut, zur Erklärung dieser von den übrigen so abweichenden Erscheinungen auch ganz eigentümliche Substrate anzunehmen. Bedenkt man, wie sehr der Begriff der Körperlichkeit für die gemeine Anschauung durch Schwere und Gewicht der Masse festgestellt wird, so war es eine sehr kühne und phantastische Annahme, den ponderablen Körpern eine Reihe imponderabler gegenüber zu stellen, deren Statik und Mechanik nur hinsichtlich der allgemeinsten Prinzipien mit der der wägbaren Körper übereinstimmen konnte, an vielen spezielleren Punkten dagegen neue Begriffe nötig machte. Nun wissen wir freilich, wie oft jetzt gegen diese Annahmen der Vorwurf der Willkührlichkeit und der Vervielfältigung der Prinzipien gemacht wird; gleichwohl soll der Geist noch kommen, der alle auf diesem Wege erhaltenen Resultate auch ohne eine solche Annahme nur aus Eigenschaften der ponderablen Körper wieder zu gewinnen wüßte. Und käme er, so würde er gewiß bescheiden zugestehen, dass ihm diese Nachweisung nie gelungen sein würde, wenn nicht die ausgedehnte Wissenschaft, die auf jenen an sich vielleicht nicht richtigen Hypothesen erbaut ist, ihm vorangegangen wäre.

22. Wenden wir nun dieses Beispiel physikalischer Methode auf unsere Frage an, so ist nicht einzusehn, warum es mit naturwissenschaftlicher Anschauungsweise nicht gleich verträglich sein sollte, wenn wir für die geistigen Erscheinungen, die sich von den physischen noch ungleich mehr unterscheiden, als die Wirkungen der Imponderabilien von denen der ponderablen Körper, auch ein eigentümliches Substrat annähmen, das nicht nur gewichtlos, sondern auch raumlos wäre. Wir würden nur genötigt sein, unsere naturwissenschaftlichen Grundsätze noch mehr zu verallgemeinern, sie noch mehr von den spezifischen Bestandteilen zu reinigen, die nur für bestimmte Klassen materieller Substrate gelten, und sie einer allgemeinen Statik und Mechanik anzunähern, welche sich nicht bloß auf Bewegungen, sondern auf Veränderungen überhaupt, nicht mehr auf Massen allein, sondern auf Wesen bezöge. Dieser allgemeinen metaphysischen Dynamik würde sich als ein Zweig die Psychologie, als ein anderer die Physik unterordnen, und das, was in den naturwissenschaftlichen Begriffen allgemein gütiges vorhanden ist, würde auf diese Weise einen rechtmäßigen Zugang zur Betrachtung des Seelenlebens gefunden haben. Diese Aussicht auf eine unendlich umfassendere Dynamik, als wir sie gegenwärtig besitzen, ist übrigens kein ausschweifender Gedanke, den wir hier zuerst auszusprechen nötig hätten; diese Vorstellung ist vielmehr nicht allein der Philosophie stets geläufig gewesen, sondern auch den wahren Kennern der physikalischen Theorien ist sie bekannt genug. Sie wissen recht wohl, wie beschränkt der Teil der Naturwirkungen ist, den unsere bisherige Wissenschaft beherrscht, und nehmen keinen Anstand, die Möglichkeit noch ganz anderer Substrate und Kräfte zuzugeben, die für die Zukunft, denselben höchsten Gesetzen untertan, doch zu ganz andern näheren Prinzipien und Methoden der Untersuchung Veranlassung geben können. Nur die oberflächliche Kenntnis der Natur ist so engherzig, mit den vereinzelten Analogien bald der Gravitation, bald des Chemismus, bald der Elektrizität, wie gerade der eine oder der andere Kreis dieser Erscheinungen am meisten die Aufmerksamkeit der Wissenschaft beschäftigt, alle Wirklichkeit überwältigen zu wollen.

