IV. Prinzipien der experimentalen Untersuchung, Maß und Methoden.
 
    Folgendes die Betrachtung, von der ich bei diesen Untersuchungen ausgegangen bin.
    Gesetzt, es gelte zu beweisen, dass die Symmetrie an sich wohlgefälliger als die Nichtsymmetrie ist, so hatte man nicht an Bauwerke und den menschlichen Körper zu appellieren; da möchte der Beweis immer zweifelhaft bleiben, so viel man messen wollte. Nach horizontaler Richtung herrscht die Symmetrie in diesen Beispielen vor, nach vertikaler fehlt sie, ausnahmsweise selbst nach horizontaler; und fraglich bleibt, was dabei auf Wohlgefälligkeit an sich, was auf Zweckmäßigkeit und andere Mitbestimmungen zu rechnen. Aber man kann die Entscheidung durch die einfachste vergleichsweise Vorlage symmetrischer und nicht symmetrischer Figuren erhalten, von denen möglichst Alles abgesondert ist, was außer der Symmetrie und Nichtsymmetrie noch auf den Vorzug des Gefallens Einfluß haben kann. Jedes nicht gar zu kleine Kind wird die einfache symmetrische Figur der nicht symmetrischen, die kaleidoskopische Ordnung bunter Steinchen ihrer Untereinanderwürfelung vorziehen, jeder Erwachsene beistimmen. Warum nun nicht eben so einfach über den Vorzug des goldnen Schnittes oder der einfachen rationalen Verhältnisse vor andern Verhältnissen entscheiden? Tut es der goldne Schnitt der Symmetrie an Wohlgefälligkeit gleich oder überbietet er sie gar, so muß sich dies auch schon bei Versuchen mit einfachen Rechtecken und Abteilungen einfacher Längen oder Streifen zeigen, wo keine Wahl zwischen einer verschiedenen Anlegungsweise der Masse und keine Mitbestimmung durch Zweckrücksichten usw. statt findet, oder alle philosophische Begründung und empirische Berufung auf komplizierte Beispiele fruchtet nicht.
    Auch wenn der Vorzug direkter Wohlgefälligkeit des Taktes vor der Taktlosigkeit, d. i. der Regel vor der Regellosigkeit in Wiederholung von Toneindrücken oder Bewegungen, bewiesen werden sollte, würde die Berufung auf die Leistungen des Taktes in der Musik und beim Tanze nicht entscheiden, da es gegenteils manche Geschäfte gibt, die ihrer Natur nach besser ohne bestimmten Takt ausgeführt werden, wo uns die gesuchte Durchführung des Taktes vielmehr mißfällt, so schon bei der freien Rede; denn hiernach könnte man umgekehrt auf. Mißfälligkeit des Taktes schließen. Aber der einfachste Vergleich eines bedeutungslosen, sei es rhythmisch gegliederten oder selbst ganz einförmigen, Taktschlages mit einem das Zeitmaß regellos wechselnden Schlage oder Geräusche (wozu taktförmiges und regelloses Trommeln mit den Fingern dienen kann), führt zur Entscheidung, bei der nicht mehr die Frage ist, ob es das Eingehen in eine, das ästhetische Gefühl aus andern Gesichtspunkten interessierende, Beschäftigung und die Förderung dieser Beschäftigung, oder die Beschäftigung durch den Takt selbst ist, was denselben wohlgefälliger als die Taktlosigkeit erscheinen läßt.1) Ist aber die Entscheidung für den Vorteil des, von ästhetischen Mitbestimmungen entleerten, Taktes solchergestalt gewonnen, so kann man dann seine Leistung auch beim Zutritt von solchen voraussehen, nicht freilich nach einfacher Zufügung dessen, was er für sich leistet, zur Leistung der Mitbestimmungen, aber unter Zuziehung des ästhetischen Hilfsprinzips; wonach er die Wohlgefälligkeit jedes Geschäftes, in das er fördernd oder verträglich hineintritt, sogar mehr steigern wird, als man nach seiner abstrakten Leistung voraussetzen könnte, indes seine Wohlgefälligkeit sonst durch die Mißfälligkeit der Hinderung des Geschäftes leicht überboten wird. 1) Man bemerkt vielleicht hiergegen, dass ein fortgesetzter leerer Taktschlag ermüdend langweilig sei. Das ist wahr, aber auch das schönste Kunstwerk langweilt, wenn man es fortgesetzt betrachten soll; ein regellos den Takt wechselnder bedeutungsleerer Schlag aber wird auf die Länge nicht bloß langweilig, sondern unaussteh-lich und greift die Nerven an. Mag man also den Vergleich des Taktes mit dem regellos wechselnden Geräusche oder Schlage auf kurze oder lange Zeit ausdehnen, immer wird der erste in Vorteil bleiben, und dieser Vorteil konstatiert werden können, ohne dass man ein taktmäßiges Geschäft mit einem taktlosen vergleicht.     Ich habe hier Beispiele vorgeführt, bei denen die Entscheidung über den Vorteil direkter Wohlgefälligkeit nach einer bestimmten Seite leicht und einfach ist, weil der Vorteil verhältnismäßig groß ist. Das ist aber nicht überall der Fall. Niemand von gesunder Empfänglichkeit wird die Asymmetrie der Symmetrie, die Taktlosigkeit dem Takte bei reinem Vergleiche ihrer direkten Wirkung vorziehen, während nichts weniger als alle bei entsprechendem Vergleiche den goldnen Schnitt als Dimensionsverhältnis den davon abweichenden Verhältnissen vorziehen, weil sein Vorteil verhältnismäßig minder groß ist, ungeachtet er einen Vorteil hat. Aber das ändert das Prinzip möglichster Isolierung direkter Wirkung bei den Versuchen nicht, soll überhaupt über die direkte Wirkung ins Klare gekommen werden, sondern läßt um so mehr auf der Isolierung bestehen, und führt nur mit, dass, während es bei obigen Beispielen keiner großen Anzahl von Stimmen bedarf, um die Entscheidung sicher zu stellen, sofern Alle sich in derselben Richtung und Entschiedenheit des Vorzugs vereinigen, man hier auf wenige Stimmen nichts Sichres bauen kann, weil ohne festgebotene Mitbestimmungen doch zufällige Mitbestimmungen von Innen und Außen ins Spiel treten, welche einen geringen Vorteil der Wohlgefälligkeit an sich eben so leicht gegenwirkend überbieten als gleichsinnig wirkend steigern, hiermit das Vorzugsurteil leicht auch auf ein an sich minder wohlgefälliges Verhältnis, dem aber günstigere zufällige Mitbestimmungen zu statten kommen, fallen lassen können. Also hat man das Urteil möglichst Vieler zuzuziehen, wobei Folgendes in Rücksicht kommt:
