V. Eingehendere Bemerkungen über die verschiedenen Methoden.

    Manche Rücksichten und Vorsichten, die man bei unsern Methoden der Wohlgefälligkeitsbestimmung zu nehmen hat, sind allen oder doch zweien von den drei Methoden gemein, andere treffen die verschiedenen Methoden besonders. Zu erstern gehören namentlich folgende teilweis schon früher berührte, die aber jetzt näher zu besprechen sein werden, und sich teils auf die Methoden im Allgemeinen teils die besondere Anwendung derselben auf die uns hier beschäftigende Hauptfrage beziehen.
    l) Abgesehen von einigen Fällen ganz oder fast ganz einstimmigen Urteiles können die Bestimmungen, auf die es uns ankommt, als des dichtesten Wertes und der andern Hauptwerte, so wie der mittlern Abweichung und des Gesetzes der Abweichungen der v vom dichtesten Werte, mit genügender Sicherheit nur aus einer großen Zahl von Urteils-Herstellungs- oder Verwendungsfällen (je nach der Methode) gezogen werden und bleibt wie bei allen empirischen Bestimmungen aus einer endlichen Zahl von Fällen, ja selbst bei den schärfsten physikalischen und astronomischen Maßnahmen, eine Unsicherheit übrig, die mit wachsender Zahl der Beobachtungen immer mehr abnimmt, und ihrerseits ein Maß zuläßt, welches außer von der Zahl der Beobachtungen auch noch von der Schwankungsgröße derselben abhängt, und wovon künftig noch näher zu handeln sein wird.
    In der Forderung eine große Zahl von Einzelbestimmungen zur Verfügung zu haben, liegt aber eine besondre Schwierigkeit unsrer Methoden, weil die Gelegenheit, viele Bestimmungen zu erhalten, immer mehr oder weniger beschränkt ist; und ich habe schon erinnert, dass gar manche meiner Versuchsreihen deshalb unvollständig geblieben sind und manche wichtige Bestimmungen, die Anspruch machen konnten, schon hier erledigt aufzutreten, es noch nicht sind. Der Kreis der Bekannten, die man zu den Methoden der Wahl und Herstellung zuzuziehen Gelegenheit findet, ist bald erschöpft, und die Verwendungsfälle bieten sich nicht leicht von selbst in hinreichender Anzahl unter den zu Maßnahmen daran geeigneten Umständen dar. Zu einer vollständigen Ausführung der Versuche nach unsern Methoden müßten sich daher eigentlich Mehrere vereinigen, um nach einem gemeinsamen Plane die ihnen zu Gebote stehenden Gelegenheiten zu benutzen und selbst solche zu schaffen. Einer Unterstützung, die ich doch in dieser Hinsicht von einigen jungen Freunden gefunden habe, habe ich schon in der Vorerinnerung gedacht.
    Eine besondere Unbequemlichkeit liegt namentlich auch darin, dass man bei jeder Vornahme der Versuche mit neuen Individuen einen besondern Vortrag über Zweck und Gesichtspunkt der Versuche halten möchte, um der Verwunderung über das scheinbar müßige Spiel oder dem Vorurteil über die verfehlte Aufgabe zu begegnen und Geneigtheit zu den Versuchen zu erzeugen.
    Wo Gelegenheit ist, Versuche mit mehreren Personen auf einmal etwa in kleinen Gesellschaften anzustellen, braucht man sich von der Benutzung solcher Gelegenheiten nicht dadurch abhalten zu lassen, dass das Urteil der Einen einen bestimmenden Einfluß auf das Urteil der Andern üben könnte. Unstreitig ist ein solcher Einfluß im Allgemeinen nicht abzuleugnen, kompensiert sich aber zum Teil schon dadurch, dass viele Personen lieber original sein, als andern folgen wollen, teils verliert sich der Nachteil dieses Einflusses, wenn man die Versuche wiederholt mit verschiedenen kleinen Gesellschaften anstellt, sofern dann entsprechende Verschiedenheiten zwischen ihnen als zwischen einzelnen Personen vorausgesetzt werden dürfen.
    2) Insofern die Resultate der Versuche auf eine gewisse Allgemeinheit Anspruch machen und zugleich an Spezialbestimmungen fruchtbar sein sollen, sind sie mit angemessener Abänderung der Versuchssubjekte und Versuchsumstände, als z. B. mit männlichen und weiblichen Personen, senkrechter und horizontaler Lage der geprüften Rechtecke usw. anzustellen.
    3) Die Versuchssubjekte sind in keiner Weise durch zuvorigen Hinweis auf das wohlgefälligste Verhältnis zu präoccupiren, ja nur solche, welche keine Voraussetzungen über das wohlgefälligste Verhältnis zu den Versuchen mitbringen, zuzuziehen; anderseits aber ist jedes Urteil, jeder Herstellungsfall, auch bei Widerspruch mit der eigenen Voraussetzung zu registrieren und gleich den anderen zu verrechnen, indem bei Häufung des Widerspruches die eigene Ansicht aufgegeben werden muß, indes ein bloß zufälliger Widerspruch durch Häufung der Fälle seine Wirkung verliert. Nützlich aber ist, besonders auffällige Fälle im Beobachtungsregister mit einem besondern Zeichen zu versehen, um sicher zu sein, dass sie nicht einem bloßen Versehen in der Aufzeichnung den Ursprung verdanken.