23. Zu den abenteuerlichsten Auswüchsen dieser falschen Begeisterung für Naturwissenschaft gehört eine methodologische Vorschrift, die wir nicht selten ausdrücklich gegeben finden. Es müsse stets unser Bestreben sein, sagt man, "dem Gebiete der Seele so viel Terrain zu entreißen als möglich, überall müsse man dieses immaterielle Prinzip so weit als tunlich, zurückzudrängen und die Erscheinungen auf die allein richtigen Grundlagen physischer Kräfte zurückzuführen suchen." Wir haben ein Beispiel ähnlicher Methodologie an dem Begriffe der Lebenskraft gesehen. Auch gegen ihn stritt die naturwissenschaftliche Auffassungsweise, aber gegen ihn mit besserem Recht; auch hier aber bewies sie ihre innerliche Unfertigkeit durch die Halbheit, mit der sie die Lebenskraft zwar noch als Prinzip für einige Erscheinungen stehn ließ und dennoch diesem Prinzip so viel Anwendung als möglich zu entziehn suchte. Diese Methodologie mag für eine praktische Tätigkeit gelten, welche durch Handlungen die Herrschaft eines ihr unangenehmen Prinzips zu brechen im Stande ist; in der Wissenschaft ist sie sinnlos. Nur darauf kann es ankommen, dasjenige Prinzip für jeden Kreis von Erscheinungen anzuerkennen, von dem er wirklich abhängt; alle Anstrengung, andere Erklärungsgründe zur Geltung zu bringen, ändert die tatsächliche Macht des verleugneten Prinzips nicht. Anstatt jener halben Anerkennung und der gleichzeitigen Anfeindung der anerkannten Seele können wir nur die bestimmte Überzeugung entweder ihrer Unmöglichkeit oder ihrer Unentbehrlichkeit an die Spitze der Untersuchung stellen, und keinem andern Grundsatz folgen, als dem, ihr zuzuschreiben, was der Verlauf derselben ihrem Gebiete notwendig zuteilen wird.

24. Die Apotheose der Naturwissenschaft ist es übrigens nicht allein, von welcher der Materialismus ausgeht; er führt nebenher eine deutliche Polemik gegen jeden Versuch, irgend einem ästhetischen oder moralischen Bedürfnisse des Geistes einen Einfluß auf die Gestaltung unserer wissenschaftlichen Ansichten zu gewähren. Es ist klar, dass die materialistischen Auffassungen eine Unsterblichkeit der Seele, und eine Freiheit ihres Willens wissenschaftlich mit ihren Prinzipien nicht zu vereinigen vermögen; es bleibt ihnen keine andere Wahl, als beide zu leugnen, oder an beide trotz ihrer wissenschaftlich eingesehenen Unmöglichkeit, wie man sagt, zu glauben. Wir würden gegen die entschiedene und aufrichtige Wahl der ersten Meinung hier nichts einzuwenden haben, der zweiten aber entspringt eine Polemik und eine methodologische Ansicht von gleicher Irrigkeit. "Es habe niemals Nutzen gestiftet, sagt man uns, zwei disparate Gebiete mit einander zu vermischen; die physiologische Psychologie sei eine Naturwissenschaft; den für diese allseitig anerkannten Behandlungsweisen müsse auch sie unterworfen werden, wenn wir aus Mystik und Märchenwelt herauskommen wollen. Ein Verlangen nach Freiheit und Unsterblichkeit dürfe daher auf ihre Ausbildung keinen Einfluß äußern. Auf der andern Seite sei sie nicht so arrogant, um sich überhaupt die Entscheidung der Endfrage über das Wesen der Seele anzumaßen und es bleibe Raum genug übrig, auf welchem das Gefühl subjektive Befriedigung suchen und finden könne. Aber man solle nicht solche Anschauungsweisen in die naturwissenschaftliche Behandlung mischen, nicht physiologische Vorgänge mit theologischen Glaubenssätzen erklären."