    Je größer allgemein gesprochen die Wohlgefälligkeit eines bestimmten Verhältnisses an sich ist, desto schwerer werden es gegenwirkende zufällige Mitbestimmungen finden, die Wirkung dieser Wohlgefälligkeit zu überbieten, desto leichter die gleichsinnig wirkenden, das Übergewicht seiner Wohlgefälligkeit über andre Verhältnisse fortzuerhalten, indem sie es sogar steigern; also werden desto mehr Personen es andern vorziehen; die meisten aber dasjenige unter allen vorziehen, welches unter allen das an sich wohlgefälligste ist.2) Wenn die Wohlgefälligkeit eines bestimmten Verhältnisses an sich sehr überwiegend gegen die Wohlgefälligkeit der mit ihm konkurrierenden Verhältnisse ist, so werden gegenwirkende zufällige Mitbestimmungen überhaupt nicht vermögen, dies Übergewicht zu überwinden, dann wird das betreffende Verhältnis sogar immer und von Allen vorgezogen werden; wogegen, wenn sein direktes Wohlgefälligkeitsübergewicht verschwindend klein oder null gegen die konkurrierenden wäre, die zufälligen Mitbestimmungen es eben so leicht finden, das Übergewicht nach der einen als andern Seite zu lenken, so dass das betreffende Verhältnis eben so oft andern vorgezogen als andern nachgesetzt wird. Allgemein also wird die relative Zahl der Bevorzugungen eines Verhältnisses mit dem Grade der Wohlgefälligkeit, welchen dasselbe abgesehen von zufälligen Mitbestimmungen hat, wachsen und abnehmen.3) 2) Die Wahrscheinlichkeit nämlich, dass zufällige Einflüsse in gleichem Sinne bis zu einem gewissen Werte zusammentreffen, wird um so geringer, je größer dieser Wert ist; und hängt nach einem gewissen Gesetze von dessen Größe ab. Also haben auch die, einem Überschusse direkter Wohlgefälligkeit entgegenwirkenden, zufälligen Mitbestimmungen um so weniger Wahrscheinlichkeit, bis zu der Größe zu gelangen, wodurch sie diesen Überschuß über ein konkurrierendes Verhältnis kompensieren oder überbieten, und mithin das konkur-rierende Verhältnis vorziehen lassen, je größer der Wohlgefälligkeitsüberschuß darüber an sich ist.             3) Dass hierbei keine Proportionalität vorausgesetzt wird, ist weiterhin besprochen.
 
    Hierauf nun gründet sich unser Maß, gründen sich unsre Aufgaben und unsere Methoden wie folgt:
    Direkt kann man den Grad der Wohlgefälligkeit oder Mißfälligkeit, unter dem ein Verhältnis diesem oder jenem unter diesen oder jenen Umständen erscheint, nicht messen; dazu gelte es ein Maß der Einzel-Lust und Unlust zu haben, was wir noch nicht haben; aber man kann das Maß andershin übertragen, indem man die Personen zählt, die dem einen und die dem andern Verhältnisse bei gleichzeitiger Vorlage derselben oder überhaupt gleicher Möglichkeit der Wahl den Vorzug geben, und dasjenige Verhältnis für das wohlgefälligste zunächst für die Klasse von Personen, die man zu den Versuchen zugezogen hat, erklärt, welches die meisten Vorzugsstimmen für sich vereinigt, oder, wenn es nicht mit vorliegt, ein solches, um welches sich die Vorzugsstimmen am dichtesten schaaren4), überhaupt aber den Grad der relativen Wohlgefälligkeit eines gegebenen Verhältnisses für eine gegebene Menschenklasse nach der relativen Zahl der sich dafür vereinigenden Stimmen dieser Klasse beurteilt. Wiefern ein solches Urteil allgemeinere maßgebende Bedeutung in Anspruch nehmen kann, wird weiterhin erörtert.

            4) Von der Bestimmung eines solchen Verhältnisses wird es sich weiterhin noch genauer handeln.

    Gegen dies Maß der Wohlgefälligkeit wird sich insofern kein Einwand aus aprioristischem Gesichtspunkte erheben lassen, als es durch die Definition selbst a priori festgestellt ist. Ich nenne nämlich nicht nur etwas nach Maßgabe wohlgefälliger, als es unter vergleichbaren Bedingungen mehr Vorzugsstimmen für sich vereinigt, sondern stelle auch ausdrücklich den Begriff größerer oder geringerer Wohlgefälligkeit darauf; und rechtfertige dies von einer Seite dadurch, dass es dem natürlichen Sprach- und Begriffsgebrauche wirklich entspricht, etwas für wohlgefälliger zu erklären, was die Eigenschaft hat, Mehreren wohlzugefallen, anderseits durch die dadurch gebotene und bisher auf keine andere Weise zu erzielende Möglichkeit, den Maßbegriff überhaupt in die Ästhetik einzuführen, endlich durch die Vorteile der Einführung dieses Maßes. Denn jedenfalls ist es ein fundamentales und für die Ästhetik fundamental wichtiges Datum, zu wissen, in welcher Relation sich die bevorzugenden Stimmen auf jeden Größenwert eines hinsichtlich seiner Wohlgefälligkeit zu beurteilenden Verhältnisses verteilen, und so dient es nur der Kürze, statt mit vielen Worten beispielsweise zu sagen, dass ein Verhältnis doppelt so viel bevorzugende Stimmen vereinige, als ein anderes, zu sagen, dass es doppelt so wohlgefällig gefunden werde. Auch lassen sich die so erhaltenen Maßzahlen nicht minder in die Rechnung einführen und dadurch verwerten, als irgend welche andere Maßzahlen, indes sonst Angaben über ein Mehr oder Weniger der Wohlgefälligkeit ganz unbestimmt bleiben.

    Zwar kann man aus allgemeinem Gesichtspunkte bemerken, dass, wenn eine Person von zwei Verhältnissen das eine, eine andere Person das andere vorzieht, das Übergewicht des Wohlgefallens, d. h. der Lust, die den Vorzug bei Auffassung des einen und andern Verhältnisses bestimmt, bei der einen Person größer sein kann, als bei der andern, und sollte es bei der geringeren Zahl von Perso-nen, welche ein Verhältnis vorzieht, überall größer sein, als bei der größern Zahl, welche das andere vorzieht, so könnte die Lust der Auffassung des ersten Verhältnisses Seitens der geringeren Zahl doch im Ganzen überwiegen.5) Aber abgesehen, dass wir bei Zuziehung einer großen Zahl von Individuen jenes "überall" gar nicht voraussetzen dürfen, bleibt schon die Zahl der Bevorzugungen rücksichtslos auf die Intensität des dabei zur Geltung kommenden Gefühles der einzelnen Subjekte, ein Element, was messend in Betracht gezogen zu werden verdient. So kann man die Zahl der Regen in einem gegebenen Monat des Jahres ohne Rücksicht auf die Reichhaltigkeil des Regens messen, und hat daran schon ein nützliches meteorologisches Datum.