    4) Dass es nicht wesentlich ist, zu den, uns hier vorzugsweise beschäftigenden, Versuchen über die direkte Wohlgefälligkeit der einfachsten Formverhältnisse, eine besondere Auswahl unter den im Allgemeinen dabei zu bevorzugenden Personen gebildeten Standes zu treffen, ist S. 53 besprochen, ja man hat sich vor jeder anderen Auswahl zu hüten, als welche sich auf die Möglichkeit bezieht, mit wenigeren Stimmen ein sichreres Resultat zu erhalten, was den geschmackvolleren Personen (im Sinne der Erörterungen S. 53 verstanden) einen Vorzug vor den minder geschmackvollen gibt; hingegen droht jede Auswahl nach andern Rucksichten feste Mitbestimmungen des Urteiles einzuführen, welche nach der Aufgabe der Versuche vielmehr ausgeschlossen sein oder sich durch ihren zufälligen Wechsel zwischen verschiedenartigen Individuen kompensieren sollen.
    Insofern aber die Zuziehung geschmackvoller Personen zu den Versuchen im Allgemeinen doch vorteilhaft erscheint, kann man meinen, dass namentlich Künstler im Fache der bildenden Kunst und Architektur sich vorzugsweise dazu empfehlen. Aber wenn schon sie die beste Autorität in Beurteilung der Werke dieser Künste selbst sein mögen, so würde doch eine bevorzugende Zuziehung solcher Künstler zu Versuchen über eine so zu sagen abstrakte Formwohlgefälligkeit nichts weniger als zweckentsprechend sein, ohne dass sie deshalb von einer indifferenten Berücksichtigung aller Personen gebildeten Standes überhaupt auszuschließen sind. Großenteils nämlich kommen sie mit der Voraussetzung zu den Versuchen, dass es eine Wohlgefälligkeit an sich in unserm Sinne gar nicht gibt, verweigern also überhaupt ein Urteil, wie es hier verlangt wird, teils sind sie in mehr oder weniger speziellen Richtungen der Verwendung befangen und dadurch im Urteile mitbestimmt; oder bringen gar eine Theorie über das, was gefallen müsse, mit; kurz ermangeln im Allgemeinen derjenigen Unbefangenheit, welche zu unsern Versuchen erwünscht ist, sofern sie aber überhaupt nicht überall zu finden ist, nur durch die Menge der Versuche mit verschiedenartigen Individuen, welche in verschiedenen Richtungen befangen sind, unschädlich gemacht werden kann.
    5) Weder die Grenzen der gebildeten Klasse, noch überhaupt einer Klasse, die man zu den Versuchen zuziehen will, werden sich nach dem herrschenden Sprach- und Begriffsgebrauche scharf angeben lassen; indessen kann man die Klasse teils durch die Definition selbst schärfer begrenzen, teils sich an notorisch darunter gehörige Individuen halten, ohne dass es bei hinreichender Anzahl der Versuche im Allgemeinen nötig sein wird, sich wegen der unsichern Ausscheidung dieser und jener Individuen von zweifelhafter Zugehörigkeit zur betreffenden Klasse große Skrupel zu machen; nur dass man nicht solche, welche unzweifelhaft nicht dazu gehören, zuzuziehen hat. Denn teils beträgt die Zahl der zweifelhaften Mitglieder einer Klasse im Allgemeinen nur wenig gegen die der unzweifelhaften, teils kann man auf Kompensation der Abweichungen, welche das Urteil der ersten von dem der letzten darbietet, rechnen, wenn die Zweifelhaftigkeit bei den verschiedenen Individuen an verschiedenen Gesichtspunkten hängt.
    6) Zu den Mitbestimmungen, welche die ästhetische Empfindung und hiernach das ästhetische Urteil erfahren kann, gehört außer den bisher hervorgehobenen Mitbestimmungen auch die Gewöhnung, insofern eine Form durch die Gewohnheit, sie immer in gewissen Verwendungen zu sehen, anfängt, zu denselben Verwendungen ästhetisch gefordert zu werden, oder einen ästhetischen Vorteil in Bezug darauf geltend zu machen, wie sich u. a. daran beweist, dass selbst an sich unschöne und unzweckmäßige Moden und Kunststile durch die Gewöhnung den Geschmack beherrschen können; und es ist daher nicht nur bei der Methode der Verwendung darauf Rücksicht zu nehmen, ob ein solcher Einfluß mitbestimmend vorliegt, sondern selbst bei den andern Methoden, insofern die Möglichkeit besteht, dass eine Form, die uns sehr häufig in geläufigen Verwendungen vor Augen kommt (als namentlich in der Gestalt des menschlichen Körpers), selbst über diese Verwendungen hinaus ihren ästhetischen Vorteil erstreckt; wogegen aber auch die Möglichkeit stattfindet, dass das häufige Vorkommen einer Form in gewissen Verwendungen seinen Grund in der Wohlgefälligkeit an sich oder in der Zweckmäßigkeit hat, wo man dann Unrecht haben würde, den ursprünglichen ästhetischen Vorteil auf Gewöhnung zu beziehen, die nur zur Verstärkung desselben hinzutritt. Also kann man in vielen Fällen den Einfluß der Gewöhnung auf die Wohlgefälligkeit einer Form zugeben, aber den Grund der Gewöhnung selbst schon in der Wohlgefälligkeit der Form an sich oder in der Zweckmäßigkeit derselben finden, welche ihrerseits assoziativ zur Wohlgefälligkeit beiträgt.