25. In diesen Aussprüchen ist es nun zuerst ein Irrtum, dass die Annahme einer Seele in einer unlösbaren Verbindung mit dem Bedürfnis stehe, Unsterblichkeit oder Freiheit des menschlichen Geistes zu retten. Jene Annahme geht vielmehr so sehr nur aus theoretischen Bedürfnissen der Erklärung psychologischer Tatsachen hervor, dass sie dem, der auf jene beiden sittlichen Überzeugungen verzichtet, wissenschaftlich nicht minder nötig ist, als dem, der ihnen anhangt. Das Andere aber, wozu jene Reflexionen uns anregen, ist das Geständnis, für eine eigentümliche Art doppelter Buchhaltung, wie sie uns jetzt so oft empfohlen wird, allerdings kein Verständnis zu haben. In der Naturwissenschaft diesem Prinzip zu folgen und sich für die Trostlosigkeit seiner Resultate schadlos zu halten, indem man im Glauben ein anderes Prinzip umfaßt, hat mir stets eine unwürdige Zersplitterung unserer geistigen Kräfte geschienen. Ich begreife die Forderung, dass man jeden Kreis von Gegenständen nach der eigentümlichen Natur derselben bearbeiten soll, und dass es voreilig ist, höchste ethische und religiöse Gesichtspunkte unmittelbar zur Erklärung heranzuziehn, wo es sich um vielfach vermittelte und abgeleitete Vorgänge handelt. Ich verstehe auch, dass menschliche Wissenschaft Lücken haben muß und dass es aus schwerlich je gelingen wird, die Ansicht der Welt, die wir vom ethischen Standpunkt aus uns bilden können, in stetigen Zusammenhang mit der andern zu bringen, die wir uns, vom Einzelnen der Erfahrung und von seinen speziellen Gesetzen ausgehend, auf einem regressiven Wege zusammensetzen. Aber unmöglich können wir uns dabei beruhigen, dass eine dieser Weltauffassungen in prinzipiellen Widerstreit mit der andern steht, dass das Erkennen etwa gerade dasjenige als unmöglich darstellt, was der Glaube als notwendig ansehn muß. Man kann die Unmöglichkeit eines wissenschaftlichen Beweises für die Unsterblichkeit einsehn und dennoch an sie glauben, aber vorzugeben, man sei von der Unmöglichkeit der Unsterblichkeit oder der Freiheit wissenschaftlich überzeugt und dennoch zu verlangen, dass man sie glaube, dies ist ein widersinniges Spiel. Was sollte uns alle Wissenschaft helfen, wenn sie für unser ganzes geistiges Leben das Resultat hätte, dass einzelne große Gedankenrichtungen in uns ohne Vermittlung und Einheit neben einander arbeiteten, wie etwa Krummzapfen und Räder in einer Maschine jedes nach seiner Art arbeiten, und wissen Keines von dem Andern? Eine solche Teilung der Meinungen, wie sie uns vorgeschlagen wird, können wir daher nicht eingehen. Zeigte es sich, dass unsere Erkenntnis mit Notwendigkeit zu Resultaten kommt, die jene Postulate der sittlichen Vernunft ausschließen, so bliebe uns nur übrig, entweder auch im Glauben Freiheit und Unsterblichkeit aufzugeben, oder wenn wir sie retten wollen, in der scheinbar sichern und vollendeten Wissenschaft dennoch Irrtümer zu vermuten; die unserer Aufmerksamkeit vorläufig entgehen. Aber in den meisten Untersuchungen dieser Art pflegt ohnehin unsere wissenschaftliche Erkenntnis, von dem Gegebenen zu seinen Gründen aufsteigend, nicht zu einem Erklärungsgrunde ausschließlich, sondern zu einer Mehrzahl gleichmöglicher zu gelangen, zwischen denen die Wahl erst durch Betrachtungen entschieden wird, die aus andern Überlegungen und Gedankenkreisen herstammen. Für den Materialismus, so wie wir ihn bisher betrachteten, steht unsere psychologische Frage eben so; er zieht zwar als das näherliegende Erklärungsprinzip des Seelenlebens die materielle Organisation vor, aber er braucht nicht notwendig die Existenz eines immateriellen Prinzips unmöglich zu finden. Ihm also bliebe noch Gelegenheit, diese Alternative durch Rücksicht auf jene Postulate der sittlichen Welt zu entscheiden; für uns ist ihre Mitwirkung unnütz, da uns rein theoretische Betrachtungen bereits die Unzulässigkeit der materialistischen Auffassung zeigten.