5) Diese Betrachtung führt darauf, Lustquanta überhaupt zu vergleichen, indes es der gewöhnlichen Betrachtung Schwierigkeiten machen mag, solche nur zu statuieren, oder einen Begriff damit zu verbinden. Wir umgehen nun diese Schwierigkeit mit unserm Maße, doch mag beiläufig mit einigen Worten gezeigt werden, dass eine prinzipielle Schwierigkeit in dieser Hinsicht eigentlich nicht besteht. Da sich von größerer und kleinerer Lust sprechen läßt, so muß sich auch von gleicher Lust sprechen lassen; und wenn nun 10 Menschen gleiche Lust an Etwas haben, so ist selbstverständlich das Quantum oder die Summe dieser Lust zehnmal so groß, als die Lust jedes Einzelnen von den Zehn. Nun ist allerdings die durch dieselbe Ursache erregte Lust von 10 Menschen im Allgemeinen ungleich zwischen ihnen verteilt. Nehmen wir aber 200 Menschen und versetzen sie unter gleiche Verhältnisse zu einer bestimmten Ursache der Lust als 100 andere Menschen dieser Klasse; so können wir voraussetzen, dass sich die Einzelverschiedenheiten der Lust beiderseits im Ganzen merklich ausgleichen, und wieder sagen, dass abgesehen von einem kleinen noch übrig bleibenden zufälligen Unterschiede (woran die exaktesten Bestimmungen auch sonst laborieren), das Lustquantum, was in den 200 Menschen durch die betreffende Ursache erweckt wird, im Ganzen doppelt so groß sei, als was in den 100 erweckt wird, wobei noch gar kein bestimmtes Maß der individuellen Lust vorausgesetzt wird, sondern nur die Ausgleichung zufälliger Verschiedenheiten durch die Zahl derselben. Erkennt man dazu an, dass es ein Maß der Einzellust gibt, wenn auch bis jetzt noch nicht gefunden ist, nachdem es sich doch für andere Fälle der Empfindung hat finden lassen , so kann man auch sagen, dass das Lustquantum von 10 oder 100 Menschen, wie verschieden und durch wie verschiedene Ursachen erweckt die Lust bei den Einzelnen sei, 10-mal oder 100-mal so groß sei, als die Lust der Einzelnen im Mittel, nur dass man, um den Begriff einer mittleren Lust zuzugestehen, auch den Begriff des Einzelmaßes der Lust zuzugestehen hat. Jedenfalls sieht man, dass mit Rücksicht auf die Verbreitungsfähigkeit der Lust durch eine Mehrheit von Individuen dieselbe nicht schlechthin widerspenstig gegen den Quantitätsbegriff ist.     Bei alledem dürfte es nützlich sein, unser Maß der Wohlgefälligkeil als Maß der extensiven Wohlgefälligkeit oder extensives Maß der Wohlgefälligkeit von einem erst noch zu findenden Maße der intensiven Wohlgefälligkeit oder intensiven Maße der Wohlgefälligkeit zu unterscheiden, welches direkt auf den Grad der Lust (oder auf Unterschiede im Grade der Lust) geht, die durch eine gegebene Ursache bei den Einzelnen oder im Durchschnitt der Einzelnen erweckt wird, ein Maß, welches nach den S. 43 geführten Betrachtungen als in Abhängigkeit von der Zahl der Bevorzugungen, hiermit vom extensiven Maße der Wohlgefälligkeit anzusehen, aber ihm deshalb doch nicht proportional zu setzen ist.6) Man kann hoffen, dass es noch gelingen wird, nach jener Abhängigkeit das intensive Durchschnittsmaße selbst aus dem extensiven Maße abzuleiten, und ich glaube den Weg dazu durch die Betrachtung S. 43 mit Rücksicht auf die Wahrscheinlichkeitsgesetze des Zufalls vorgezeichnet zu sehen; behalte mir aber erst noch eine bestimmtere Untersuchung und Erklärung darüber vor. Hier bleiben wir jedenfalls bei dem extensiven Maße stehen, welches seine klare, gesicherte und berechtigte Bedeutung hat, indes der Begriff und die Bestimmungsweise des intensiven Maßes bis jetzt noch als problematisch gelten können. Sollte sich das intensive Maß finden lassen, so würde es eine viel tiefer greifende theoretische Wichtigkeit für die Psychophysik als das extensive Maß haben, dieses aber stets den Vorteil praktischer Anwendbarkeit vor ihm vorausbehalten und auch als Basis für Ableitung des intensiven Maßes immer zu schätzen sein. 6) Dies steht nicht in Widerspruch mit der in voriger Anmerkung aufgestellten Ansicht, dass, wenn respektive 100 und 200 Menschen derselben Klasse derselben Ursache der Lust gegenübergestellt werden, das beiderseits erweckte Lustquantum der Zahl der Individuen proportional gesetzt werden könne, da es sich vielmehr hier darum handelt, ob die, durch verschiedene Ursachen (verschiedene Verhältnisgrößen) erweckte Lust, welche den Vorzug der einen vor der andern Ursache, abgesehen von zufälligen Mitbedingungen, bestimmt, der Zahl der Bevorzugungen proportional gelten könne, was nicht vorauszusetzen ist. Man kann sich auch dies am Regen erläutern. Aus langjährigen Beobachtungen läßt sich finden, wie oft jeder Regen von bestimmter Wassermenge in Verhältnis zum andern an einem gegebenen Beobachtungsorte vorkommt. Aber weder die Wassermengen jedes einzelnen Regens selbst sind den Zahlen ihres Vorkommens, noch die Unterschiede der Wassermengen jedes einzelnen Regens den Unterschieden der Zahlen ihres Vorkommens proportional. Ein Regen von einer bestimmten Wassermenge kommt voraussichtlich häufiger als jeder andere vor, oder ist der, um welchen sich die Regen von bestimmter Menge am dichtesten zusammendrängen, und nach Maßgabe als die Wassermengen größer oder kleiner werden, nimmt die Zahl des Vorkommens ab, aber in viel stärkerem Verhältnisse als die Wassermenge selbst zu- oder abnimmt.     Mit voriger Bestimmung unseres Maßbegriffes stellen die Aufgaben, die wir uns hier stellen können, in Beziehung. Erstens wird zu untersuchen sein, ob unter den Werten eines der Variation unterliegenden Formverhältnisses, abgesehen von festen ästhetischen Mitbestimmungen, überhaupt einer ein (nicht bloß von unausgeglichenen Zufälligkeiten abhängiges) Übergewicht der Vorzugszahl, hiermit ein Übergewicht der Wohlgefälligkeit vor den davon abweichenden Werten hat, und welcher es ist; – zweitens die Abnahme der Wohlgefälligkeit nach der Abnahme der Vorzugszahlen bei gegebenen Abweichungen von dem wohlgefälligsten Werte zu bestimmen und wo möglich das Gesetz der Abnahme zu finden; – drittens, außer dem wohlgefälligsten Werte, welcher das Hauptinteresse in Anspruch nimmt, noch einige andere, für die Beurteilung der Wohlgefälligkeitsverhältnisse maßgebende Hauptwerte, wovon später, samt den Beziehungen dazwischen aus den Maßzahlen abzuleiten; viertens, den Sicherheitsgrad der Resultate zu bestimmen. Außer diesen Aufgaben, die ich kurz als objektive zusammenfasse, kann man sich noch einige unten zu besprechende, von mir so genannte subjektive Aufgaben stellen.
