Dritter Abschnitt.

Analyse der Klänge durch Mittönen.

Wir gehen jetzt darauf aus, nachzuweisen, daß den in einer Klangmasse enthaltenen einfachen Partialtönen besondere mechanische Wirkungen in der Außenwelt zukommen, welche unabhängig sind vom menschlichen Ohre und seinen Empfindungen, unabhängig ferner von bloß theoretischen Betrachtungsweisen, und welche daher dieser besonderen Zerlegungsweise der Schwingungsformen in pendelartige Schwingungen eine besondere objektiv gültige Bedeutung zuweisen.

Eine solche Wirkung findet in dem Phänomen des Mittönens statt. Dieses Phänomen kommt bei allen solchen Körpern vor, welche, wenn sie einmal durch irgend einen Anstoß in Schwingung versetzt worden sind, eine längere Reihe von Schwingungen ausführen, ehe sie wieder zur Ruhe kommen. Wenn dergleichen Körper nämlich von regelmäßig periodischen Stößen getroffen werden, von denen jeder einzelne viel zu schwach und unbedeutend sein mag, um eine merkliche Bewegung des schwingungsfähigen Körpers hervorzubringen, so können dennoch sehr starke und ausgiebige Schwingungen des genannten Körpers entstehen, wenn die Periode seiner eigenen Schwingungen genau gleich ist der Periode jener schwachen Anstöße. Wenn aber die Periode der regelmäßig sich wiederholenden Stöße abweicht von der Periode der eigenen Schwingungen, so entsteht eine schwache oder ganz unmerkliche Bewegung.

Dergleichen periodische Anstöße gehen nun gewöhnlich aus von einem anderen in regelmäßigen Schwingungen begriffenen Körper; dann rufen also die Schwingungen des letzteren nach einiger Zeit auch die Schwingungen des erstgenannten hervor. Unter diesen Umständen nennen wir den Vorgang Mitschwingen oder Mittönen. Die Schwingungen können so schnell sein, daß sie tönen, sie können aber auch so langsam sein, daß sie keine Empfindung im Ohre hervorzurufen vermögen; das ändert nichts im Wesen der Sache. Das Mittönen ist ein den Musikern wohlbekanntes Phänomen. Wenn z. B. die Saiten zweier Violinen genau gleich gestimmt sind, und man die eine anstreicht, gerät auch die gleichnamige Saite der anderen Violine in Schwingung. Das Wesen des Vorganges lässt sich aber besser an solchen Beispielen darlegen, bei denen die Schwingungen langsam genug sind, daß man alle ihre Phasen einzeln beobachten kann.

So ist es z. B. bekannt, daß die größten Kirchenglocken durch taktmäßiges Ziehen an dem Glockenseil von einem Manne oder selbst einem Knaben in Bewegung gesetzt werden können, Glocken von so großem Metallgewicht, daß der stärkste Mann, welcher sie aus ihrer Lage zu bringen sucht, sie kaum merklich bewegt, wenn er seine Kraft nicht in bestimmten taktmäßigen Absätzen anwendet. Ist eine solche Glocke einmal in Bewegung gesetzt, so setzt sie, wie ein angestoßenes Pendel, ihre Schwingungen noch lange fort, ehe sie allmählig zur Ruhe kommt, auch wenn sie ganz sich selbst überlassen bleibt, und keine Kraft zur Unterstützung ihrer Bewegungen da ist. Allmählig freilich nimmt ihre Bewegung ab, indem Reibung in den Achsen und Luftwiderstand bei jeder einzelnen Schwingung einen Teil der vorhandenen Bewegungskraft der Glocke vernichten.

Während die Glocke hin- und herschwankt, hebt und senkt sich der Hebel mit dem Glockenseil, der oben an ihrer Achse befestigt ist. Wenn nun, während der Hebel sich senkt, ein Knabe sich an das untere Ende des Glockenseils anhängt, so wirkt die Schwere seines Körpers so auf die Glocke, daß sie deren eben vorhandene Bewegung beschleunigt. Diese Beschleunigung mag sehr klein sein, und doch wird sie eine entsprechende Vermehrung der Schwingungsweite der Glocke bewirken, die sich auch wiederum eine Weile erhält, bis sie durch Reibung und Luftwiderstand vernichtet ist. Wollte der Knabe sich aber zu unrechter Zeit an das Glockenseil anhängen, während dieses aufsteigt, so würde die Schwere seines Körpers der Bewegung der Glocke entgegenwirken und die Schwingungsweite verkleinern. Wenn sich nun der Knabe bei jeder Schwingung so lange an das Seil hängt, als dieses sich senkt, und es so lange frei lässt, als es sich hebt, so wird er bei jeder Schwingung die Bewegung der Glocke nur beschleunigen und ihre Schwingungen so allmählig größer und größer machen, bis durch die Vergrößerung der Schwingungen auch die bei jeder Schwingung von der Glocke an die Turmwände und die Luft abgegebene Bewegung so groß wird, daß sie durch die Kraft, die der Knabe bei jeder Schwingung aufwendet, gerade gedeckt wird.

Der Erfolg dieses Verfahrens beruht also wesentlich darauf, daß der Knabe seine Kraft immer nur in solchen Augenblicken anwendet, wo er durch sie die Bewegung der Glocke vergrößert. Er muss also seine Kraft periodisch in Tätigkeit setzen, und die Periode dieser Tätigkeit muss gleich der Periode der Glocken-Schwingungen sein, wenn er Erfolg haben will. Er würde ebenso gut die vorhandene Bewegung der Glocke auch schnell zur Ruhe bringen können, wenn er sich an den Strick hinge, während dieser aufsteigt, und so das Gewicht seines Körpers von der Glocke heben ließe.

Ein Versuch ähnlicher Art, der jeden Augenblick anzustellen ist, ist folgender. Man stelle sich ein Pendel her, indem man an das untere Ende eines Fadens einen schweren Körper, z. B. einen Ring, befestigt, fasse das obere Ende des Fadens mit der Hand, und setze den Ring in schwache Pendelschwingungen, dann kann man die Pendelschwingungen allmählig Sehr bedeutend vergrößern, wenn man jedesmal, wo das Pendel seine größte Abweichung von der Senkrechten erreicht hat, eine ganz kleine Verschiebung der Hand nach der entgegengesetzten Seite macht. Also, wenn das Pendel am meisten nach rechts gegangen ist, bewege man die Hand ein wenig nach links, wenn das Pendel links steht, bewege man sie ein wenig nach rechts. Auch kann man gleich von vorn herein Schwingungen des Pendels, wenn es im Anfang ruhig herabhängt, hervorbringen, wenn man dergleichen ganz kleine Verschiebungen der Hand in demselben Takte ausführt, in welchem das Pendel seine Schwingungen macht. Die Verschiebungen der Hand können hierbei so klein sein, daß sie kaum bei gespannter Aufmerksamkeit wahrgenommen werden, ein Umstand, auf welchem die abergläubische Anwendung dieses kleinen Apparates als Wünschelrute beruht. Wenn nämlich der Beobachter, ohne an seine Hand zu denken, den Schwankungen des Ringes mit den Augen folgt, so folgt die Hand leicht den Augen, bewegt sich also unwillkürlich ein wenig hin und her, und zwar gerade in demselben Takte, wie das Pendel, wenn dies zufällig anfängt ein wenig zu schwanken. Diese unwillkürlichen Schwankungen der Hand werden gewöhnlich übersehen, wenigstens wenn der Beobachter nicht an genaue Beobachtung solcher unscheinbaren Einnüsse gewöhnt ist. Durch sie wird eben jede vorhandene Pendelschwingung vergrößert und unterhalten, und jede zufällige Bewegung des Ringes leicht in eine Reihe von Pendelschwingungen verwandelt, welche scheinbar von selbst und ohne Zutun des Beobachters eintreten, und deshalb dem Einflusse verborgener Metalle oder Quellen u. s. w. zugeschrieben wurden.