    7) Wenn es kombinatorisch zusammengesetzte Fälle zu untersuchen gilt, z. B. die Wohlgefälligkeitsverhältnisse eines Kreuzes zugleich bezüglich der Höhenstellung des Querbalkens, des Längenverhältnisses beider Balken und der Breite derselben, oder die Wohlgefälligkeitsverhältnisse zweier ineinander geschachtelter oder parallel mit einander angebrachter Rechtecke zugleich bezüglich ihrer Dimensionen und ihres innern oder äußern Abstandes von einander, so sind auch zusammengesetzte Anordnungen der Versuche nötig, indem es dabei gilt, in verschiedenen Versuchsserien nach der Methode der Wahl oder Herstellung immer nur je einen Umstand bei Gleichhaltung der übrigen zu variieren; auch lassen sich dabei mit Vorteil beide Methoden unmittelbar verbinden, indem man das Versuchssubjekt aus den von ihm dargestellten variierten Verhältnissen das, was ihm unter allen am vorteilhaftesten scheint, selbst auswählen läßt.
    8) Wenn Versuche mit abgeänderten Verhältnissen oder unter abgeänderten Umständen in der Absicht, ihre Resultate zu vergleichen, hinter einander angestellt werden, so ist in den Übergängen zu neuen Versuchsindividuen die Reihenfolge der Versuche wiederholt umzukeh-ren, so dass schließlich die entgegengesetzten Folgen gleich oft in den Versuch genommen sind, damit, wenn sich ein bestimmender Einfluß von den früheren auf die spateren Versuche jeder Partialreihe erstrecken sollte, dieser sich durch seine Entgegensetzung kompensiert.
    9) Für Deutung und rechnende Behandlung der Resultate der verschiedenen Methoden ist folgender Punkt von fundamentaler Wichtigkeit.
    Bei keiner der drei Methoden wird eine Kontinuität unendlich naher Werte v erhalten, sondern eine Reihe von Werten, die in gewissen Abständen von einander stehen, welche bei der Methode der Wahl durch die Willkür des Vorlegens bestimmt sind, bei den beiden andern Methoden teils durch den bis zu gewissen Grenzen zufälligen Erfolg der Herstellungen oder Verwendungen, teils die Grenzen, bis zu welchen man in Unterscheidung der Unterabteilungen des Maßes gehen will und kann; wonach ich vorhandene und (dazwischen) fehlende Werte v unterscheide. Insofern sich nun die Zahl der Bevorzugungen, welche den fehlenden Werten v zugekommen sein würde, waren sie vorhanden gewesen, auf die ihnen nächstliegenden vorhandenen mit überträgt, repräsentiert jede Zahl z, die auf ein vorhandenes v fällt, eigentlich nicht sowohl die Vorzugszahl dieses ganz bestimmten v, sondern eines gewissen Intervalls der v, dessen Grenzen durch Halbierung der Abstände des betreffenden v von seinen beiden Nachbarn erhalten werden1), und den ich das Umkreisintervall des betreffenden v nenne, indes der Abstand zwischen zwei vorhandenen v selbst das Zwischenintervall derselben bildet. Je enger die vorhandenen v stehen, desto kleiner sind ihre Umkreisintervalle wie Zwischenintervalle; hieraus aber geht hervor, dass die Zahl der Vorzugsstimmen, die auf jedes vorhandene v fällt, das z desselben, außer von dem besondern Grade der Wohlgefälligkeit, der ihm, gegen alle übrigen gehalten, zukommt, auch von der relativen Größe seines Umkreisintervalles gegen die übrigen abhängt, sofern ein größeres Intervall mehr Werte faßt als ein kleineres. Und gesetzt, das an sich wohlgefälligste Verhältnis wäre in der Reihe der Werte zwar vorhanden, stände aber in großer Nähe zu andern vorhandenen v, indes die übrigen weit von einander abwichen, so könnte es wegen seines kleinen Umkreisintervalles doch weniger Stimmen als eins der andern vorhandenen mit größerem Umkreisintervall erhalten.

            1) Diese Halbierung ist in dem auf S. 58 besprochenen Sinne zu verstehen.