    Zur Lösung dieser sämtlichen Aufgaben stehen uns nun drei Methoden zu Gebote, die ich kurz als Methode der Wahl, Methode der Herstellung und Methode der Verwendung unterscheide, und zunächst nach ihrem Hauptgesichtspunkte wie folgt charakterisiere.
    Methode der Wahl. Man legt die, hinsichtlich ihrer relativen Wohlgefälligkeit zu vergleichenden, Verhältnisse in möglichst einfachen Schematen7) vielen Personen vor, läßt sie, wenn es sich um direkte Wohlgefälligkeit handelt, mit ausdrücklicher Erinnerung an keine bestimmte Verwendung zu denken, das Verhältnis, was ihnen nach seiner eigenen Beschaffenheit am wohlgefälligsten und was am mißfälligsten erscheint, bezeichnen, und trägt jedes Vorzugsurteil so wie Verwerfungsurteil in eine, mit dem betreffenden Verhältnisse übeschriebene, Columne, einer besondern Vorzugs- und einer besondern Verwerfungstabelle ein, und zwar mit l, wenn der Vorzug oder die Verwerfung sich für ein bestimmtes Verhältnis entscheidet, hingegen mit 1/2 oder 1/3, wenn zwischen 2 oder 3 Verhältnissen geschwankt wird, um endlich die Zahlen jeder Columne der Vorzugs- wie Verwerfungstabelle besonders zusammenzuzählen und zu vergleichen, wobei die weniger wichtigen (auch oft von mir nicht zugezogenen) Verwerfungsurteile in sofern doch eine Art Kontrolle bieten können, als die am seltensten vorgezogenen Verhältnisse zugleich die am häufigsten verworfenen sein müssen, wenn die Methode in sich stimmen soll.

            7) Also z. B., wenn es sich um Dimensionsverhältnisse handelt, in einfachen Rechtecken aus Karton.

    Methode der Herstellung. Man veranlaßt viele Personen, statt unter mehreren vorgegebenen Verhältnissen das wohlgefälligste zu wählen, vielmehr dasselbe in einfachst möglichen Schematen selbst herzustellen8), wonach man untersucht, bei welchem Verhältnisse die meisten Versuchssubjekte zusammentreffen oder um welches sich die einzelnen am dichtesten scharen; die geringeren Grade der Wohlgefälligkeit aber nach der geringeren Zahl derer, die bei einem gegebenen Verhältnisse stehen bleiben, mißt.

8) So lasse ich, bei Versuchen mit Kreuzen nach dieser Methode, auf einem fest aufliegenden oder fest aufgeklebten Längsbalken aus weißem oder schwarzem Karton einen losen Querbalken so lange vorschieben, bis er die wohlgefälligste Höhenstellung zu haben scheint; insofern sich aber diese nach dem Längenverhältnisse der Balken ändert, variiere ich dies Verhältnis so wie das der Breite der Balken in verschiedenen Versuchsserien. Ich lasse über senkrechten Strichen von verschiedener Länge Punkte in der wohlgefälligsten Höhe anbringen, wobei der Gedanke an ein J freigestellt ist, usw.     Methode der Verwendung. Man mißt die Dimensionen oder Abteilungen der einfachsten, im Gebrauche, Verkehr, Handel und Wandel, kurz will ich sagen, im Leben, vorkommenden Gegenstände, bei welchen die Form vielmehr direkt durch Rücksichten der Wohlgefälligkeit (vorausgesetzt, dass es sich um reine direkte Wohlgefälligkeit handelt) als des Zwecks, der Bedeutung oder des Anpassens an andere Formen bestimmt ist, und welche keine Willkür in der Anlegungsweise des Maßes zulassen9), wonach man wieder das relative Maß der Wohlgefälligkeit durch die relative Häufigkeit des Vorkommens dieses oder jenes Formverhältnisses bestimmt hält. 9) So habe ich u. a. Glückwünschungskarten und ähnliche Karten, deren Dimensionsverhältnisse nur durch direkte Wohlgefälligkeitsrücksicht ohne angebbare assoziative und kombinatorische Mitbedingungen bestimmt scheinen, in einer Mehrzahl von Luxuspapierfabriken und Papierhandlungen, so wie Schmuckkreuze bei verschiedenen Juwelieren in größerer Zahl gemessen. Bei Visitenkarten, die ich u. a. auch in Untersuchung genommen, findet schon eine angebbare kombinatorische Mitbestimmung durch die Streckung des Namens statt. Briefcouverts wechseln in den Dimensionsverhältnissen sehr nach der Mode, indem sie dabei wie manche andere Formen um das nach der Gesamtheit aller Versuche an sich wohlgefälligste Verhältnis schwanken. Die Schmuckkreuze unterscheiden sich, trotz ihres Ursprungs aus dem Kruzifixe, doch wesentlich von diesem, indem der Zweck, der die Form des Kruzifixes bestimmt, bei dem Schmuckkreuz gegen die Rücksicht direkter Formwohlgefälligkeit zurücktritt. Weiteres und Genaueres über diese und andere Beispiele s. später bei den Versuchen.     Jede der zwei ersten Methoden kann mit der dritten gewissermaßen verbunden werden, insofern man, anstatt der Wahl oder Herstellung abstrakter Formen ohne Rücksicht auf Anwendung ausdrücklich die Wahl oder Herstellung mit dem Gedanken konkreter Anwendung vornehmen läßt, wonach ich abstrakte und konkrete Methode der Wahl und Herstellung oder auch reine Methode und Methode mit Verwendung unterscheide.