Wenn man dagegen die Bewegungen der Hand absichtlich entgegengesetzt ausführt, als vorgeschrieben ist, so kommt das Pendel bald zur Ruhe.

Die Erklärung des Verfahrens ist einfach. Ist das obere Ende des Fadens unverrückbar befestigt, so fährt das Pendel, einmal angestoßen, lange Zeit in seinen Schwingungen fort, und deren Größe vermindert sich nur sehr langsam. Die Größe der Schwingungen können wir uns gemessen denken durch den Winkel, den der Faden bei seiner äußersten Abweichung von der Vertikallinie mit dieser bildet. Befindet sich nun der angehängte Körper in der äußersten Abweichung nach rechts, und verrücken wir die Hand nach links, so machen wir den Winkel zwischen dem Faden und der Vertikallinie offenbar größer, also auch die Schwingungsweite größer. Würden wir das obere Ende des Fadens in entgegengesetzter Richtung bewegen, so würden wir die Schwingungsweite verkleinern.

Wir brauchen hierbei die Bewegungen der Hand nicht in demselben Takte auszuführen, wie das Pendel schwingt. Wir können auch auf je drei, je fünf oder mehr Pendelschwingungen einen Hin- und Hergang der Hand ausführen, und doch starke Schwingungen erregen. So zum Beispiel: wenn das Pendel rechts steht, verrücken wir die Hand nach links, halten sie still, bis das Pendel nach links, wieder nach rechts und dann nochmals nach links gekommen ist, gehen zurück in die frühere Lage der Hand, warten bis das Pendel nach rechts, dann nach links, wieder nach rechts gekommen ist, und beginnen nun erst wieder die erste Handbewegung. Dabei kommen drei ganze Pendelschwingungen auf einen Hin- und Hergang der Hand. Ebenso können wir fünf, sieben oder mehr Pendelschwingungen auf eine Handbewegung kommen lassen. Der Sinn dieses Verfahrens ist immer der, daß die Handbewegung jedesmal nur zu einer solchen Zeit eintreten muss, wo sie der Abweichung des Pendels entgegen gerichtet ist, und daher diese vermehrt.

Auch können wir bei einer kleinen Abänderung des Verfahrens zwei, vier, sechs u. s. w. Pendelschwingungen auf eine Handbewegung kommen lassen. Wenn wir nämlich eine plötzliche Verschiebung der Hand eintreten lassen, während das Pendel durch die Vertikallinie geht, so verändert dies die Größe der Schwingungen nicht. Man verschiebe also die Hand nach links, wenn das Pendel rechts steht und beschleunige es dadurch, lasse es nach links kommen, dann, wenn es während des Zurückganges durch die Vertikallinie geht, führe man die Hand in die erste Lage zurück, lasse es das rechte, dann wieder das linke und wieder das rechte Ende seines Bogens erreichen, und beginne nun die erste Handbewegung von Neuem.

Wir können also eine kräftige Bewegung des Pendels durch sehr kleine periodische Bewegungen der Hand hervorbringen, deren Periode gleich, oder zwei, drei, vier u. s. w. Mal so groß ist, als die Schwingungsdauer des Pendels. Wir haben bisher die Bewegung der Hand als ruckweise betrachtet, das braucht sie aber nicht zu sein. Sie kann auch kontinuierlich in jeder beliebigen anderen Weise vor sich gehen. Bei einer kontinuierlichen Bewegung der Hand wird es im Allgemeinen Zeiten geben, wo sie die Bewegung des Pendels vergrößert, und vielleicht auch andere, wo sie diese Bewegung verkleinert, Um das Pendel in starke Schwingungen zu versetzen, wird es darauf ankommen, daß die Beschleunigungen der Bewegung dauernd überwiegen, und sie nicht durch die Summe der Verkleinerungen aufgehoben werden.

Wenn nun eine bestimmte periodische Bewegung der Hand vorgeschrieben wäre, und wir bestimmen wollten, ob dadurch starke Pendelschwingungen hervorgebracht werden können, so würde sich der Erfolg ohne Rechnung nicht immer von vorn herein übersehen lassen. Die theoretische Mechanik aber würde folgendes Verfahren vorschreiben, um darüber zu entscheiden: Man zerlege die periodische Bewegung der Hand in eine Summe einfacher pendelartiger Schwingungen der Hand, gerade in derselben Weise, wie wir es im vorigen Abschnitte für die periodischen Bewegungen der Luftteilchen besprochen haben. Ist die Periode einer dieser Schwingungen gleich der Schwingungsdauer des Pendels, so wird das Pendel in starke Schwingungen versetzt, sonst nicht. Man mag übrigens kleine pendelartige Bewegungen der Hand von anderer Schwingungsdauer zusammensetzen, wie man will, so würden keine dauernden starken Schwingungen des Pendels entstehen. Somit hat hier die Zerlegung in pendelartige Schwingungen eine besondere reelle Bedeutung, von welcher bestimmte mechanische Wirkungen abhängen, und es kann für den hier vorliegenden Zweck keine andere Zerlegung der Handbewegung in irgend welche Partialbewegungen substituiert werden.

In den vorher besprochenen Beispielen konnte das Pendel mitschwingen, wenn die Hand in demselben Takt sich bewegte, wie das Pendel schwang; dann war die längste einfache Partialschwingung der Hand, die dem Grundtone einer tönenden Schwingung entspricht, mit dem Pendel in Übereinstimmung. Wenn drei Schwingungen des Pendels auf einen Hin- und Hergang der Hand kamen, war es die dritte Partialschwingung der Hand, gleichsam der Duodecime ihres Grundtons entsprechend, welche das Pendel in Bewegung setzte u. s. w.

Ganz dasselbe, was wir hier für Schwingungen größerer Dauer kennen gelernt haben, gilt nun auch für Schwingungen von so kurzer Dauer wie die Tonschwingungen. Jeder elastische Körper, welcher bei seiner vorhandenen Befestigungsart im Stande ist, einmal in Bewegung gesetzt, längere Zeit fortzutönen, kann auch zum Mittönen gebracht werden, wenn ihm eine periodische Erschütterung von vergleichsweise sehr kleinen Exkursionen mitgeteilt wird, deren Periode der Schwingungsdauer seines eigenen Tons entspricht.