    Soll dieser Umstand bei Beurteilung der Wohlgefälligkeitsverhältnisse nicht unbequem fallen, so muß man bei der Methode der Wahl äquidistante Verhältnisse (im Sinne der Aequidistanz S. 58) vorlegen, und bei den andern Methoden die v's in gleich große Intervalle zusammenfassen; kann aber auch durch Interpolation die z von ungleichen Intervallen auf gleiche Intervalle reduzieren.
    10) Eine Ergänzung und Kontrolle der verschiedenen Methoden durch einander ist nicht nur nützlich, sondern selbst nötig, weil jede für sich gewissen Unvollkommenheiten, Schwierigkeiten und selbst Bedenklichkeiten unterliegt, die nicht ebenso die andern treffen. Wenden wir uns also hiernach zu einer etwas spezielleren Betrachtung und Vergleichung der einzelnen Methoden.
    Was die erste, die Methode der Wahl, anlangt, so ist sie insofern unvollständiger als die beiden andern Methoden, als durch diese zwar nicht unendlich viele Werte v, aber doch jeder mögliche darunter geliefert werden kann, indes man bei der Methode der Wahl gebunden ist, zwischen den nun eben vorgelegten zu entscheiden, worunter möglicherweise das wohlgefälligste gar nicht sein kann. Wenn man inzwischen die Frage so stellt, wie sie hier gestellt wird, ob gewisse Verhältnisse, die man im Auge hat, als namentlich die einfachen rationalen Verhältnisse oder der goldne Schnitt einen Vorzug der Wohlgefälligkeit vor einander oder vor andern benachbarten und ferner liegenden Verhältnissen haben, so hat man es ja in seiner Macht, die in dieser Hinsicht vergleichsweise zu prüfenden Verhältnisse selbst unter die vorzulegenden Verhältnisse aufzunehmen, und kann außerdem aus den Vorzugszahlen der vorgelegten Verhältnisse durch Interpolation, wovon im folgenden Teile, die Vorzugszahlen der zwischenliegenden Verhältnisse und selbst den Maximumwert, wenn er nicht bei einem der vorgelegten Verhältnisse selbst liegen sollte, ermitteln; daher für die Bestimmung desselben nach dieser Methode keine fundamentale Schwierigkeit besteht.
    Mögen überhaupt bei der Methode der Wahl irgend welche Verhältnisse v in irgend welcher endlichen Zahl vorgelegt worden sein, wofern nur die darauf fallenden Vorzugszahlen z durch eine sehr große Zahl von Versuchen gewonnen sind, so wird man sicher schließen können, dass, wenn abermals eine sehr große Zahl von Versuchen mit denselben Verhältnissen unter Zuziehung neuer Individuen der frühern Klasse angestellt wird, die Vorzugszahlen z, welche auf die einzelnen v fallen, den früheren proportional sein werden, abgesehen von kleinen unausgeglichenen Zufälligkeiten, die davon abhängen, dass man doch nicht eine unendliche Zahl von Versuchen beidesfalls hat anstellen können; man wird also jedenfalls ein festes Maß der relativen Wohlgefälligkeit für diese bestimmte Auswahl der Werte v gewonnen haben. Aber man wird nach den oben (S. 72) gepflogenen Erörterungen nicht schließen dürfen, dass, wenn zwischen die bei den frühern Versuchen vorgelegten Verhältnisse noch neue eingeschoben werden, das Verhältnis der Vorzugszahlen für die früher vorgelegten v noch dasselbe bleiben wird, da sich dieselben nun mit den eingeschobenen darein zu teilen und um so mehr davon an dieselben abzugeben haben, je näher ihnen diese kommen. Eben so wenig wird das Verhältnis der Vorzugszahlen dasselbe für dieselben v bleiben, wenn von den früher angewendeten v diese oder jene weggelassen werden. Bei der unbestimmbaren Möglichkeit nun, die Vorlage der v nach Zahl und Abstand beliebig zu variieren, hat ein allgemeines und fundamentales Interesse eigentlich nur der ideale Fall, auf den sich auch unser allgemeines Wohlgefälligkeitsmaß schlechthin bezieht, dass man alle mögliche, d. i. unendlich viele Werte zur Auswahl vorgelegt denkt, auf welchen zurückzukommen die Vorstellung, dass die auf ein gegebenes v fallende Vorzugszahl eigentlich auf dessen Umkreisintervall mit verteilt zu denken ist, den Weg bietet.
    Eine wesentlichere Schwierigkeit der ersten Methode kann in folgendem Umstande gefunden werden.