    So viel als möglich wird man diese verschiedenen Methoden sich durch einander ergänzen und wechselseits kontrollieren lassen. Jede bedarf mannigfacher Vorsichten, Rücksichten und Rechnungshilfen, wovon wir aber erst in folgenden Abschnitten sprechen, um zuvor noch verschiedene allgemeine Gesichtspunkte teils in Bezug auf die Methoden selbst, teils die denselben zu stellenden Aufgaben zu besprechen.
    Bei jeder dieser Methoden erhält man, wenn sie in einiger Vollständigkeit ausgeführt wird, eine Reihe durch Wahl, Herstellung oder Verwendung vor den übrigen bevorzugter Dimensions- oder Abteilungsverhältnisse, die ich allgemein mit v, die Zahl der darauf fallenden Bevorzugungen aber mit z bezeichne. Die Bestimmtheit, wie viel Bevorzugungen jedes v erfahren hat, welches z ihm also zukommt, nenne ich die Verteilung der Werte v nach Maß und Zahl oder kurz Verteilung schlechthin, und eine Tabelle, welche die Werte v nach ihrer Größe geordnet mit dem darauf fallenden z enthält, die Verteilungstabelle der v.
    Aus gewissem Gesichtspunkte ordnet sich die Sammlung der Werte v mit zugehörigen z, welche eine bestimmte Versuchsreihe liefert, dem Begriffe eines in seinen Einzelexemplaren dem Maße nach zufällig variierenden Kollektivgegenstandes unter, wovon Natur und Kunst unzählige Beispiele liefern10), über deren Verteilungsgesetze nach Maß und Zahl der Einzelwerte ich anderwärts zu veröffentlichende Untersuchungen angestellt und die Übertragbarkeit der dafür geltenden Bestimmungen auf unser Untersuchungsgebiet, insbesondere nach Resultaten der zweiten und dritten Methode, teils schon geprüft habe, teils noch Data dazu sammle. Hierauf wird öfters im Folgenden Bezug genommen werden. 10) Es variieren z. B. Menschen von gegebenem Geschlecht, Alter, Rasse – eben so mittlere Jahrestemperaturen oder Regenmengen an einem gegebenen Orte – eben so die Dimensionen von Visitenkarten oder Galleriegemälden – nach ihrer Größe, und jeder Größe kommt ein bestimmtes z zu. Insofern aber diese Variationen von Zufälligkeiten abhängen, unterliegen sie auch den allgemeinen Wahrscheinlichkeitsgesetzen eines sich häufenden Zufalls nicht minder als die Variationen unserer v in Betracht des Einflusses zufälliger Mitbestimmungen.     Wenn schon wir bei Darlegung unserer Methoden nur deren Anwendbarkeit auf die Prüfung der reinen Formwohlgefälligkeit, oder von uns so genannten direkten Wohlgefälligkeit einfachster Verhältnisse, also abgesehen von assoziativen und kombinatorischen Mitbestimmungen ins Auge gefaßt haben, da unsere Hauptaufgabe hier ausdrücklich auf diese Prüfung gerichtet ist, geht doch die Anwendbarkeit dieser Methoden viel weiter, sofern sie eben so zur Prüfung der Wohlgefälligkeit von Formverhältnissen jeder Art unter irgend welchen Mitbe-dingungen in irgend welchen Verwendungen, hiermit zur Weiterführung dieser Untersuchun-gen dienen können; indem man nämlich methodisch vom Einfachem zum Zusammengeset-ztern fortschreitend, die assoziativen und kombinatorischen Mitbedingungen nach verschiedenen Richtungen variiert. Ja die erste Methode kann selbst zur Bestimmung des Wohlgefälligkeitsvorzuges zwischen Kunstwerken jeder Art, welche aus irgend einem Gesichtspunkte vergleichbar sind, Anwendung finden, nur dass keine elementaren Bestimmungen und Gesetze daraus zu schöpfen sind. Es dürfte aber oft nützlich sein, dem vielfach geführten Streit, welches von zwei Kunstwerken das schönere sei, durch die statistische Aussage der ersten Methode, welches in maßgebenden Kreisen mehr Vorzugsstimmen erhalte, ein sichreres Fundament als das mehr oder weniger subjektive einzelner Kennerstimmen zu geben.11) 11) Eine interessante Gelegenheit, von dieser Methode im Kunstgebiete Gebrauch zu machen, böte sich u. a. bezüglich des berühmten Streites über den Vorzug zwischen dem Dresdner und dem Darmstädter Exemplare der Holbeinschen Madonna dar, welcher bis zum Eintritte der jetzigen, dem Interesse an solchem Streite keinen Raum mehr lassenden , Kriegszeiten im lebhaftesten Gange war, und nach Beendigung derselben , insbesondere durch die noch zu erwartende Zusammenstellung beider Exemplare in Dresden, unstreitig wieder neu angefacht werden wird, ohne eines Endes gewärtig zu sein. Dazu müßte man bei der öffentlichen Ausstellung beider Exemplare eine Abstimmungsliste über den Vorzug des einen oder andern Exemplares auslegen, aus welcher nach Abschluß derselben die Stimmen der Kunstkenner und Kunstlaien (so weit sie wenn auch nur obenhin trennbar sind), der Männer und Frauen, der Personen von verschiedener Nationalität (wobei eine etwaige sächsische Parteilichkeit ihren Maßstab finden würde) und so beliebig weiter zu sortieren, und die von jeder Kategorie gelieferten Vorzugsurteile für das eine und andre Exemplar teils besonders zusammenzuzählen, teils (zum Maßstab für das Durchschnittsurteil des gesamten kunstliebenden Publikum) zur Totalsumme zu vereinigen wären. Das Hauptinteresse würde dabei immer die Frage haben, welches von beiden Exemplaren Alles in Allem genommen oder Eins ins Andre gerechnet den Vorzug Seitens dieser und jener Kategorie so wie von der Gesamtheit erhielte, und in welchem Verhältnis die entgegengesetzten Vorzugsstimmen gegen einander aufträten. Doch könnten auch besondere Fragen über Spezialpunkte, die einem Spezialstreit unterliegen, als namentlich bei unserm Beispiel über die Auffassung der Madonna, die Proportionen in der Anordnung des Ganzen, das Kolorit usw. gestellt werden. So erhielte man einen vergleichenden Maßstab der wirklichen ästhetischen Leistung beider kapitalen Bilder für verschiedene Menschenklassen nach verschiedenen Beziehungen aus verschiedenen Gesichtspunkten statt der oft so einseitigen, befangenen und absprechenden Einzelurteile mit einander hadernder Kenner, deren Resultat der einfache Widerspruch gegen einander ist. Auch könnte unstreitig durch Aufnahme des Planes und Gesichtspunktes der Abstimmung in das Programm der Ausstellung das allgemeine Interesse für dieselbe und die Frequenz ihres Besuches nur gesteigert werden. Nun zweifle ich zwar, dass dieser Vorschlag in Rücksicht äußerer Bedenklichkeiten Erfolg haben wird; doch konnte er hier dienen, die Tragweite unsrer Methode mit Beziehung auf das im Text Folgende zu erläutern.     Nun ist freilich nicht außer Acht zu lassen, dass man überall durch unsere Maßnahmen nur erfährt, wie sich die relative Wohlgefälligkeit innerhalb der Klasse von Menschen stellt, aus der man seine Versuchssubjekte entnommen hat, und naturlich ist weder zu behaupten, noch zu erwarten, dass Kindern oder rohen Negern dasselbe, was erwachsenen gebildeten Europäern, Ja nicht einmal, dass Frauen durchschnittlich dasselbe, was Männern am besten gefällt. Aber es hindert nicht nur nichts, die Unterschiede, die in dieser Hinsicht zwischen verschiedenen Klassen von Menschen nach Alter, Geschlecht, Rasse, Stand, Bildungsstufe, Klima, Zeitalter bestehen, zu verfolgen, indem man die Versuchssubjekte danach sondert, sondern es muß dies selbst als eine wesentliche Aufgabe der experimentalen Ästhetik gelten.