Man hebe leise und ohne die Saite anzuschlagen eine Taste eines Klaviers, so daß die betreffende Saite von ihrem Dämpfer befreit wird, und singe kräftig den Ton dieser Saite in das Innere des Klaviers hinein, so wird man, indem man zu singen aufhört, den Ton aus dem Klavier nachklingen hören. Man wird sich auch leicht überzeugen, daß die dem gesungenen Tone gleichgestimmte Saite es ist, die den Nachhall erzeugt; denn wenn man die Taste loslässt, so daß der Dämpfer sich auf die Saite legt, hört das Nachklingen auf. Noch besser erkennt man das Mitschwingen der Saite, wenn man kleine Papierschnitzelchen auf ihr reiten lässt. Diese werden abgeworfen, sobald die Saite in Schwingung gerät. Die Saite schwingt desto stärker, je genauer von dem Sänger ihr Ton getroffen ist. Eine sehr kleine Abweichung von der richtigen Tonhöhe lässt das Mitschwingen schon aufhören.

Bei diesem Versuche wird zunächst der Resonanzboden des Instruments von den Luftschwingungen getroffen, die die menschliche Stimme erregt. Der Resonanzboden besteht bekanntlich aus einer breiten, biegsamen Holzplatte, welche wegen ihrer großen Oberfläche besser geeignet ist, die Erschütterungen der Saiten an die Luft und der Luft an die Saiten zu übertragen, als es bei der kleinen Berührungsfläche zwischen Luft und Saite direkt geschehen kann. Der Resonanzboden leitet die Erschütterungen, welche die von dem Gesangston erschütterte Luftmasse ihm mitgeteilt hat, zunächst nach den Befestigungspunkten der Saiten hin, und teilt sie diesen mit. Die Größe einer jeden einzelnen solchen Erschütterung ist allerdings verschwindend klein; es müssen sich die Wirkungen einer sehr langen Reihe derselben addieren, bis dadurch eine merkliche Bewegung der Saite entstehen kann, und eine solche fortdauernde Addition der Wirkungen wird in der Tat stattfinden, wie in den vorausgehenden Versuchen mit der Glocke und den Pendeln, wenn die Periode der kleinen Erschütterungen, die die Luft mittels des Resonanzbodens den Enden der Saiten mitteilt, genau deren eigener Schwingungsdauer entspricht. Ist das der Fall, so wird in der Tat die Saite nach einer längeren Reihe von Schwingungen in eine verhältnismäßig zu den Erschütterungen ihrer Endpunkte sehr starke Bewegung gesetzt werden.

Statt der menschlichen Stimme können wir übrigens auch ein beliebiges musikalisches Instrument ertönen lassen; vorausgesetzt nur, daß es den Ton einer der Klaviersaiten rein, stark und ausdauernd angeben kann, so wird es sie mitschwingen machen. Statt des Klaviers wiederum können wir eine Violine, Gitarre, Harfe oder ein anderes Saiteninstrument mit Resonanzboden brauchen, ferner auch gespannte Membranen, Glocken, elastische Platten u. s. w., vorausgesetzt nur, daß die letzteren passend befestigt sind, um einmal angeschlagen einen Ton von merklicher Dauer zu geben.

Wenn die Tonhöhe des ursprünglich tönenden Körpers nicht ganz genau der des mittönenden Körpers gleich ist, so schwingt der letztere auch wohl noch mit, aber desto weniger, je größer die Differenz der Tonhöhe ist. In dieser Beziehung zeigen aber die verschiedenen tönenden Körper sehr große Unterschiede, je nachdem sie einmal angestoßen und in Schwingung versetzt, längere oder kürzere Zeit forttönen, ehe sie ihre Bewegung an die Luft abgegeben haben.

Körper von geringer Masse, welche ihre Bewegung leicht an die Luft abgeben und schnell austönen, wie z. B. gespannte Membranen, Saiten einer Violine, sind leicht in Mitschwingung zu versetzen, weil auch rückwärts die Bewegung der Luft wieder leicht auf sie übertragen wird, und sie werden auch von solchen hinreichend starken Lufterschütterungen merklich bewegt, welche nicht ganz die gleiche Schwingungsdauer haben, wie der eigene Ton dieser Körper; daher sind die Grenzen der Tonhöhe ein wenig breiter, durch deren Anstimmen man das Mitschwingen hervorrufen kann. Durch den verhältnismäßig größeren Einfluss der Luftbewegung auf solche leichte und wenig widerstandsfähige elastische Körper kann deren eigene Schwingungsdauer ein wenig verändert werden, so daß sie sich der des erregenden Tons anpasst. Massige und schwer bewegliche elastische Körper dagegen, welche ihre Schallbewegung nur langsam an die Luft abgeben, wie Glocken und Platten, und lange Zeit nachtönen, sind auch schwer von der Luft aus in Bewegung zu setzen. Es gehört eine viel längere Addition der Wirkungen dazu, und deshalb ist es auch notwendig, die Tonhöhe ihres eigenen Tons viel strenger einzuhalten, wenn man sie in Mitschwingung setzen will. Doch ist bekannt, daß man glockenförmige Gläser, in die man ihren eigenen Ton hineinsingt, in heftige Bewegung setzen kann; es wird sogar erzählt, daß Sänger von starker und reiner Stimme dergleichen Gläser so stark zum Mitschwingen gebracht haben, daß sie zersprangen. Die Hauptschwierigkeit bei diesem Versuche ist nur, bei starker Anstrengung der Stimme die Tonhöhe so sicher und genau und lange festzuhalten, wie es hierzu nötig ist.

Am schwersten sind Stimmgabeln in Mitschwingung zu setzen. Um es zu können muss man sie auf Resonanzkästen befestigen, die selbst auf den Ton der Gabel abgestimmt sind, wie Fig. 13 (a. f. S.) zeigt. Hat man zwei dergleichen, die genau gleiche Schwingungsdauer haben, und streicht die eine Gabel mit dem Violinbogen, so fängt auch die andere an mitzuschwingen, selbst wenn sie an einem entfernten Orte desselben Zimmers steht, und man hört die zweite den Ton fortsetzen, wenn man die Schwingungen der ersten dämpft. Es ist dies einer der auffallendsten Fälle des Mitschwingens, wenn man die schwere und starke Stahlmasse, welche in Bewegung gesetzt wird, vergleicht mit der leichten nachgiebigen Luftmasse, welche diese Wirkungen mittels so geringer Druckkräfte hervorbringt, daß ihre Erschütterung kein Federchen in Bewegung zu setzen vermag, wenn das Federchen nicht etwa auf denselben Ton stimmt wie die Stimmgabel. Bei solchen Gabeln ist übrigens die Zeit, welche sie brauchen um durch Mittönen in volle Schwingung zu kommen, von merklicher Größe, und die allerkleinste Verstimmung genügt schon, das Mitschwingen zwischen ihnen sehr merklich zu schwächen. Man braucht zu dem Ende nur ein kleines Stückchen Wachs auf eine der Zinken der zweiten Gabel zu kleben, so daß sie etwa eine Schwingung in der Sekunde weniger macht als die andere; dies genügt, um das Mitschwingen fast ganz aufzuheben, selbst wenn die Differenz der Tonhöhe vom geübtesten Ohre noch kaum aufgefasst werden kann.