    Schon im gewöhnlichen Leben werden, abgesehen von manchen Personen, welche ausnahmsweise Extreme lieben, solche verworfen und sog. mittlere Verhältnisse im Urteil wie in den Anwendungen bevorzugt, wonach sich nur fragt, welches darunter die meisten Vorzugsstimmen für sich vereinigt, denn das an sich wohlgefälligste Verhältnis ist eben ein mittleres. Legt man nun eine beschränkte Zahl von Verhältnissen vor, so können dieselben entweder alle kleiner oder alle größer sein als das vorteilhafteste Verhältnis, was als Definitivresultat aus allen Versuchen hervorgeht, oder können dasselbe zwischen sich fassen. Sind alle kleiner, so wird das größte darunter dem vorteilhaftesten Verhältnisse am nächsten liegen, und insofern Anlaß sein, es zu bevorzugen; aber insofern es doch ein Extrem in der Reihe ist, die man gerade vor sich hat, wird das Urteil hiervon mitbestimmt, und man vielmehr geneigt sein, statt dessen ein mittleres Verhältnis dieser Reihe vorzuziehen, um so mehr, wenn die Reihe so nach der Größe der Verhältnisse geordnet ist, dass das der Größe nach mittlere Verhältnis zugleich der Lage nach ein mittleres ist. Ja wenn das an sich vorteilhafteste Verhältnis selbst eine Grenze der Reihe nach Größe und Lage bildet, kann sich dieser Konflikt in der Weise geltend machen, dass nach Umständen entweder das vorteilhafteste Verhältnis, trotz dem, dass es ein Extrem der vorliegenden Reihe ist, oder ein mittleres Verhältnis dieser Reihe, trotz dem, dass es nicht das absolut vorteilhafteste ist, bevorzugt wird. Dass ein solcher Konflikt zwischen dem Verhältnisse, welches bei freier Wahl unter allen möglichen Verhältnissen als das wohlgefälligste erscheint, was so zu sagen die allgemeine Mitte bildet2) und demjenigen, welches unter den gerade vorliegenden Verhältnissen die Mitte hält, in der Bestimmung des Urteiles stattfindet, davon habe ich mich mehrfach durch Vorlage je dreier Rechtecke oder andrer Probeobjekte von verschiedenen Verhältnissen in der Art überzeugt, dass ich das nach der Gesamtheit der Versuche vorteilhafteste Verhältnis bald die Mitte, bald das Ende der kleinen Reihe nach Größe und Lage bilden ließ, wo es öfter erstenfalls als zweitenfalls von denselben Individuen bei Vorlage zu verschiedenen Zeiten vorgezogen wurde. Ich nenne dies kurz den Einfluß der Mitte oder der Abweichung von der Mitte, Je nachdem die Begünstigung des Vorzugs durch die erstre oder die Benachteiligung durch die letztre in Betracht kommt.3) Dieser Einfluß verdient noch eine sehr sorgfältige methodische Untersuchung, wobei es gelten wird, den Einfluß der Größe und Lage zu trennen, nicht nur in Rücksicht dessen, dass er bei unsern Versuchen berücksichtigt sein will, sondern weil er unter den Umständen, wovon Wohlgefälligkeit abhängt, überhaupt zählt, also in der Ästhetik überhaupt berücksichtigt sein will. Diese Untersuchung habe ich bis jetzt noch nicht angestellt, da sie voraussetzlich weit auslaufen müßte, um allgemein und präzis ausdrückbare Resultate zu liefern; sondern nur, nachdem ich sein Dasein überhaupt erkannt, in folgenden Weisen zu verhüten gesucht, dass die, nach unsrer ersten Methode zu erhaltenden, Resultate nicht dadurch verfälscht werden.

2) Eine eigentliche Mitte von Verhältnissen, die ohne Grenze der Größe variieren, gibt es natürlich nicht.

3) Schon lange bevor ich an diese Untersuchung dachte, bemerkte mir einmal E. H. Weber dass nach seiner Ansicht der schönste menschliche Körper insofern als der schönste erscheine, als er die Mitte zwischen den überhaupt vorkommenden Abweichungen der Form des Körpers nach einer und der andern Seite darstelle. Die gerade Nase erscheint in der Tat allgemein gesprochen vorteilhafter sowohl als die Habichtsnase als eingebogene Nase; zwischen den sehr magern und sehr dicken Personen liegt die schönste Mitte. Vielleicht war es die Erinnerung an diese, mir bemerkenswert erschienene, Äußerung, welche mich von vorn herein bei meinen Versuchen auf das Prinzip der Mitte Rücksicht nehmen ließ; wie denn auch Weber selbst mich gelegentlich erinnert hat, diese Rücksicht nicht zu versäumen. Natürlich übrigens kann die Schönheit des menschlichen Körpers nicht allein vom Prinzip der Mitte abhängig gemacht werden, was ich auch in jenem Ausspruche Webers nicht suche, da die Mitte zwischen gleichgültigen Formverhältnissen, welcher Art sie immer seien, wenn auch in relativem Vorteil gegen die Extreme, doch durch ihre bloße Funktion als Mitte keinen Reiz entwickeln kann, welcher mit dem der Menschenschönheit irgendwie vergleichbar ist. Aber im Zusammentreffen mit den andern Momenten der menschlichen Schönheit (s. S. 29) kann sich nach dem ästhetischen Hilfsprinzip der Reiz derselben unverhältnismäßig mehr steigern, als man nach der eignen Leistung des Prinzipes der Mitte vermuten sollte etwa wie 2 gegen 1000 verschwindend scheint, aber 2000 daraus machen kann.