    Natürlich aber wird man, wenn nach einem Verhältnisse gefragt wird, welches Gebildete mehr als jedes andere befriedigt – und nur ein solches wird Anspruch machen können, als Normalverhältnis zu gelten, – auch Gebildete zum Urteil zuzuziehen haben, und, insofern eine Spezialbildung oder Übung für die Auffassung des ästhetischen Wertes eines Verhältnisses oder Werkes erfordert wird, solche Personen zuzuziehen haben, welche diese Spezialbildung oder Übung besitzen, um Urteile und damit Resultate nach unsern Methoden zu erhalten, welche einen Wert haben, der dem entsprechend ist, den man dem Besitze solcher Bildung und Übung selbst beilegt.
    Gilt es namentlich die Beurteilung von Kunstwerken, so wird auch eine gewisse Kunstbildung vorausgesetzt, um überhaupt für die Empfindung des Wertes gewisser Seiten dieser Werke empfänglich zu sein12), und wer ohne diese Bildung darüber urteilt, kann durch die einseitige Berücksichtigung von ästhetischen Vorteilen und Nachteilen, deren Auffassung keiner besonderen Vorbildung bedarf, zu Urteilen geführt werden, die vor einer höheren Abwägung nicht Stich halten. Selbst für die Auffassung des ästhetischen Wertes so einfacher Verhältnisse, als um die es sich hier handelt, wird die ästhetische Empfänglichkeit und Übung nicht ganz gleichgültig sein, aber jedenfalls wird keine spezifische Bildung dazu vorausgesetzt, und wenn man sich dabei an die allgemeine Klasse der sog. Gebildeten hält, wird man Resultate erhalten, die dadurch, dass sie den wirklichen ästhetischen Wert gegebener Verhältnisse für diese Klasse herausstellen, auch Wert für diese Klasse haben. 12) Für die Vorzüge der Konzeption eines Kunstwerkes sind Kunst-Laien oft viel empfänglicher als Kunstkenner, indes die Beurteilung der Korrektheit, des Stils, der malerischen Durchführung den Kenner verlangt. Der vollkommene Kenner freilich, wie er aber selten zu finden, wird allen Seiten des Kunstwerks gleich gerecht.     Darin aber liegt ein großer Vorteil für die hier geführte Untersuchung, dass wir keine ängstliche Auswahl der Versuchssubjekte dabei zu treffen haben. Immer zwar wird es von Vorteil sein, zu den Versuchen vorzugsweise sogenannte geschmackvolle Personen zuzuziehen, d. i. welche eine Abweichung von dem Verhältnisse, das sich schließlich aus der Gesamtheit der Urteile als das wohlgefälligste herausstellt und das Normalverhältnis heißen kann, leicht und fein in einer Verminderung des Wohlgefallens empfinden und befähigt sind, feine ästhetische Unterschiede überhaupt leicht aufzufassen, indem dann das Schwanken der Urteile geringer wird, und man mit einer geringern Zahl von Subjekten ein verhältnismäßig sichres Resultat erzielt. Da aber eine feste Grenze zwischen mehr und weniger geschmackvollen Personen nicht zu ziehen und das Urteil über den Geschmack Andrer selbst mit vom eignen Geschmacke abhängt, also objektiv unsicher bleibt, so kommt uns die Betrachtung zu Statten, dass der minder gute Geschmack eben sowohl nach der einen als andern Seite von dem Verhältnisse, was der bessere Geschmack vorzieht, abweicht, so dass man je nach dem mehr oder minder guten Geschmack der Versuchssubjekte zwar das Maß der Schwankungsgröße, wovon später, aber nicht den Wert, um den es schwankt, verschieden zu finden erwarten darf.
    Wir haben das ästhetische Maß bis jetzt überhaupt bloß aus objektivem Gesichtspunkte betrachtet, aber das Vorige führt uns darauf, ihm auch eine subjektive Bedeutung in sofern beizulegen, als es Anhalt zur quantitativen Vergleichung des Geschmackes verschiedener Subjekte selbst gibt.
    Wir sprechen überhaupt von einem verschiedenen Geschmack, sofern Verschiedenen Verschiedenes gefällt und mißfällt oder auch nur in verschiedenem Grade gefällt und mißfällt. Betrachten wir nun in Bezug auf die einfachsten Verhältnisse den Geschmack als den Normalgeschmack, welcher das Normalverhältnis vorzieht, also mit der überwiegenden Zahl der Stimmen Gebildeter übereinstimmt, so werden wir den minder guten oder richtigen Geschmack in dieser Beziehung nach der größeren oder geringeren Abweichung des von ihm vorgezogenen Verhältnisses vom Normal-Verhältnisse beurteilen und schließen können, dass wenn Jemand in Bezug auf die einfachsten Fälle keinen guten oder richtigen Geschmack beweist, es um so weniger in komplizierteren Fällen der Fall sein wird, wogegen wenn sich sein Geschmack bei jenen bewährt, zwar noch keine Gewißheit, aber eine günstige Voraussetzung auch für letztere vorhanden sein wird. Hiernach lassen sich einfache Rechtecke, Kreuze usw. oder die einfachsten Anwendungen solcher Formen als Probeobjekte für den Geschmack aufstellen. Wer in meinen Versuchen weit von dem Normalwert des Rechteckes, den Normalverhältnissen des Kreuzes abweicht, erweckt mir stets den Verdacht keines guten Geschmackes in rein ästhetischen Dingen überhaupt. Freilich bedarf die Beurteilung hiernach großer Vorsicht, auch könnte ein Geschmack in direkter Beziehung gut, in Betreff assoziativer Mitbestimmungen schlecht sein; und jedenfalls ist bei Beurteilung des Geschmackes eines Einzelnen auf ein einzelnes Urteil desselben wegen möglicher zufälliger Mitbestimmung dabei nicht viel zu geben. Auch würden die angeführten Methoden zwar zur Prüfung beizubehalten, doch anders zu disponieren sein; ich habe sie aber nach dieser Seite bisher überhaupt nicht ausgebildet.