Nachdem wir so die Erscheinung des Mitschwingens im Allgemeinen beschrieben haben, müssen wir den Einfluss der verschiedenen Wellenformen des Klanges beim Mittönen untersuchen.

Zunächst ist zu bemerken, daß die meisten elastischen Körper, wenn sie durch irgend eine schwache periodisch wirkende Kraft in anhaltende Schwingungen versetzt werden, mit wenigen Ausnahmen, welche später näher besprochen werden sollen, stets in pendelartige Schwingungen geraten. Meistens können sie aber mehrere Arten solcher Schwingungen ausführen, bei denen sowohl die Schwingungsdauer als auch die Art, wie die Schwingungen über die verschiedenen Teile des schwingenden Körpers verteilt sind, verschieden ist. Den verschiedenen Größen der Schwingungsdauer entsprechen also verschiedene Töne, die ein solcher elastischer Körper hervorbringen kann, die sogenannten eigenen Töne des Körpers, welche aber nur ausnahmsweise, wie bei den Saiten und bei den engeren Arten der Orgelpfeifen, in ihrer Tonhöhe den früher erwähnten harmonischen Obertönen eines musikalischen Klanges entsprechen, meistenteils jedoch unharmonisch zum Grundton sind.

In vielen Fällen kann man die Schwingungen und ihre Verteilung über den schwingenden Körper durch ein wenig aufgestreuten feinen Sand leicht sichtbar machen. Nehmen wir z. B. eine Membran (eine tierische Blase oder eine dünne Kautschukmembran), die über einen kreisförmigen Ring gespannt ist. In Fig. 14 sind verschiedene Formen, die eine Membran beim Schwingen annehmen kann, abgebildet. Die Durchmesser und Kreise auf der Fläche der Membran bezeichnen Reihen solcher Punkte, die beim Schwingen in Ruhe bleiben, sogenannte Knotenlinien. Durch die Knotenlinien wird die Fläche in eine Anzahl verschiedener Abteilungen geteilt. welche sich abwechselnd nach oben und nach unten ausbiegen, und zwar so, daß während die mit + bezeichneten sich nach oben biegen, die mit - bezeichneten es nach unten tun. Über den Figuren a, b, c (Fig. 14) sind die Formen gezeichnet, die die Membran auf einem Querschnitt während der Bewegung zeigen würde. Es sind hier nur diejenigen Formen der Bewegung dargestellt, welche den tiefsten und am leichtesten hervorzubringenden Tönen der Membran entsprechen. Übrigens kann die Zahl der Kreise und Durchmesser beliebig größer werden, wenn nur die Membran dünn genug und gleichmäßig genug gespannt ist, wodurch man dann immer höhere und höhere Töne erhält. Durch Aufstreuen von Sand lassen sich die gezeichneten Schwingungsfiguren leicht sichtbar machen; sowie die Membran zu schwingen beginnt, sammelt sich der Sand auf den Knotenlinien.

In ähnlicher Weise können die Knotenlinien und Schwingungsformen von ovalen oder viereckigen Membranen, von verschieden gestalteten ebenen elastischen Platten, Stäben u. s. w. sichtbar gemacht werden. Es ist dies eine Reihe sehr interessanter Erscheinungen, die von Chladni entdeckt sind, deren nähere Beschreibung uns aber von unserem Wege abführen würde. Es genüge deshalb hier den einfachsten Fall, den einer kreisförmigen Membran, näher zu besprechen.

Für die Zeit, innerhalb deren die Membran bei der Schwingungsform a 100 Schwingungen ausführt, ist die Schwingungszahl der anderen Formen für luftleeren Raum berechnet folgende:
 

Schwingungsform Schwingungszahl Tonhöhe
a ohne Knotenlinie ............ 100 c
b mit einem Kreise ............ 229× 6 d' +
c mit zwei Kreisen ............ 359× 9 b' +
d mit einem Durchmesser ......... 159 as
e mit einem Durchmesser und einem Kreise 292 g' -
f mit zwei Durchmessern ......... 214 cis'

 

Den Grundton habe ich willkürlich c genannt, nur um darnach die Intervalle der höheren Töne bezeichnen zu können. Die Töne, welche auf der Membran etwas höher sind als die angegebene Note, sind mit +, die, welche niedriger sind, mit - bezeichnet. Es fehlt hier jedes rationale Verhältnis zwischen dem Grundton und den übrigen Tönen.

Wenn man eine solche Membran ganz dünn mit feinem Sand bestreut und ihren Grundton in der Nähe kräftig angibt, so sieht man den Sand, von den Schwingungen der Membran erschüttert, nach dem Rande hinfliegen und sich dort sammeln. Gibt man einen der anderen Membrantöne an, so sammelt sich der Sand in den betreffenden Knotenlinien der Membran, und man kann daraus leicht erkennen, auf welchen ihrer Töne die Membran geantwortet hat. Ein Sänger, der die Töne der Membran gut zu treffen weiß, kann leicht aus der Ferne her den Sand nach Belieben in diese oder jene Anordnung bringen, indem er nur die betreffenden Töne kräftig angibt. Doch werden im Allgemeinen die einfacheren Figuren der tiefen Töne leichter erzeugt, als die zusammengesetzten der höheren. Am leichtesten ist es, die Membran durch Angabe ihres Grundtons in allgemeine Bewegung zu setzen, und man hat deshalb in der Akustik dergleichen Membranen viel gebraucht, um das Vorhandensein eines bestimmten Tones an bestimmten Stellen des Luftraumes nachzuweisen. Am zweckmäßigsten ist es zu dem Ende die Membran noch mit einem Luftraum zu verbinden. A, Fig. 15, ist eine Glasflasche, deren Mündung bei o offen ist, ihr Boden bei b ist weggesprengt, und an seiner Stelle eine Membran (nasse Schweinsblase, die man, nachdem sie aufgezogen und befestigt ist, trocknen lässt) aufgespannt. Bei c ist mit Wachs ein Kokonfädchen befestigt, welches ein Siegellacktröpfchen trägt. Letzteres hängt wie ein Pendel herab und legt sich gegen die Membran. Sowie die Membran in Schwingung gerät, macht das Pendelchen die heftigsten Sprünge. Die Anwendung eines solchen Pendelchens ist sehr bequem, wenn man keine Verwechselung des Grundtons der Membran mit einem anderen ihrer Eigentöne zu fürchten hat. Es fliegt nicht fort, wie der Sand, und der Apparat ist stets zu seiner Funktion bereit. Will man aber die Töne sicher unterscheiden, welche die Membran in Schwingung versetzen, so muss man die Flasche mit der Mündung nach unten stellen und Sand auf die Membran streuen. Wenn übrigens die Flasche die richtige Größe hat, und die Membran überall gleichmäßig gespannt und befestigt ist, so gibt auch nur der Grundton der Membran (etwas verändert durch die mitschwingende Luftmasse der Flasche) leicht an. Den Grundton der Membran macht man tiefer, wenn man die Größe der Membran oder das Volumen der Flasche größer nimmt, oder die Membran weniger spannt, oder endlich die Öffnung der Flasche verengert.