    Am sichersten schließt man natürlich den Einfluß der Mitte nach Größe und Lage aus, wenn man von den zu prüfenden Verhältnissen immer nur je zwei auf einmal dem Urteil darbietet; und ich glaube in der Tat, dass sich hierauf überhaupt die an sich vorteilhafteste Anwendung der Methode der Wahl gründen läßt, habe auch Versuche danach eingeleitet, aber noch nicht weit genug durchgeführt, um über den Erfolg derselben schon sichre Angaben machen zu können, was hauptsächlich daher rührt, daß man, um das Verfahren in dieser Weise durch eine größere Reihe von Verhältnissen durchzuführen, über eine größere Zahl von Versuchssubjekten mit mehr Geduld und Bereitheit zu den Versuchen muß disponieren können, als mir seither zu Gebote gestanden haben; auch hat mir die vorteilhafteste Weise der Durchführung nicht von vorn herein vorgeschwebt; ich hoffe aber später bestimmtere Angaben darüber machen zu können.
    Zweitens kann man leicht durch vorläufige Versuche Grenzen ermitteln, zwischen welchen das wohlgefälligste Verhältnis jedenfalls zu suchen ist, denn so schwankend das Urteil in der genaueren Bestimmung dieses Verhältnisses sein mag, so wenig pflegt es zu zögern, Verhältnisse über gewisse Grenzen der Größe und Kleinheit hinaus überhaupt als ungefällig zu verwerfen. Nun hat man absichtlich außer den Verhältnissen, zwischen denen die Entscheidung noch zu suchen ist, nach beiden Seiten andre zuzufügen, wodurch der Fall dem des Lebens analog wird. Zunächst zwar läßt sich fragen, ob nicht hiermit das Urteil sich um so sichrer auf das mittelste von allen fixiert, wogegen aber die Erfahrung dafür spricht, dass dann der Einfluß der Mitte sich auf die mittlern mehr gleichförmig verteilt; wie es denn in dem Grenzfalle, dass man dreien oder mehrern Verhältnissen unendlich viele nach beiden Seiten zufügen wollte, natürlich ist, dass der Einfluß der Mitte mit der Entfernung von den Enden mehr und mehr unbestimmt werden müßte. Und da selbst bei Vorlage von bloß drei Verhältnissen der Einfluß der Mitte keinesweges entscheidend, sondern bloß konkurrierend mit dem Vorzuge an sich, ist, so scheint es, dass man auch keine große Anzahl nach beiden Seiten zuzufügen braucht, um die Wahl zwischen den mehr nach der Mitte zu liegenden Verhältnissen nicht mehr erheblich dadurch bestimmt zu halten. Man wird sich aber um so mehr überzeugt halten dürfen, dass ein gegebenes Verhältnis seinen Vorzug vor den andern nicht dem Einflusse der Mitte verdankt, wenn es eben die Mitte nicht wirklich bildet. Sollte aber die Mitte mit dem am meisten bevorzugten Verhältnisse gerade getroffen sein, so würde man die Versuche durch Weglassen eines oder mehrerer Verhältnisse an einem Ende so abzuändern haben, dass es sie nicht mehr bildet, ohne doch selbst ans Ende der Reihe zu kommen. In jedem Falle wird man, wenn man nur wenige Verhältnisse auf einmal vorlegen will, zweckmäßig, wenn nicht bloß zwei, mindestens vier, überhaupt eine paare Anzahl vorzulegen und die zwei, in deren Gegend die Entscheidung zu suchen ist, zu den zwei mittleren zu machen haben, wo dann für sie der Einfluß der Mitte merklich, und bei Äquidistanz aller Verhältnisse völlig gleich wiegt.
    Wenn inzwischen mit all dem noch ein Verdacht bestehen sollte, dass die Resultate vom Einfluß der Mitte nicht unbeteiligt seien, so findet man in den beiden andern Methoden, bei welchen der Einfluß der Mitte fehlt, das Mittel, dieselben zu kontrollieren.
    Aber noch ein Bedenken erhebt sich gegen die Methode der Wahl gemeinsam mit der Methode der Herstellung, in so weit es sich um die Untersuchung reiner einfacher Formwohlgefälligkeit handelt, ohne die der Verwendung eben so zu betreffen.
    Wenig Gegenstände gibt es überhaupt, bei denen die Form durch die Rücksicht auf Wohlgefälligkeit an sich allein oder vorzugsweise bestimmt ist, sondern, wie von vornherein bemerkt worden ist, kommen Rücksichten auf Idee, Zweck, Bedeutung, Zusammenstellung mit andern Formen mehr oder weniger als mitbestimmend oder selbst hauptbestimmend in Betracht; auch sind wir durch das Leben so daran gewöhnt, dass, wenn nun verlangt wird, wie es Regel bei den Methoden der Wahl und Herstellung bezüglich unsrer Aufgabe ist, Formen rücksichtslos auf ihre Verwendung hinsichtlich ihrer Wohlgefälligkeit zu beurteilen oder als wohlgefälligste herzustellen, das Gefühl des Mangels hinreichend bestimmender Momente entsteht, hiermit das Urteil mehr oder weniger unsicher oder schwankend wird, und so schiebt sich, um dem zu entgehen, unwillkürlich oder auch willkürlich – denn wer kann dies hindern – gar leicht der Gedanke an eine Verwendung unter, so dass man selbst auf die Ansicht kommen könnte, dass alle Urteile, die gefällt werden, unter dem Einflusse solcher Nebengedanken gefällt werden, und nicht einmal für die Existenz einer Formwohlgefälligkeit an sich beweisen, geschweige zu nähern Bestimmungen darüber führen können. Doch lässt sich hiergegen Folgendes sagen.