26. Diesem allen schließt sich endlich ein gemischter Vorwurf an, den der Materialismus uns macht, indem er gleichzeitig die Annahme einer Seele als einen fruchtlosen und unbedeutenden, und doch auch als einen allzuwichtigen Schritt, um so schnell getan zu werden, darstellen möchte. "Die Hypothese einer eigentümlichen Seele sei keine Erklärung, sondern ein Aufgeben der Erklärung, wie überall, wo zur Konstruktion eines Erscheinungskreises in Bausch und Bogen ein Prinzip angenommen werde, das für alle Eigentümlichkeiten desselben haften solle." Wir erwidern, dass, abgesehn von vielem Andern, eine wissenschaftliche Annahme nicht nur nach dem Vorteil, den sie gewährt, sondern vor allem nach ihrer eigenen innern Notwendigkeit abzuschätzen sei. Wenn wir zur Erklärung der Phänomene des Bewußtseins eine Seele voraussetzen, in deren Wesen allein es liege, Bewußtsein erzeugen zu können, so erklären wir allerdings die Entstehung desselben im Allgemeinen nicht, obwohl vielleicht beiläufig gesagt doch in vielen einzelnen Zügen; aber wir tun den wesentlichsten und notwendigsten Schritt der Wissenschaft: wir vermeiden ein falsches Prinzip und geben den Schein auf, als wenn das Seelenleben aus physischen Bewegungen erklärbar wäre. Offenbar kann die Erkenntnis nicht weiter gehn, als die Wirklichkeit; was. in ihr nicht auseinander hervorgeht, kann auch die Wissenschaft nicht auseinander ableiten: diese Abgeschlossenheit zweier Kreise von Vorgängen erkannt zu haben, ist selbst ein Teil der Wahrheit, gleichviel ob dadurch die trügerische Aussicht auf leichte Fortschritte der Wissenschaft verloren geht. Ob übrigens die Annahme einer Seele so gänzlich fruchtlos für den Fortschritt der Psychologie sein werde, wie materialistische Ansichten es stets gewesen sind, wollen wir gern hier dahingestellt sein lassen.

27. Dies ist die eine Seite der Sache; anderseits aber wird uns dieselbe Annahme, deren Vergeblichkeit wir eben hören mußten, als ein weit über alle methodologischen Befugnisse hinausgehender Schritt des Leichtsinns vorgeworfen. Wir sollen zuerst den Irrgängen der neueren Physiologie folgen, wohin sie uns führen wird; dann erst, wenn wir finden, dass sie nicht weiter kann, soll uns der Versuch frei stehn, auf unserm Wege glücklicher zu sein. "Weil die eigene Weisheit diesen vielfach verschlungenen Knoten nicht lösen, aus dem Labyrinthe der Erscheinungen sich nicht herausfinden könne, müsse man an die Stelle vermittelter Wirkungen eine unmittelbar wirkende, immaterielle Kraft setzen? Wer bürge uns denn dafür, dass jene Weisheit, welche den Knoten schürzte und die Verhältnisse so wunderbar kunstvoll präformierte, denselben nicht auf eine Weise löse, welche die subjektiven Bedürfnisse des Menschen befriedige?" So sehen wir denn endlich den Glauben an die Existenz der Seele als gottlosen Vorwitz getadelt, den Materialismus als Vertrauen zu göttlicher Weisheit empfohlen. Indessen sagen diese Vorwürfe zu viel, um wahr zu sein, denn sie verbieten jede Wissenschaft. Überall, wo der Mensch untersucht, unternimmt er es, sich durch eigne Weisheit aus einem Labyrinth von Erscheinungen herauszufinden und überall konnte man ihm dieselbe seltsame Beruhigung zurufen, dass die Weisheit, die den Knoten schürzte, auch wissen werde ihn zu lösen. Darin zwar mag eine notwendige Züchtigung der eigenen Weisheit bestehen, dass wir uns