Beilage VIII.

Praktische Anweisungen für die Versuche über Zusammensetzung der Vokale.

Zu Seite 199.

Um starke Schwingungen der Gabeln zu erhalten, ist es notwendig, daß die Schwingungszahlen mit der größten Genauigkeit den einfachen arithmetischen Verhältnissen entsprechen. Nachdem die Gabeln zuerst vom Verfertiger nach dem Gehör und einem Klaviere so genau gestimmt worden sind, als es auf diesem Wege zu erreichen ist, erreicht man die erforderliche größere Genauigkeit mittels der elektrischen Ströme selbst. Man verbindet zuerst die Unterbrechungsgabel (Fig. 33, S. 198) mit der dem Grundtone entsprechenden, und verschiebt an ersterer die bewegliche Klemme, bis man zwischen beiden genauen Einklang hergestellt hat, wobei die Stärke des Grundtones ein Maximum erreicht, dessen Existenz sich sowohl für das Auge wie für das Ohr leicht zu erkennen gibt. Die Schwingungen dieser tiefsten Gabel sind nämlich so stark, daß ihre Breite am Ende der Zinken unter günstigen Umständen 2 bis 3 Millimeter beträgt. Auch ist zu bemerken, daß, wenn der Einklang nahehin aber nicht vollkommen hergestellt ist, und man die elektrischen Ströme zuerst anfangen läßt auf die Gabel zu wirken, man einige Schwebungen der letzteren hört und sieht, die freilich verschwinden, wenn sie in vollen Gang gekommen ist.

Nachdem zwischen der Unterbrechungsgabel und der des Grundtones Einklang hergestellt ist, schaltet man die übrigen Gabeln mit geöffneten Resonanzröhren nach einander in die Leitung ein, und stimmt sie ab, bis sie unter dem Einfluß der intermittierenden Ströme das Maximum der Tonstärke geben. Das Stimmen geschieht zuerst durch die Feile. Höher macht man die Gabeln bekanntlich dadurch, daß man von den Enden der Zinken etwas abnimmt, tiefer, indem man die Wurzel der Zinken dünner macht. Beides muß aber an beiden Zinken möglichst gleichmäßig geschehen. Um zu ermitteln, ob die Gabel zu hoch oder zu tief ist, klebt man an die Enden der Zinken ein wenig Wachs, wodurch die Gabel tiefer wird, und beobachtet, ob dadurch der Ton schwächer oder stärker wird. Im ersteren Falle ist sie zu tief, im zweiten Falle zu hoch. Da Änderungen der Temperatur und vielleicht auch andere Umstände einen kleinen Einfluß auf die Stimmung der Gabeln haben, so habe ich vorgezogen, die höheren Gabeln alle durch Feilen ein Weniges zu hoch zu machen, und durch kleine Mengen von Wachs, die auf die Enden der Zinken geklebt werden, die richtige Stimmung herzustellen. Die Menge des Wachses kann leicht beliebig geändert werden, und dadurch werden kleine zufällige Veränderungen der Stimmung ausgeglichen.

Für die Resonanzröhren ist eine so genaue Stimmung nicht nötig; wenn sie angeblasen denselben Ton geben, wie die Gabeln, ist die Stimmung genügend. Sind sie zu tief, so kann man geschmolzenes Wachs hineingießen und sie dadurch höher machen. Sind sie zu hoch, so muß man die Öffnung etwas kleiner machen.