    Wenn beispielsweise abstrakte Rechtecke von abgeänderten Dimensionsverhältnissen zur Auswahl des wohlgefälligsten vorgelegt werden, so wird man auch vorzugsweise geneigt sein, dabei an einfache rechteckige Gegenstände zu denken. Aber hier hat man die Wahl zwischen Türen, Fenstern, Büchern, Visitenkarten, Briefen, Schiefertafeln, Bildern, Pfefferkuchen, Würfelflächen usw.; und indem Jeder an das denkt, was ihm zunächst einfällt oder in seinem Anschauungskreise vorwiegt, wird er, insofern er sich überhaupt von bewußten Nebengedanken bestimmen läßt – was doch bei einigem Abstraktionsvermögen nicht notwendig ist – dies oder jenes Verhältnis vorziehen. Sollte nun überhaupt der ganze Erfolg der Versuche auf solchen Nebengedanken beruhen, so wäre zu erwarten, dass die Urteile bei den unbestimmten schwankenden Anlässen an dies oder jenes zu denken, sich ganz unregelmäßig zerstreuen, statt zu einem Maximumwerte des Vorzuges zu führen, wie es doch der Fall ist, und sich dadurch erklärt, daß durch alle wechselnden Mitbestimmungen der Wohlgefälligkeit an sich diese mit einem konstanten Einflusse hindurchwirkt. Nur in dem Falle, dass sich ein Gegenstand von sehr dominierendem Einflusse nachweisen ließe – und ein solcher könnte der Aufmerksamkeit nicht entgehen – dessen durch Zweck oder Bedeutung vielmehr als Wohlgefälligkeit an sich bestimmte Form gerade das im Maximum bevorzugte Verhältnis einhielte, würde man Verdacht haben können, dass der Gedanke an die Form dieses Gegenstandes das allgemeine Urteil in der Bevorzugung des betreffenden Verhältnisses wesentlich bestimmt hätte, und es ist in der Tat bei den Erfolgen der Versuche nach der ersten und zweiten Methode zu überlegen, ob etwas der Art vorliege. Existiert aber überhaupt eine Formwohlgefälligkeit an sich, und ist ein Fall letzter Art nicht nachweisbar, so wird die Unmöglichkeit das Mitspiel von Nebengedanken jener Art bei den Versuchen ganz auszuschließen, keinen andern Erfolg haben, als dass der Eine nach der einen, der Andre nach der andern Richtung von der an sich wohlgefälligsten Form bei der Wahl oder Feststellung abweicht, die Abweichung aber um so seltener wird, je größer sie ist, weil die doch immer mitwiegende Rücksicht der Formwohlgefälligkeit an sich dann um so stärker gegengewiegt. Des Näheren kann in dieser Hinsicht auf die im vorigen Abschnitte (IV) gepflogenen Erörterungen zurückverwiesen werden, aus welchen hervorgellt, dass zufällig wechselnde Mitbestimmungen des Urteiles dem Erfolge unsrer Methoden überhaupt nicht im Wege stehen, vielmehr für die tiefere Deutung derselben selbst wesentlich in Rücksicht kommen. Ja ohne das Mitspiel derselben würde sich zwar der an sich wohlgefälligste Wert aufs Leichteste ohne besondere Versuche ermitteln lassen, Gradationen der Wohlgefälligkeit bei Abweichung davon aber gar nicht.
    Sollte endlich doch noch ein Verdacht gegen den Ausfall der beiden ersten Methoden in dieser Hinsicht übrig bleiben, so tritt nun die dritte Methode hinzu, ihm zu begegnen. Es gibt in der Tat Gegenstände, bei denen Idee, Zweck, Bedeutung, Zusammenstellung so wenig determinierend für eine bestimmte Form sind, dass die Rücksicht auf Wohlgefälligkeit der Form an sich als konstantes Moment determinierend übrig bleibt. Haben sich nun auch bei der Verfertigung solcher Gegenstände für das Leben subjektive und objektive Mitbestimmungen mannigfachster Art zufällig geltend gemacht, was eben so wenig ausgeschlossen ist, als die zufälligen Nebengedanken bei der Methode der Wahl, so werden sie doch eben so nur Abweichungen nach beiden Seiten von einer im Maximum bevorzugten Form darstellen, die um so seltener werden, je größer sie sind, und den Erfolg der Methode nicht hindern.