Eine solche Membran, frei oder über den Boden einer Flasche gespannt, wird nun nicht bloß durch Klänge, deren Tonhöhe ihrem eigenen Tone gleich ist, in Schwingung geraten, sondern auch durch solche, in welchen der eigene Ton der Membran als Oberton enthalten ist. Überhaupt wenn eine beliebige Menge von Wellensystemen in der Luft sich kreuzen, muss man, um zu erfahren, ob die Membran mitschwingen wird, die Bewegung der Luft am Orte der Membran in eine Summe pendelartiger Schwingungen mathematisch zerlegt denken. Ist unter diesen ein Glied, dessen Schwingungsdauer der Schwingungsdauer eines der Membrantöne gleich ist, so wird die betreffende Schwingungsform der Membran eintreten. Fehlen aber bei einer solchen Zerlegung der Luftbewegung die den Membrantönen entsprechenden Glieder, oder sind sie zu klein, so wird die Membran in Ruhe bleiben.

Also auch hier finden wir, daß die Zerlegung der Luftbewegung in pendelartige Schwingungen und die Existenz gewisser Schwingungen dieser Art entscheidend für das Mitschwingen der Membran ist, und es kann hierbei statt der Zerlegung in pendelartige Schwingungen keine andere, ähnliche Zerlegung der Luftbewegung substituiert werden. Die pendelartigen Schwingungen, in welche die zusammengesetzte Luftbewegung zerlegt werden kann, beweisen sich hier als wirkungskräftig in der Außenwelt, unabhängig vom Ohre und unabhängig von der mathematischen Theorie. Es bestätigt sich also hierdurch, daß die theoretische Betrachtungsweise, durch welche die Mathematiker zuerst auf diese Art der Zerlegung zusammengesetzter Schwingungen kamen, wirklich in der Natur der Sache begründet ist.

Ich lasse als Beispiel hier noch die Beschreibung eines einzelnen Versuchs folgen:

Eine Flasche von der in Fig. 15 abgebildeten Gestalt, mit einer dünnen vulkanisierten Kautschukmembran überspannt, deren schwingender Teil 49mm im Durchmesser hatte, während die Flasche 140mm hoch war und in der Messingfassung eine Öffnung von 13mm Durchmesser hatte, gab angeblasen fis', wobei sich der Sand in einem Kreise nahe dem Rande der Membran aufhäufte. Derselbe Kreis wurde hervorgebracht, wenn ich auf einer Physharmonika denselben Ton fis', oder seine tiefere Oktave fis, oder die tiefere Duodecime H angab; schwächer gaben auch Fis und D denselben Kreis. Jenes fis' der Membran ist Grundton des Physharmonikaklanges fis', erster Oberton von fis, zweiter von H, dritter von Fis, vierter von D. Deshalb konnten alle diese Noten angeschlagen die Membran in Bewegung setzen, und zwar in Form ihres tiefsten Tons. Ein zweiter kleinerer Kreis, mit 19mm Durchmesser, wurde durch h' auf der Membran hervorgebracht, derselbe schwächer durch h, spurweise durch die tiefere Duodecime e, also durch die Töne, deren Schwingungszahl 1/2 und 1/3 von der des h' ist.

Dergleichen gespannte Membranen sind nun zu diesen und ähnlichen Versuchen über Partialtöne von zusammengesetzten Klangmassen sehr brauchbar. Sie haben den großen Vorzug, daß bei ihrer Anwendung das Ohr gar nicht ins Spiel kommt, aber sie sind nicht sehr empfindlich gegen schwächere Tone. In der Empfindlichkeit werden sie bei weitem übertroffen durch die von mir angegebenen Resonatoren. Es sind das gläserne oder metallene Hohlkugeln oder Röhren mit zwei Öffnungen, abgebildet in Fig. 16 a und Fig. b. Die eine Öffnung a hat scharf abgeschnittene Ränder, die andere b ist trichterförmig und so geformt, daß man sie in das Ohr einsetzen kann. Die letztere pflege ich mit geschmolzenem Siegellack zu umgeben, und wenn dieser so weit erkaltet ist, daß er zwar mit den Fingern ungestraft berührt werden kann, aber doch noch weich ist, drücke ich diese Öffnung in den Gehörgang ein. Der Siegellack formt sich dann nach der inneren Oberfläche des letzteren, und wenn man später die Kugel an das Ohr setzt, so schließt sie leicht und vollständig dicht. Ein solcher Resonator ist der vorher beschriebenen Resonanzflasche im Ganzen sehr ähnlich, nur daß hier an Stelle der dort angewendeten künstlichen elastischen Membran das Trommelfell des Beobachters tritt.

Die Luftmasse eines solchen Resonators in Verbindung mit der des Gehörganges und mit dem Trommelfell bildet ein elastisches System, welches eigentümlicher Schwingungen fähig ist, und namentlich wird der Grundton der Kugel, welcher viel tiefer ist als alle ihre anderen Eigentöne, durch Mittönen in großer Stärke hervorgerufen. Das Ohr in unmittelbarer Verbindung mit der inneren Luft der Kugel nimmt diesen verstärkten Ton dann auch unmittelbar wahr. Hat man sich das eine Ohr verstopft (am besten durch einen Siegellackpfropfen, den man nach der Gestalt des Gehörganges geformt hat) und setzt an das andere einen solchen Resonator, so hört man die meisten Töne, welche in der Umgebung hervorgebracht werden, viel gedämpfter als sonst; wird dagegen der Eigenton des Resonators angegeben, so schmettert dieser mit gewaltiger Stärke in das Ohr hinein. Es wird dadurch Jedermann, auch selbst mit musikalisch ganz ungeübtem oder harthörigem Ohr, in den Stand gesetzt, den betreffenden Ton, selbst wenn er ziemlich schwach ist, aus einer großen Zahl von anderen Tönen herauszuhören, ja man bemerkt den Ton des Resonators sogar zuweilen im Sausen des Windes, im Rasseln der Wagenräder, im Rauschen des Wassers auftauchend. Es sind für diese Zwecke die genannten Resonatoren ein außerordentlich viel empfindlicheres Mittel, als es die abgestimmten Membranen sind. Wenn der wahrzunehmende Ton im Verhältnis zu den begleitenden Tönen sehr schwach ist, ist es vorteilhaft, den Resonator abwechselnd an das Ohr anzusetzen und wieder zu entfernen. Man bemerkt dann leicht, ob der Ton des Resonators beim Ansetzen zum Vorschein kommt oder nicht, während man einen gleichmäßig anhaltenden Ton nicht so leicht wahrnimmt.