versagen, Lücken unserer positiven Erkenntnis durch phantastische Träume auszufüllen; Ergebnisse dagegen, auf welche uns die denkende Beobachtung des Gegebenen mit Notwendigkeit führt, dürfen nicht unausgesprochen bleiben, sondern mögen, wo sie selbst noch rätselhaft sind, einer weiter vorwärts schreitenden, nicht aber einer nach rückwärts wieder destruierenden Richtung der Untersuchung vorbehalten sein. So können wir in der Tat jene ganze Phrase als Echo zurückgeben: deswegen also, weil die eigene Weisheit die Natur einer immateriellen Substanz nicht einsehn kann, muß man an die Stelle vermittelter Wirkungen eine unmittelbare, dem materiellen Träger inhärierende Denkkraft setzen, obgleich sie die vorliegenden Tatsachen nicht erklärt? Wer bürgt uns denn dafür, dass jene Weisheit, die Physisches und Psychisches zur Wechselwirkung verband, nicht diesen Knoten lösen wird, ohne die Selbständigkeit des zweiten aufzuheben?

28. Was bei dieser seltsamen Methodologie herauskommt, lehren uns andere Äußerungen. "Ist es denn nicht genug, sagt man, wenn man dasjenige übersieht, was die Beobachtung bis jetzt gelehrt hat? Wir sehen zunächst am Nervenapparate zwei wesentlich differente Teile, Ganglienkugeln und Nervenfasern, oder (?) Erregungszentren und Leitungsfaden, und indem diese beiden Elemente eine Reihe von verschiedenartigen Eigenschaften darbieten, die wir freilich noch nicht auf bestimmte mechanische Verschiedenheiten zurückführen können, so sehen wir weiterhin eine Mannigfaltigkeit der Erregung und Leitung, der Übertragung und Isolierung, der Hemmung und Verstärkung von Nervenströmen entstehen, welche die Untersuchung bis zu einem Maße komplizieren, dass wahrlich eine Dreistigkeit ohne Gleichen zu der naiven Frage gehört, wie denn nun die Seele aus den Bewegungen der Hirnelemente zu erklären sei." Zwar ist von dem, was wir nach diesen Äußerungen alles sehen sollen, eigentlich nur sehr wenig zu sehen, aber allerdings kann es gar nicht fehlen, dass dieselbe Frage mit derselben Naivetät fortwährend wiederholt werden muß, und all der vorgeschobene Spektakel von Ganglien und Nervenfasern, Stromketten und Strömungen ist durchaus nicht geeignet, zu imponieren, oder die prinzipielle Schwäche dieser Meinungen zu verdecken. Ihre Taktik besteht einfach darin, auf einen noch ungesichteten Wirrwarr von Tatsachen hinzuweisen, dessen Unklarheit uns gewissermaßen dafür bürgen soll, dass er noch viel Aufschlüsse verbirgt, während doch die Unmöglichkeit dessen, was man in ihm zu finden hofft, sich von vornherein erweisen läßt. Wenn Jemand behauptete, es sei unmöglich, dass ein Dampflokomotiv ohne Führer seine Wege wähle und zu bestimmten Stunden bald hier bald dorthin reise, so könnte mit gleichem Recht ein Andrer über die naive Dreistigkeit dieser Behauptung erstaunen, und ihm entgegnen, er solle doch die Menge Räder, Kolben, Balanciere, Nägel und Schrauben betrachten; ob in dieser Fülle und Mannigfaltigkeit der Hilfsmittel nicht noch gar Vieles stecken könne, was wir freilich noch nicht auf bestimmte mechanische Grundlagen zurückzuführen verstehen? Diese wohlgemeinte Einladung, der modernen Nervenphysiologie in alle ihre Träume zu folgen, werden wir daher doch ablehnen und eine bestimmte Überzeugung über das, was physisch möglich oder unmöglich ist, zur Vermeidung unnötiger Abwege der Wissenschaft vielmehr voraussetzen müssen.