    Außer der im vorigen Sinne erstandenen Güte oder Richtigkeit des Geschmackes gilt es die Sicherheit oder Unsicherheit desselben zu beurteilen. Wir sprechen bei einer einzelnen Person von einer größeren oder geringeren Unsicherheit des Geschmacks, je nachdem sie bei der Vorzugswahl zwischen verschiedenen ästhetisch zu vergleichenden Verhältnissen oder überhaupt Objekten mehr oder weniger über den Vorzug schwankt und sich bei Wiederholung des Urteiles zu verschiedenen Zeiten, nachdem die Erinnerung an das früher gefällte Urteil erloschen ist, mehr oder weniger verschieden entscheidet; bei einer Klasse von Personen, je nachdem die Vorzugsurteile der Einzelnen bezüglich der zu vergleichenden Objekte mehr oder weniger variieren. Um auch für den Grad dieser Unsicherheit einen Maßstab zu haben, kann man aus den Einzelnwerten v, wo zwischen das Schwanken stattgefunden hat, das Mittel ziehen, die Abweichungen der Einzelwerte v von diesem Mittelwerte bestimmen, und das Mittel dieser Abweichungen als Maßstab der Unsicherheit oder Schwankungsgröße des Geschmacks nehmen. Wo das Schwanken zwischen vielen Werten v stattgefunden hat, kann man sich auch an die Bestimmung zweier Grenzen halten, die ich kurz die Kerngrenzen nennen will. Hierzu ordnet man die erhaltenen Werte v nach ihrer Größe, und zählt von den Enden der Reihe, herein auf jeder Seite ein Vierteil der Werte ab, so dass in der Mitte die gesamte Hälfte der Werte als Kern bleibt. In je stärkerm Verhältnisse beide Grenzwerte des Kerns von einander abweichen, desto größer ist das Schwanken. Nach den hierbei als gültig anzusehenden Wahrscheinlichkeitsgesetzen stehen beide Maße bei großer Zahl der v in prinzipieller Abhängigkeit von einander, das erste aber ist sichrer, das zweite weniger umständlich zu gewinnen.
    Dabei ist zu bemerken, dass diese Weise die Schwankungsgröße des Geschmacks zu messen, keine prinzipiell geforderte ist, sondern nur überhaupt den Zweck erfüllt, Gradationen der Schwankung nach einem konsequenten Prinzip zu vergleichen. Insofern aber die Rech-nungen mit den v fast alle logarithmisch zu führen sind, kann man denselben Zweck noch einfacher und vielleicht angemessener dadurch erreichen, dass man statt der im Sinne der folgenden Einschaltung zu verstehenden mittleren Abweichung der Werte v von ihrem Mittel, die arithmetisch mittlere Abweichung der log v vom Mittel dieser Logarithmen13) oder den arithmetischen Unterschied zwischen den Logarithmen der Kerngrenzen als Maßstab der Schwankungsgröße einführt, was sich später durch den Gebrauch dieses Maßes erläutern wird. 13) Positive und negative Abweichungen dabei ohne Rücksicht auf das Vorzeichen zusammengezählt.     Wenn im Vorigen und Folgenden von Abweichungen oder Abständen zwischen Verhältnissen so wie von Mittelwerten zwischen Verhältnissen die Rede ist, so können darunter nicht arithmetische Abweichungen noch arithmetische Mittelwerte im gewöhnlichen Sinne verstanden sein, welche, wie unten zu zeigen, nach der gleichmöglichen Aufstellung der Verhältnisse in der Form  oder  zu zweideutigen Resultaten führen, sondern nur Verhältnisabweichungen, Verhältnismittelwerte, welche dieser Zweideutigkeit enthoben sind; worüber hier Folgendes zu sagen. Der Kürze halber bezeichnen wir dabei jedes einzelne Verhältnis so wie es als Dezimalzahl erscheint, mit einem einfachen Buchstaben.
    Man erhält eine Verhältnisabweichung, oder für uns Abweichung schlechthin, zwischen zwei Verhältnissen a, b nicht dadurch, dass man eines beider Verhältnisse arithmetisch vorn andern abzieht, also nicht als a - b oder b - a, sondern dadurch, dass man angibt, in welchem Verhältnisse das eine vom andern überstiegen oder unterstiegen wird, also selbst als Verhältnis zwischen den Verhältnissen a, b, d. i. als oder , womit sich die arithmetische Operation für Gewinnung der Verhältnisabweichung von a, b auf die Logarithmen von a, b überträgt, sofern  gleich der Zahl zu log a - log b ist, entsprechend mit . Den Wert log a - log b, also die arithmetische Abweichung zwischen log a und log b nennen wir auch die logarithmische Abweichung des Verhältnisses a vom Verhältnisse b. Konsequent hängt hiermit zusammen, dass der halbe Abstand oder halbe Unterschied des a vom b, in dem von uns festzuhaltenden Sinne als Verhältnisunterschied, nicht , sondern die Zahl zu , d. i. , entsprechend der doppelte Abstand die Zahl zu 2 (log a - log b) d i. ist; und wenn von einer Reihe äquidistanter Verhältnisse a, b, c ... die Rede sein wird, so werden es nicht solche sein, deren arithmetische, sondern deren logarithmische Differenzen gleich sind, d. h. welche eine geometrische Reihe bilden, deren Exponent durch den Abstand derselben in unserem Sinne gegeben ist.
    Eben so trägt sich bei Mittelziehungen aus Verhältnissen a, b, c... die arithmetische Operation von a, b, c ... auf die Logarithmen von a, b, c. ... über, um das Verhältnismittel oder sog. geometrische Mittel, um was es hier zu tun sein wird, als Zahl dazu zu erhalten; wonach also das Mittel aus m Verhältnissen a, b, c... nicht , sondern die Zahl zu dem Werte den wir das logarithmische Mittel der Werte a, b, c ... nennen, ist, d. i. .
    Auch Interpolationen zwischen Verhältnissen können nach den gewöhnlichen, für arithmetische Differenzen geltenden, Regeln nur zwischen den Logarithmen der Verhältnisse vorgenommen und das Gauss’sche Gesetz zufälliger Abweichungen als auf arithmetische Abweichungen bezüglich, nur an den arithmetischen Abweichungen der Werte log v von ihrem arithmetischen Mittel geprüft werden.