Eine abgestimmte Reihe solcher Resonatoren ist deshalb ein wichtiges Mittel. Einerseits erlaubt es dem musikalisch ungeübten Ohre, eine Menge von Untersuchungen durchzuführen, bei denen es darauf ankommt, einzelne schwache Töne neben anderen stärkeren deutlich wahrzunehmen, wie die Kombinationstöne, Obertöne und eine Reihe von anderen, später zu beschreibenden Erscheinungen bei den Akkorden, zu deren Beobachtung ohne solche Hilfe ein geübtes musikalisches Ohr oder eine sehr angestrengte und zweckmäßig unterstützte Anspannung der Aufmerksamkeit gehört; weshalb auch bisher die genannten Phänomene nur der Beobachtung weniger Individuen zugänglich waren, und eine Menge von Physikern und selbst Musikern existierten, denen es niemals gelungen war, sie zu unterscheiden. Andererseits gelingt es nun auch dem geübten Ohre, die Analyse einer Tonmasse, unterstützt von den Resonatoren, viel weiter zu treiben, als es bisher der Fall war. Ohne sie würde es mir schwerlich gelungen sein, die Beobachtungen, welche im Folgenden beschrieben werden sollen, so genau und so sicher anzustellen, als ich es jetzt gekonnt habe1).
 
 

1) Über Maße und verschiedene Formen der Resonatoren siehe Beilage II.
 
 

Es ist hierbei wohl zu bemerken, daß das Ohr den betreffenden Ton nur insofern stärker hört, als derselbe in der Luftmasse des Resonators eine größere Intensität erreicht. Nun lehrt übrigens die mathematische Theorie der Luftbewegungen, daß, so lange wir es mit hinreichend kleinen Schwingungen zu tun haben, die Luft im Resonator Pendelschwingungen von eben denselben Perioden ausführt, wie die äußere Luft, und keine anderen, und daß nur die Intensität derjenigen Pendelschwingungen, deren Periode dem Eigenton des Resonators entspricht, eine bedeutende Stärke erreicht, die Intensität aller anderen aber desto geringer bleibt, je mehr ihre Höhe von der des Eigentons abweicht. Das mit dem Resonator verbundene Ohr kommt hierbei gar nicht weiter in Betracht, als daß sein Trommelfell die Luftmasse desselben abschließen hilft. In theoretischer Beziehung ist der Apparat den früher beschriebenen Flaschen mit schwingender Membran, Fig. 15, ganz gleichartig, nur wird seine Empfindlichkeit dadurch außerordentlich gesteigert, daß die elastische Membran des Resonators gleichzeitig das Trommelfell des Ohrs ist und in direkter Verbindung mit den empfindenden Nervenapparaten dieses Organs steht. Wir bekommen also einen starken Ton im Resonator nur, wenn bei der Zerlegung der Luftbewegung des äußeren Raumes in pendelartige Schwingungen eine Pendelschwingung von der Periode des Eigentons des Resonators vorkommt, und auch hier wiederum würde keine andere Art der Zerlegung als die in pendelartige Schwingungen ein richtiges Resultat geben.

Man kann sich durch Versuche von den angegebenen Eigenschaften der Resonatoren leicht überzeugen. Man setze einen solchen an das Ohr und lasse irgend ein mehrstimmiges Musikstück von beliebigen Instrumenten ausführen, in dem öfters der Eigenton des Resonators vorkommt. So oft dieser Ton angegeben wird, wird das mit dem Resonator bewaffnete Ohr ihn gellend durch alle anderen Töne des Akkords hindurchdringen hören.

Schwächer wird es ihn aber oft auch hören, wenn tiefere Klänge angegeben werden, und zwar zeigt die nähere Untersuchung zunächst, daß dies geschieht, wenn Klänge angegeben werden, zu deren harmonischen Obertönen der Eigenton des Resonators gehört. Man nennt dergleichen tiefere Klänge auch wohl die harmonischen Untertöne des Resonatortones. Es sind die Klänge, deren Schwingungsperiode gerade 2, 3, 4, 5 u. s. w. Mal größer ist, als die des Resonatortones. Ist dieser also z. B. c", so hört man ihn tönen, wenn ein musikalisches Instrument angibt: c', f, c, As, F, D, C u. s. w. In diesen Fällen tönt der Resonator durch einen der harmonischen Obertöne des im äußeren Luftraume angegebenen Klanges. Doch ist zu bemerken, daß nicht immer alle harmonischen Obertöne in den Klängen der einzelnen Instrumente vorkommen, und daß sie bei verschiedenen auch sehr verschiedene Stärke haben. Bei den Tönen der Geigen, des Klaviers, der Physharmonika sind die ersten 5 oder 6 meist deutlich vorhanden. Über die Obertöne der Saiten folgt Genaueres im nächsten Kapitel. Auf der Physharmonika sind die ungeradzahligen Töne meist stärker als die geradzahligen. Ebenso hört man die Obertöne mittels der Resonatoren deutlich bei den Gesangstönen der menschlichen Stimme, aber verschieden stark bei verschiedenen Vokalen, worauf wir später zurückkommen.

Unter den Körpern, welche starken Mitschwingens fähig sind, sind noch die Saiten zu nennen, welche, wie im Pianoforte, mit einem Resonanzboden verbunden sind.

Die Saiten unterscheiden sich nur dadurch einigermaßen von den bisher genannten mitschwingenden Körpern, daß ihre verschiedenen Schwingungsformen Töne geben, die den harmonischen Obertönen des Grundtons entsprechen, während bei Membranen, Glocken, Stäben u. s. w. die Nebentöne, welche den anderen Schwingungsformen entsprechen, unharmonisch zum Grundton sind, und die Luftmassen der Resonatoren ebenfalls meist unharmonische, nur sehr hohe Obertöne geben, deren Verstärkung im Resonator sehr unbedeutend ist.

Die Schwingungen von Saiten kann man entweder studieren an schwach gespannten, nicht tönenden elastischen Fäden, deren Schwingungen so langsam sind, daß man ihnen mit der Hand und mit dem Auge folgen kann, oder an tönenden Saiten, wie denen des Klaviers, der Gitarre, des Monochords oder der Violine. Die ersteren, nicht tönenden Saiten verfertigt man sich aus einer 6 bis 10 Fuß langen Spiralfeder von dünnem Messingdraht. Selbige wird schwach ausgespannt, und an beiden Enden befestigt. Eine solche Saite kann Schwingungen von sehr großen Exkursionen und großer Regelmäßigkeit machen, die leicht von einem großen Auditorium gesehen werden. Man erregt ihre Schwingungen, wenn man nahe dem einen Ende die Saite mit den Fingern in passendem Takte hin- und herbewegt.

Eine Saite kann zunächst so in Schwingung gesetzt werden, wie Fig. 17 (a. f. S.) zeigt, daß ihre Form bei der Entfernung aus der Gleichgewichtslage stets der Form einer halben einfachen Welle gleich ist. Die Saite gibt dabei nur einen Ton, und zwar den tiefsten, den sie überhaupt hervorbringen kann, ohne daß noch andere harmonische Nebentöne zu hören sind.