29. "Der gangbare Begriff der Seele, wendet man uns ferner methodologisch ein, ist genau in derselben Weise entstanden, und hat daher auch ganz dieselbe Bedeutung und denselben Wert, wie der Begriff der Lebenskraft. Nur vermittelst des abstrahierenden Verstandes gelangte man zu ihm bei der Betrachtung einer besondern Klasse von Tätigkeiten, deren wirkliche Natur und Bedingungen noch ganz unbekannt waren, und man stellte diesen Begriff fest, um von ihm aus rückwärts diese Tätigkeiten zu erklären. Die Seele ist mithin nur ein Geschöpf unserer eigenen Seelentätigkeiten und man mag daraus, wenn man unbefangen genug ist, leicht entnehmen, welche Bewandtnis es mit der Realität dieser Seele hat." Ich gestehe, dass es mir im Gegenteil sehr schwer fällt, daraus irgend etwas zu entnehmen. Denn zuerst ist die Entstehungsweise eines Begriffs kein Grund für seine Gültigkeit oder Ungültigkeit; in der stets unklaren Weise, in welcher die Sprache in der Ausbildung ihrer Worte verfährt, kann sie die richtigsten Begriffe auf gleich unrechtmäßigem Wege, wie die irrigsten erzeugen. Nur darauf würde es ankommen, ob der irgendwie gebildete Begriff, nachdem er da ist, sich rechtfertigen läßt. Außerdem aber wüßte ich in der Entstehungsgeschichte des Begriffs der Seele, wie sie uns hier geschildert wird, nichts Unrechtmäßiges wahrzunehmen, obgleich die Schilderung zu ungenau ist, um alles deutlich zu sehen. Gewiß aber entstehen alle Begriffe der Materie, der Kraft und ähnliche auf keinem andern Wege, und jedes Prinzip, das wir irgendwo zur Erklärung der Erscheinungen anwenden, ist in ganz gleicher Weise ein Geschöpf unserer eignen Seelentätigkeit.

30. Um so irriger dagegen ist die Vergleichung zwischen der Vorstellung der Seele und der der Lebenskraft, und dieser Irrtum hat einige Wichtigkeit, denn es läßt sich nicht leugnen, dass die rechtmäßige Bekämpfung der Lebenskraft die geistige Bewegung gewesen ist, die einen großen Teil unserer Zeitgenossen gleichsam nach dem Gesetz der Trägheit weit über ihr richtiges Ziel hinaus auch zur Bestreitung der Existenz der Seele geführt hat. "Wie die Lebenskraft keine einfache Kraft, sondern die Summe aller Kräfte der einzelsten Teile des Organismus ist, so sind wir auch nicht berechtigt, die Seele als eine dynamische selbständige Substanz anzusehn, sondern nur als die Summe aller Kräfte der als Bedingungen der Seelentätigkeiten mitwirkenden Teile." In dieser Behauptung vermissen wir jede Angabe eines Vergleichungspunktes. Ich kann hier nicht wiederholen, was ich an andern Orten über die Gründe auseinandergesetzt habe, welche die Annahme einer Lebenskraft gleich unmöglich als unnütz machen; aber man wird sich erinnern, dass der eine Hauptpunkt des Angriffs stets darin bestand, dass alle Erscheinungen des nur organischen Lebens Veränderungen physischer Zustände materieller Massen sind, die sich einzeln genommen gar nicht, sondern nur durch die eigentümliche Form ihrer Kombination von denen der unorganischen Natur unterscheiden. Zweierlei folgt hieraus. Erstens würde es gänzlich ungerechtfertigt und unmöglich gewesen sein, zur Erklärung der Entstehung dieser Vorgänge, die sämtlich rein physische sind, eine Lebenskraft anzunehmen, die physischen Kräften unähnlich gewesen wäre. Sie mußte ihnen vielmehr durchaus ähnlich sein, damit sie auf die physischen Kräfte, welche den körperlichen Massen