    Von anderer Seite aber wird man sich doch nicht ganz auf die dritte Methode allein verlassen dürfen, da ohne nachweisbare und starke feste Mitbestimmungen, die der Aufmerksamkeit nicht entgehen könnten, doch leise Mitbestimmungen in gewisser Richtung sich derselben entziehen könnten, wovon man aber auch nur schwache Abweichungen vom Resultate der ganz reinen Methode erwarten dürfte.
    Eine sehr wichtige Vorsicht bei Versuchen nach der Methode der Wahl ist die, die zu vergleichenden Probeobjekte in gleicher Vollkommenheit vorzulegen, damit kein anderer Umstand, als der ausdrücklich in Untersuchung gezogene, auf das Vorzugsurteil Einfluß gewinne. Sollte eins oder das andere in der Form oder Farbe chiffoniert, sollte es schief hergestellt, schmutzig oder fleckig sein, so wird es sofort hierdurch in Nachteil gegen die andern geraten und Gefahr laufen, bloß deshalb gegen die andern verworfen zu werden. Haben nun durch den wiederholten Gebrauch die Probeobjekte irgendwie gelitten, so sind sie sämtlich zu erneuern, aber nicht erneuerte zu den alten zu fügen, was ein verschiedenes Aussehen derselben bedingen würde.
    Bei der zweiten Methode, der Methode der Herstellung, könnte möglicherweise folgender, als konstanter Fehler zu bezeichnende Umstand eine Rolle spielen, und mitunter Abweichungen von den Resultaten der beiden ändern Methoden bedingen. Wenn ich beispielsweise den Querbalken eines Kreuzes auf dem Längsbalken dagegen senkrecht vorschieben lasse, bis er die wohlgefälligste Stellung zu haben scheint, so kann es sein, dass Personen von einer gewissen Individualität, als z. B. Männer, bei dem nie fehlenden Schwanken, auf welche Stellung sie sich fixieren sollen, die rechte Stellung lieber etwas überschreiten, als dahinter zurückbleiben, andre, als z. B. Frauen umgekehrt; so dass jene den Balken durchschnittlich etwas höher stellen als diese, indes vielleicht bei der Methode der Wahl, wo die Verhältnisse vorgegeben sind, beide sich in gleicher Bevorzugung derselben Verhältnisse vereinigen. Faktisch unterscheiden sich jedenfalls Männer und Frauen durchschnittlich etwas in der Höhenstellung des Querbalkens bei den Herstellungsversuchen des Kreuzes; doch habe ich noch nicht ermittelt, ob dies wirklich von einem solchen konstanten Fehler, oder einer Verschiedenheit des Geschmackes an sich abhängt, wozu ein Vergleich mit den Resultaten die Methode der Wahl nötig sein wird. Vielleicht reichen die Data, die mir darüber zu Gebote stehen, schon hin, eine Entscheidung zu fällen; doch sind meine Versuchsreihen in dieser Hinsicht noch nicht genau untersucht.
    Die Methoden der Wahl und Herstellung mit Verwendung teilen zum Teil die Vorteile und Nachtheile der reinen Methoden, haben aber den ganz besondern Vorteil vor ihnen voraus, dass die Versuchssubjekte sich im Allgemeinen lieber und mit entschiedenerem Urteile darauf einlassen, da ihnen keine ungeläufige Abstraktion dabei zugemutet wird.
    Stimmt endlich der Maximumwert und Gang der Bevorzugungen, die man nach den verschiedenen Methoden erhält, insoweit überein, als es der unausweichliche Irrtum wegen nicht hinreichender Zahl der Beobachtungen, das mögliche Vorhandensein kleiner fester Mitbestimmungen, die sich nicht auffinden oder berücksichtigen ließen, und das etwaige Mitspiel konstanter Fehler zuläßt, so hat man darin eine wechselseitige Kontrolle des Resultats dieser Methoden.
    Schließlich ist es mit den ästhetischen Gesetzen wie mit den Naturgesetzen. Dass das Gravitationsgesetz genau dem umgekehrten Verhältnisse des Quadrates der Entfernungen folgt, läßt sich durch keine Beobachtungen, Versuche, Rechnungen beweisen. Es muß genügen, den Beweis mit solcher Approximation zu fahren, dass die Abweichung durch die Unsicherheit und Störungen der Beobachtungen erklärlich scheint. Und so muß das Entsprechende auch hinsichtlich des Beweises für die Statthaftigkeit des goldnen Schnitts oder sonst eines Verhältnisses als ästhetisches Normalverhältnis gelten. Die Beobachtungen führen hier wie da nur zu Zahlenverhältnissen, die denen, bei denen man als den wahrhaft gesetzlichen oder normalen stehen bleibt, sehr nahe liegen; und man bleibt zuletzt nur bei diesen stehen, weil man eine größere Befriedigung darin findet, Verhältnisse, die einen einfachen Ausdruck zulassen, oder sich von einem einfachen Prinzip abhängig machen lassen, fundamentalen Gesetzen unterzulegen, als motivlos scheinende Abweichungen davon.