Die Saite kann aber während der Bewegung auch die Formen Fig. 17b,c,d (a. f. S.) annehmen. Die Form der Saite ist in diesen Figuren gleich zwei, drei, vier halben Wellenlängen einer einfachen Wellenlinie. Bei der Schwingungsform b lässt die Saite keinen anderen Ton als die höhere Oktave ihres Grundtons hören, bei c die Duodecime, bei d die zweite Oktave. Durch die punktierten Linien ist die Lage der Saite nach einer halben Schwingungszeit aufgezeichnet. Bei b bleibt der Punkt b der Saite ganz in Ruhe, bei c ruhen zwei Punkte, nämlich g1 und g2, bei d drei Punkte, d1, d2, d3. Man nennt diese Punkte Knotenpunkte. An einer schwingenden Messingspirale erkennt man sie leicht mit dem Auge, an einer tönenden Saite dadurch, daß man ganz kleine Papierschnitzelchen auflegt, die von den bewegten Stellen der Saite abgeworfen werden, an den Knotenpunkten aber liegen bleiben. Wenn die Saite also durch einen Knotenpunkt in zwei schwingende Abteilungen geteilt ist, gibt sie einen Ton, dessen Schwingungszahl doppelt so groß ist als die des Grundtons. Bei drei Abteilungen ist die Schwingungszahl die dreifache, bei vier die vierfache.

Eine Messingspirale bringt man dazu, in diesen verschiedenen Formen zu schwingen, wenn man sie entweder nahe ihrem einen Ende mit dem Finger taktmäßig bewegt, und zwar für die Form a im Takte ihrer langsamsten Schwingungen, für b doppelt, für c dreifach, für d vierfach so schnell. Oder man unterstützt einen der Knotenpunkte, der dem Ende der Saite am nächsten ist, lose mit den Fingern, und zupft die Saite zwischen diesem Knotenpunkte und dem nächsten Ende. Also wenn man g1 in Fig. 17c, oder d1 in Fig. 17d festhält, zupft man bei e; dann treten bei der Schwingung auch die anderen Knotenpunkte hervor.

An einer tönenden Saite bringt man die Schwingungsformen der Fig. 17 am reinsten hervor, wenn man auf ihren Resonanzboden eine angeschlagene Stimmgabel aufsetzt, welche den Ton gibt, der der entsprechenden Schwingungsform angehört. Will man nur eine bestimmte Anzahl von Knotenpunkten herstellen, ohne zu verlangen, daß die einzelnen Funkte der Saite einfache Schwingungen ausführen, so genügt es, einen der verlangten Knotenpunkte mit dem Finger leise zu berühren und die Saite anzuschlagen oder mit dem Bogen zu streichen. Durch die Berührung der Saite mit dem Finger dämpft man alle diejenigen einfachen Schwingungen derselben, welche keinen Knotenpunkt an der berührten Stelle haben, und es bleiben nur diejenigen übrig, welche die Saite dort ruhen lassen.

Die Zahl der Knotenpunkte kann bei langen dünnen Saiten ziemlich groß werden, bis endlich die Stücke der Saite zwischen je zwei Knotenpunkten zu kurz und steif werden, um noch tönen zu können. Sehr feine Saiten geben deshalb mehr hohe Töne als dickere. Auf der Violine und an den tieferen Klaviersaiten bringt man wohl noch Töne mit zehn Abteilungen der Saite hervor; an i sehr feinen Drahtsaiten kann man aber selbst noch Töne mit 16 oder 20 Abteilungen der Saite ansprechen lassen.

Die bisher beschriebenen Schwingungsformen der Saiten sind diejenigen, bei denen jeder Punkt der Saite sich in pendelartiger Schwingung hin- und herbewegt. Diese Bewegungen erregen im Ohre deshalb immer nur die Empfindung eines einzigen Tones. Bei allen anderen Bewegungsformen der Saiten sind die Schwingungen nicht einfach pendelartig, sondern geschehen nach einem abweichenden verwickelteren Gesetz. Dies ist immer der Fall, wenn man die Saite in der gewöhnlichen Weise mit den Fingern zupft (Gitarre, Harfe, Zither) oder schlägt (Klavier) oder mit dem Violinbogen streicht. Die dann entstehenden Bewegungen können angesehen werden, als wären sie zusammengesetzt aus vielen einfachen Schwingungen, welche einzeln den in Fig. 17 abgebildeten entsprechen. Die Mannigfaltigkeit solcher zusammengesetzter Bewegungsformen ist unendlich groß, ja es kann die Saite während ihrer Bewegung jede beliebige Form annehmen (vorausgesetzt, daß man sich immer auf sehr kleine Abweichungen von der Gleichgewichtslage beschränkt), weil aus einer Anzahl solcher einfacher Wellen, wie sie in Fig. 17a,b,c,d dargestellt sind, nach dem im zweiten Abschnitte Gesagten jede beliebige Wellenform zusammengesetzt werden kann. Eine gezupfte, geschlagene, gestrichene Saite lässt demgemäß auch neben ihrem Grundton eine große Zahl von harmonischen Obertönen hören, desto mehr in der Regel, je feiner sie ist. Der eigentümlich klimpernde Klang sehr feiner Metallsaiten verdankt offenbar diesen hohen Nebentönen seinen Ursprung. Man kann leicht mit Hilfe der Resonatoren die Töne bis zum sechszehnten unterscheiden. Die höheren rücken einander zu nahe, um sie noch deutlich zu trennen.

Wenn also eine Saite durch einen musikalischen Klang, der im umgebenden Luftraume erregt worden ist, und der ihrem Grundtone an Höhe entspricht, in Mitschwingung versetzt wird, so werden in der Regel eine ganze Reihe verschiedenartiger einfacher Schwingungsformen der Saite gleichzeitig erregt werden. Wenn nämlich der Grundton des Klanges dem Grundtone der Saite entspricht, so entsprechen auch alle harmonischen Obertöne des Klanges den Obertönen der Saite und können deshalb die entsprechende Schwingungsform der Saite erregen. Überhaupt wird die Saite durch Luftschwingungen so oft in Mitschwingung gebracht werden, als bei der Zerlegung jener Luftschwingungen in einfache Schwingungen darin Glieder vorkommen, deren Schwingungsperiode einem der Saitentöne entspricht. In der Regel werden sich aber, wenn ein solches Glied vorhanden ist, noch mehrere finden, und es wird in vielen Fällen schwer zu ermitteln sein, durch welche Töne unter denen, welche sie angeben kann, die Saite in Bewegung gesetzt ist. Deshalb sind die gewöhnlichen unbelasteten Saiten nicht so gut wie Membranen oder die Luftmassen der Resonatoren zu gebrauchen, um durch ihr Mitschwingen die in einer Klangmasse vorhandenen Töne zu finden.