einmal anhaften, und ihnen durch Verwendung in einem Organismus nicht verloren gehn können, einzuwirken und sie zu modifizieren vermögen. Zweitens mußte die Kombination der organischen Prozesse erklärt werden. War nun einmal die Lebenskraft keine übernatürliche, allmächtig schaltende, so konnte sie nun auch nicht mehr Eine sein; denn sie hätte sich, da die Lebensprozesse unendlich verschieden sind, in jedem Augenblicke grundlos bald in diese, bald in jene physische Kraft verwandeln müssen, um sich die Fähigkeit zu geben, in jedem Momente die gerade verlangten physischen Veränderungen der Massen hervorzubringen. Diese Wandelbarkeit ist gänzlich gegen den Begriff einer einfachen Naturkraft, und die Lebenskraft konnte deswegen nicht als Eine, sondern nur als Resultante unzähliger Einzelkräfte und der Umstände angesehn werden, unter denen diese wirken. Und eine solche neue Fassung der Sache fand an einer unbefangenen Anschauung der Lebensvorgänge nicht einmal einen bemerklichen Widerspruch: sie lassen sich alle bequem als eine Summe gleichzeitiger oder sukzessiver Prozesse fassen, die zwar mit gegenseitiger Berechnung auf einander, aber doch auf verschiedene Substrate verteilt, geschehen, und nie gleich dem Bewußtsein, eine intensive Einheit bilden, welche uns verböte, das Leben als die Bewegung eines Systems von vielen Elementen zu fassen. Methodologisch endlich unnütz war der Begriff der Lebenskraft insofern, als man diese eine Kraft für Alles sorgen ließ, und nie die zweiten Prämissen, oder die bedingenden Nebenumstände angab, durch welche sie abwechselnd zur Erzeugung bald dieser bald jener Wirkung regelmäßig genötigt würde.

31. Alles dies verhält sich entgegengesetzt in Bezug auf den Begriff der Seele. Die psychischen Erscheinungen sind nicht identisch oder analog den physischen und lassen sich nie als Kombinationen derselben ansehn. Ebenso notwendig als es für das Leben war, die Lebenskraft und die Kräfte der einzelnen Massenteile als gleichartig anzusehn, weil alle Lebensereignisse in demselben Medium physikalischer Prozesse fortliefen, ebenso unerläßlich ist es hier um den Übergang des Physischen in das andere Medium des Psychischen zu erklären, ein dem Materiellen ungleichartiges Substrat anzunehmen, auf welches die äußern Reize wirken. Dies Substrat freilich hätte zunächst wieder die Materie sein können, der man, wie oben bemerkt, physische und psychische Eigenschaften neben einander zuschrieb; aber die Einheit des Bewußtseins duldete dies nicht. Die Seele kann nicht als Resultante von irgend etwas angesehn werden, sondern nur als Einheit, weil ihre einzelnen Tätigkeiten keineswegs an verschiedene Subjekte verteilt und ihr Gesamtzustand nicht als die Bewegungssumme eines Systems vieler Elemente gedacht werden kann. Den methodologischen Fehler der Ansichten von der Lebenskraft endlich wiederholen wir nicht, indem wir durchaus nicht die Seele als ein veranlassungslos tätiges Wesen betrachten, welches die psychischen Erscheinungen allein aus sich erzeugt, indem wir vielmehr hier schon aussprechen, was der Gegenstand unserer ausführlichen Untersuchungen sein wird, dass nämlich alle psychischen Zustände nur auf den Anreiz und durch eine ausgebreitete Mitwirkung körperlicher Funktionen entstehen, mit welchen das Leben der Seele in einer durchaus gesetzmäßigen Verbindung der Wechselwirkung steht.