Einige Mühe hat es mir gemacht, das Geräusch des Funkens an der Unterbrechungsstelle zu beseitigen. Zunächst schaltete ich einen großen Kondensator aus Stanniolplatten ein, wie solche bei den großen elektromagnetischen Induktionsapparaten gebraucht werden. Dadurch wird der Funken aber immer nur bis auf ein gewisses Maß verringert. Vergrößerung des Kondensators zeigte sich nicht mehr von Nutzen. Die Platten des Kondensators sind durch Blätter von dünnem gefirnißten Papier getrennt, die eine mit der Unterbrechungsgabel verbanden, die andere mit dem Quecksilbernäpfchen, in welches deren Ende eintaucht. Nach manchen vergeblichen Versuchen fand ich endlich, daß Einschaltung eines sehr langen und sehr dünnen Drahtes zwischen den beiden Enden der Leitung an der Unterbrechungsstelle das Geräusch des Funkens fast ganz beseitigt, ohne doch der Wirkung des Stromes auf die Gabeln zu schaden. Der so eingeschaltete Draht muß einen so großen Widerstand haben, daß er den der Drahtwindungen in sämtlichen Elektromagneten zusammengenommen bei Weitem übertrifft. Dann geht kein in Betracht kommender Teil des Stromes durch diesen Draht. Erst wenn die Leitung geöffnet wird, und der dünne Draht die einzige Schließung für den Extrakurrent der Elektromagnete bildet, entladet sich dieser durch ihn. Damit nun aber der dünne Draht selbst keinen Extrakurrent erzeugt, darf er nicht in Windungen um eine Rolle gelegt sein, sondern muß auf einem Brette hin und hergehend ausgespannt sein, so daß zwei zunächst benachbarte Strecken des Drahtes von entgegengesetzt gerichteten Strömen durchlaufen werden. Zu dem Ende habe ich an die beiden Enden eines Brettchens (l Fuß lang) zwei Kämme von harter Kautschukmasse angeschraubt, und einen dünnen versilberten Kupferdraht, wie er zum Überspinnen seidener Fäden gebraucht wird, zwischen den Zähnen dieser Kämme hin- und hergezogen (90 Mal). Dadurch bringt man eine lange Strecke (90 Fuß) dieses Drahtes gut isoliert in einen verhältnismäßig engen Raum zusammen, und so, daß er keinen in Betracht kommenden Extrakurrent gibt. Wenn in dem Drahte nämlich bei der Unterbrechung des Stromes ein Extrakurrent gebildet würde, so würde dieser in dem aus den Elektromagneten und dem dünnen Drähte gebildeten Kreise die entgegengesetzte Richtung haben, als der Extrakurrent in den Elektromagneten, und letzterer würde ganz oder teilweise verhindert werden, sich durch den dünnen Draht zu entladen.

Zur Bewegung der Gabeln brauchte ich zwei bis drei Grove'sche Elemente. Die Elektromagnete waren in zwei Reihen neben einander gestellt. Die ganze Anordnung ist in Fig. 64 schematisch dargestellt. Die Ziffern l bis 8 bezeichnen die Resonanzröhren der Stimmgabeln, die gestrichelten Linien, welche nach m1 bis m8 hingehen, die Fäden, welche die Deckel von der Öffnung der Resonanzröhren hinwegziehen. a1 bis a8 sind die Elektromagnete, welche die zwischen ihren Schenkeln stehenden Stimmgabeln in Bewegung setzen; b ist die Unterbrechungsgabel, f der zugehörige Elektromagnet. Die Lage von beiden ist etwas verändert, um den Zusammenhang der Stromleitungen deutlicher zu machen. Die Elemente der galvanischen Batterie sind mit e1und e2 bezeichnet, der große Drahtwiderstand mit dd, der Kondensator, dessen spiralig aufgerollte Platten nur im Querschnitt gesehen werden, mit c.

Die Leitung des elektrischen Stromes geht von e2 der Reihe nach durch sämtliche Elektromagnete der Stimmgabeln bis zum Stiel der Unterbrechungsgabel g. Zuweilen ist es vorteilhafter diesen Teil der Leitung so anzuordnen, daß er in zwei parallele Zweige geteilt wird, und die drei höheren, schwer zu bewegenden Gabeln in den einen Zweig eingeschaltet werden, die fünf tieferen in den anderen, so daß die drei höheren von einem stärkeren Strom durchflossen werden, als die tieferen.