Um Versuche am Klavier über das Mitschwingen der Saiten anzustellen, hebe man den Deckel des Instruments, so daß die Saiten frei liegen, drücke dann die Taste der Saite, welche mitschwingen soll, etwa c', langsam herab, ohne den Hammer zum Anschlag zu bringen, und lege quer über die Saiten des c' ein kleines Holzsplitterchen. Man wird finden, daß das Splitterchen in Bewegung gerät, oder selbst abgeworfen wird, wenn man gewisse andere Saiten des Klaviers anschlägt; die Bewegung des Splitterchens ist am stärksten, wenn einer der Untertöne des c' angeschlagen wird, also c, F, C, As1, F1, D1 oder C1. Mäßigere Bewegung tritt auch ein, wenn einer der Obertöne des c' angeschlagen wird, c", g" oder c'", doch bleibt im letzteren Falle das Hölzchen liegen, wenn man es auf die betreffenden Knotenpunkte der Saiten legt. Legt man es z. B. in die Mitte der Saite, so bleibt es ruhig beim c" und c"' und bewegt sich beim g". Legt man es auf 1/3 der Saitenlänge, so bleibt es ruhig beim g", bewegt sich beim c" und c'". Endlich kann die Saite c' auch noch in Bewegung gesetzt werden, wenn man einen Unterton eines ihrer Obertöne angibt, z. B. die Note f, deren dritter Partialton c" identisch mit dem zweiten von c' ist. Auch hier bleibt das Hölzchen ruhend, wenn man es in die Mitte der Saite c' legt, wo der Knotenpunkt des Tones c" ist. Ebenso bewegt sich die Saite c', aber mit Bildung von zwei Knotenpunkten, wenn man g', g oder es angibt, welchen Tönen mit dem c' der Oberton g" gemeinsam ist.

Ich bemerke noch, daß man am Klavier, wo das eine Ende der Saiten verdeckt zu sein pflegt, die Lage der Knotenpunkte leicht findet, wenn man den Finger leise an die beiden Saiten des betreifenden Tons andrückt, und die Taste anschlägt. Berührt der Finger einen der Knotenpunkte, so ertönt der betreffende Oberton rein und laut. Sonst ist der Ton der Saite matt und schlecht.

So lange nur ein Oberton der Saite c' erregt wird, kann man die betreffenden Knotenpunkte auffinden, und dadurch ermitteln, welche ihrer Schwingungsformen erregt ist. Das ist aber auf dem beschriebenen mechanischen Wege nicht mehr möglich, wenn zwei Obertöne gleichzeitig erregt werden, z. B. c" und g'', falls diese beiden Noten gleichzeitig angeschlagen werden, dann ist die ganze Saite in Bewegung.

Wenn aber auch die Verhältnisse bei den Saiten für die Beobachtung verwickelter erscheinen, so ist ihr Mitschwingen doch demselben Gesetze unterworfen, wie das der Resonatoren, der Membranen und anderer elastischer Körper. Es entscheidet sich immer nach der Zerlegung der vorhandenen Schallbewegungen in einfache pendelartige Schwingungen. Stimmt die Periode von einer dieser Schwingungen mit der Periode eines der Eigentöne des elastischen Körpers überein, sei dieser nun eine Saite, eine Membran oder eine Luftmasse, so wird derselbe in starke Mitschwingung versetzt.

Dadurch ist nun eine reelle Bedeutung für die Zerlegung der Schallbewegung in pendelartige einfache Schwingungen gewonnen, welche jeder anderen ähnlichen Zerlegung abgehen würde. Jedes einzelne einfache Wellensystem pendelartiger Schwingungen existiert als ein für sich bestehendes mechanisches Ganze, verbreitet sich, setzt andere elastische Körper von entsprechendem Eigenton in Bewegung, ganz unabhängig von den gleichzeitig sich ausbreitenden anderen einfachen Tönen von anderer Tonhöhe, die aus derselben oder einer anderen Tonquelle hervorgehen mögen. Jeder einzelne Ton kann denn auch, wie wir gesehen haben, durch rein mechanische Mittel, nämlich mittönende Körper, aus der Klangmasse ausgesondert werden. Jeder einzelne Partialton existiert also ebensogut und in demselben Sinne in dem Klange, den ein einzelnes musikalisches Instrument hervorbringt, wie z. B. in dem weißen Lichte, das von der Sonne oder irgend einem glühenden Körper ausgeht, die verschiedenen Farben des Regenbogens existieren. Das Licht ist auch nur eine schwingende Bewegung eines besonderen elastischen Mediums, des Lichtäthers, wie der Schall eine der Luft ist. In einem Strahle weißen Lichtes findet eine Art der Bewegung statt, welche dargestellt werden kann als eine Summe vieler periodischer Bewegungen von verschiedener Schwingungsdauer, die den einzelnen Farben des Sonnenspektrum entsprechen. Aber natürlich hat ein jedes Ätherteilchen in jedem Augenblicke nur eine bestimmte Geschwindigkeit und nur eine bestimmte Abweichung von, seiner Gleichgewichtslage, gerade wie die einzelnen Luftteilchen in einem von vielen Tonwellenzügen durchzogenen Raume. Die wirklich bestehende Bewegung jedes Ätherteilchens ist natürlich immer nur eine einzige; daß wir sie theoretisch als zusammengesetzt betrachten, ist in gewissem Sinne willkürlich. Aber auch die Lichtwellenbewegung kann durch äußere mechanische Mittel in die den einzelnen Farben entsprechenden Wellenzüge zerlegt werden, sei es durch Brechung in einem Prisma, sei es mittels feiner Gitter, durch die man das Licht gehen lässt, und mechanisch besteht jeder einfache Wellenzug des Lichtes, der einer einfachen Farbe entspricht, ganz für sich und unabhängig von allen anderen Farben.

Wir dürfen es also nicht für eine Täuschung des Ohres oder eine Einbildung erklären, wenn wir in dem Klange einer einzelnen Note irgend eines musikalischen Instruments viele Partialtöne unterscheiden, wozu ich Musiker, trotzdem sie diese Töne selbst deutlich hörten, wohl zuweilen geneigt gefunden habe. Wir müssten dann auch die, Farben des Spektrum, welche aus dem weißen Lichte ausgeschieden werden, für Sinnestäuschung halten. Die wirkliche objektive Existenz der Partialtöne lässt sich eben jeden Augenblick durch eine mitschwingende Membran, die ihren Sand emporwirft, erweisen.

Ich bemerke schließlich noch, daß ich mich in diesem Abschnitte betreffs der Bedingungen, von denen das Mittönen abhängt, vielfach auf die mechanische Theorie der Luftbewegung habe berufen müssen. Da es sich in der Lehre von den Schallwellen um wohlbekannte rein mechanische Kräfte, die des Luftdrucks nämlich, und um Bewegungen der materiellen Luftteilchen handelt, nicht um irgend welche hypothetische Erklärung, so ist die theoretische Mechanik in diesem Gebiete auch von einer vollkommen unanfechtbaren Autorität; ihre Resultate müssen freilich von dem der mathematischen Studien unkundigen Leser auf Treu und Glauben hingenommen werden. Ein experimenteller Weg der Prüfung der bezüglichen Fragen wird im nächsten Abschnitte beschrieben werden, wo die Gesetze der Zerlegung der Klänge durch das Ohr festzustellen sind. Genau ebenso, wie dort für das Ohr, lässt sich der experimentelle Beweis auch für mitschwingende Membranen und Luftmassen führen, und die Gleichheit der Gesetze für beide wird sich dort herausstellen2).

2) Optische Hilfsmittel, um schwache, mitschwingende Bewegungen resonierender Lufträume wahrnehmbar zu machen, sind in Beilage II. beschrieben. Diese Mittel sind wertvoll, um die Tatsachen Hörern zu demonstrieren, die an Beobachtung und Unterscheidung musikalischer Töne nicht gewöhnt sind.