32. "So wie die Funktion des Muskels Kontraktion ist, so wie die Nieren Urin absondern, auf gleiche Weise erzeugt das Gehirn Gedanken, Bestrebungen, Gefühle." Ob alle Gedanken der Menschen auf diesem uropoetischen Wege entstehn sollten, bezweifle ich; nur dieser Ausspruch selber könnte auf die Vermutung bringen, es sei doch möglich. "Auf gleiche Weise." sagt man, und welches ist diese Weise? Die Funktion des Muskels besteht darin, dass seine Teilchen in veränderte Lagen geraten, die Funktion der Nieren darin, dass sie einer Quantität von Flüssigkeit, die schon vorher vorhanden war, und auf deren chemische Mischung sie vielleicht durch ihre eigenen Strukturbestandteile einigen Einfluß ausüben, den Durchgang durch eine organische Membran gestatten. Welch ein unfiltrierter Einfall nun, zu behaupten, auf gleiche Weise oder auch nur irgendwie damit vergleichbar entstehe der Gedanke, der Wille, das Gefühl! Sind sie Zuckungen der materiellen Substrate, so sind sie nicht Gedanke, nicht Wille, nicht Gefühl; werden sie vom Gehirn nur abgesondert, so waren sie vorher da, und das Gehirn erzeugt sie vielmehr eben nicht; bildet sie etwa das Gehirn aus irgend einem andern Material aus, so wie vielleicht die Nieren aus dem Blute den Urin erzeugen, so wähle man, ob dies vorangehende Material physischer oder psychischer Natur war. Im letzteren Falle würde das Gehirn einem Prozesse, dessen eigentümliche Qualität es nicht erzeugen kann, sondern voraussetzen muß, nur nähere Bestimmungen erteilen, was nicht unmöglich, sondern sehr wahrscheinlich ist; im ersten dagegen würde ein physischer Prozeß einen zweiten gleichen durch seinen Einfluß in einen psychischen verwandeln, ein Ereignis, das mir wenigstens durch jene gedankenlosen Vergleichungen, die ich den Äußerungen nicht unbekannter Männer entnahm, nicht im mindesten begreiflicher wird.

33. "In zahllosen Schriften, ruft man uns zu, habe man sich bemüht, das Verhältnis zwischen Seele und Leib aufzuklären und den Dualismus wieder zu beseitigen, den man erst willkürlich geschaffen, und doch hätte man einsehn können und sollen, dass all dies Bemühen notwendig erfolglos sein müsse: denn wie wir ein lebendiges Wesen wohl zerlegen und damit zerstören, nie aber wieder zu seiner ursprünglichen Form zusammensetzen können, so seien auch Seele und Leib, einmal künstlich getrennt, nie wieder zu vereinigen." Solche Versicherungen in der Tat sind nicht geeignet, unsere Hoffnungen herabzustimmen, denn ihre unklaren Vergleiche widerlegen sich selbst. Wenn wir ein organisches Wesen in seine Bestandteile zerlegen und es dann nicht wieder zusammenfügen können, nun wohlan, so war doch wenigstens die Zerlegung richtig, und die nicht wieder vereinbaren Bestandteile sind denn doch eben in ihm wirklich enthalten gewesen. Möge uns dies ein Vorzeichen sein, dass auch unsere Trennung zwischen Körper und Seele zwei wirklich vorhandene Prinzipien scheidet; sollten wir nun wirklich das Geheimnis ihrer Wiedervereinbarkeit nicht erraten, so ist doch gewiß, dass noch weniger mit den Erscheinungen zurechtkommen wird, wer nicht einmal das offenbare Geheimnis ihrer Trennbarkeit kennt.