Der Rest der Leitung von g bis zum zweiten Pole der Batterie in e1 enthält den Unterbrechungsapparat, welcher hier so angeordnet ist, daß jede Schwingung der Gabel zwei Mal den Strom herstellt, indem ein Mal die obere Zinke in das Quecksilber des Näpfchens h einschlägt, das andere Mal die untere Zinke in das Näpfchen i. Wird bei h geschlossen, so geht der Strom von g durch die obere Zinke der Gabel nach h, dann durch den Elektromagneten der Gabel f nach k und e1. Zwischen h und k ist es meist nötig noch einen Seitenzweig h l k einzuschalten. von massigem Widerstande, um den Strom im Elektromagneten f so zu schwächen, daß die Gabel b nicht zu heftige Schwingungen macht. Die Zickzackbiegungen bei l stellen diesen Zweig dar.

Schlagen die Zinken der Gabel auseinander, so wird der Strom bei h geöffnet und nach kurzer Unterbrechung wieder bei i geschlossen, so daß er nun von g durch die untere Zinke der Gabel nach i, von da über k zur Batterie e1 gelangt. Im Momente der Unterbrechung des Stromes bei h oder bei i entstehen durch die Induktion in den 8 Elektromagneten der Stimmgabel kräftige Extrakurrents, welche glänzende und lärmende Funken an den Unterbrechungsstellen geben würden, wenn nicht die herandrängenden Elektrizitätsmassen sich zum Teil in den Kondensator c für den Moment aufspeichern, zum Teil durch den sehr großen Widerstand d d entladen könnten.

Der letztere stellt, wie man sieht, eine dauernde Verbindung zwischen g und der Batterie her, aber er leitet so schlecht, daß kein namhafter Teil des Stromes durch ihn gehen kann, ausgenommen, wenn im Moment der Stromesöffnung die große elektromotorische Kraft der Extrakurrents entsteht.

Die hier beschriebene Anordnung ist zu wählen, wenn die Gabel l die höhere Oktave der Gabel b ist. Macht dagegen erstere nur ebensoviel Schwingungen wie b, so nimmt man den Draht i k fort und leitet die beiden anderen in i endenden Drähte nach h.

Sollen einzelne Gabeln aus der Leitung ausgeschaltet werden, so werden zu dem Ende kurze Nebenschließungen der Drahtrollen ihrer Elektromagnete geschlossen. In Fig. 32, S. 196 ist die Einrichtung dazu gezeichnet. Die Metallknöpfe h h sind leitend mit den Schraubenklemmen g verbunden, in denen der Draht des Elektromagneten endigt. Wird der Hebel i herabbewegt, so schiebt er sich mit einiger Reibung auf den vorderen Knopf h und stellt so eine gut leitende Nebenschließung für den Draht des Elektromagneten her, was zur Folge hat, daß der elektrische Strom hauptsächlich über h h sich entladet und nur ein verschwindend kleiner Teil durch den viel längeren Weg um den Elektromagneten herumkreist.

Was die Theorie der Bewegung der Gabeln betrifft, so ist zunächst klar, daß die Stärke des Stromes in den Elektromagneten eine periodische Funktion der Zeit sein muß. Die Dauer der Periode ist gleich der Periode einer Schwingung der Unterbrechungsgabel b. Die Zahl der Unterbrechungen in der Sekunde sei n. Dann wird die Stärke des Stromes in den Elektromagneten, und somit auch die Größe der Kraft, welche die Elektromagnete auf die Gabeln ausüben, von der Form sein:

A0 + A1 cos (2pnt + c1) + A2 cos (4 p nt + c2)+ A3 cos (6 pn t + c3) +etc. Das allgemeine Glied dieser Reihe, Am cos (2p m n t + cm), wird geeignet sein, die Gabel von m n Schwingungen in der Sekunde in Bewegung zu setzen, während es auf Gabeln von anderer Stimmung wenig einwirkt.