    Zumeist genügt es für den Zweck unserer Untersuchungen, bei den logarithmischen Resultaten stehen zu bleiben, ohne auf die Zahlen dazu zurückzugehn, wie u. a. bei dem vorigen Maße der Unsicherheit des Geschmackes.
    Oben ward bemerkt, dass die Anwendung arithmetischer Differenzen zwischen Verhältnissen und arithmetischer Mittelwerte aus Verhältnissen auf Zweideutigkeiten führe, welche ihren Gebrauch für uns ausschließen. In der Tat, sei beispielsweise der arithmetische Unterschied so wie das arithmetische Mittel zwischen den Dimensionsverhältnissen zweier Rechtecke zu bestimmen, bei deren einem die kleinre Seite 1, die größre 2, bei dem andern die kleinre 2, die größre 3 mißt, also, wenn wir die kleinre Seite zum Zähler erheben, die arithmetische Differenz und das arithmetische Mittel zwischen 1/2 und 2/3, so ist die erste , die zweite . Es ist aber kein Grund, warum man den Ansatz obiger Dimensionsverhältnisse nicht eben so gut in der umgekehrten Form  und machen sollte, da es willkürlich ist, ob man die größre oder kleinre Dimension als Zähler und die andre als Nenner betrachtet. Soll nun keine Zweideutigkeit entstehn, so muß das Resultat der umgekehrten Aufstellung durch seine Umkehrung zum ersten Resultat zurückführen. Dies ist bei arithmetischer Differenz und arithmetischem Mittel nicht der Fall. Denn der arithmetische Unterschied zwischen und ist , und das arithmetische Mittel; aber 2 stimmt nicht mitund  nicht mit . Bekanntlich nennt man den Wert, der durch Umkehr des nach der zweiten Aufstellungsweise erhaltenen arithmetischen Mittels hervorgeht, das harmonische Mittel zu dem nach der ersten Aufstellungsweise erhaltenen. Beide müßten gleich sein, sollte das arithmetische Mittel für uns brauchbar sein, sind es aber nicht. Hiergegen sind der Verhältnisunterschied und das Verhältnismittel, im obigen Sinne verstanden, von dieser Zweideutigkeit frei; indem danach das Resultat der umgekehrten Verhältnisse durch seine Umkehr wieder zum ersten Resultat zurückführt.
    Nicht nur aus diesem Grunde wird die verhältnismäßige Bestimmung der Differenzen und Mittelwerte von Verhältnissen der arithmetischen vorzuziehen sein, sondern auch weil es an sich rationeller, so zu sagen begrifflich commensurabler erscheint, Verhältnisse nach Verhältnissen zu einander als nach arithmetischen Differenzen zu vergleichen, anwachsen und sich vermindern zu lassen.
    Dazu noch Folgendes: wenn es bloß das Mittel aus zwei Verhältnissen zu ziehen gilt, so ist das Verhältnismittel von beiden, wie weit sie immer von einander abweichen mögen, zugleich das Verhältnismittel zwischen dem arithmetischen Mittel nach der einen Aufstellung und dem aus der andern Aufstellung abgeleiteten harmonischen Mittel14), kann also gewissermaßen beide, welche arithmetisch gleiche Berechtigung haben, vertreten; ja approximativ gilt dasselbe auch bei Mittelziehung aus mehreren Verhältnissen, so lange sie nicht zu weit von einander abweichen. 14) Der, vielleicht schon irgendwo gegebene, Beweis davon ist jedenfalls so leicht zu führen, dass ich glaube ihn übergehen zu können.     Außer dem wohlgefälligsten Werte eines der Variation unterliegenden Verhältnisses gibt es noch andre ästhetisch bedeutsame Werte, die sich in Verbindung damit durch unsre Methoden bestimmen und hinsichtlich ihres Verhältnisses zum wohlgefälligsten Werte untersuchen lassen, woran bei der großen Unbestimmtheit und Oberflächlichkeit., welcher dies Feld der Untersuchung seither unterlegen hat, bis jetzt noch niemand gedacht hat. Ehe wir aber darauf eingehen, noch folgende Bemerkung hinsichtlich des wohlgefälligsten Wertes selbst.
    Nach unsrer Begriffsbestimmung ist der wohlgefälligste Wert eines der Variation unterliegenden Verhältnisses der, auf welchen, – vorausgesetzt, dass er unter vergleichbaren Umständen gegen alle andern gehalten wird – die meisten Vorzugsstimmen fallen oder um welchen sich die Vorzugsstimmen am dichtesten zusammendrängen. Letztres aber ist so zu verstehen. Es kann sein, dass nach erster Bestimmungsweise das allerwohlgefälligste Verhältnis unter den Werten v, welche die eine oder andre Methode liefert, gar nicht genau und sicher zu finden ist, sei es, dass dies Verhältnis (bei erster Methode) gar nicht mit vorgelegt ist, sei es, dass es (bei den andern Methoden) wegen beschränkter Zahl der Versuche – von denen streng genommen eine unendliche Zahl erforderlich wäre, um der Bevorzugung jedes möglichen v mit zugehörigem z Raum zu geben – nicht genau mit dem größten z der Verteilungstabelle getroffen ist, oder sich, (wie das gewöhnlich ist,) mehr oder weniger unter größern oder kleinern Unregelmäßigkeiten derselben versteckt. Dann aber wird es doch immer ein größeres oder kleineres (logarithmisch abzumessendes) Intervall von Werten v der Verteilungstabelle geben, auf welches mehr Vorzugsstimmen fallen, als auf irgend ein andres Intervall gleicher Größe, oder worin sie sich nach unserm kurzen Ausdruck am dichtesten zusammendrängen, und in diesem Intervalle, was wir das dichteste nennen, wird man den wohlgefälligsten Wert mit dem größtmöglichen z jedenfalls zu suchen haben; daher wir ihn nach dieser Bestimmungsweise zum Vergleiche mit andern alsbald zu besprechenden Werten auch wohl den dichtesten nennen und mit D bezeichnen. Als ein je kleineres Intervall wir nach Maßgabe der Vollkommenheit und Vollständigkeit der Versuche das dichteste bestimmen können, desto genauer wird der wohlgefälligste Wert als dichtester unmittelbar bestimmt sein, indem er jedenfalls zwischen den Grenzen des dichtesten Intervalles liegen muß. Die rohe Bestimmung eines nicht zu großen Intervalles, worin man ihn hiernach zu suchen hat, ist bei hinreichender Zahl der Werte v und angemessener Anordnung der Versuche schon ohne Rechnung möglich; die genauere Bestimmung desselben (als eines zwischen unendlich nahen Grenzen liegenden Wertes) aus dem Gange, welchen die Werte z in der Verteilungstabelle der v um den dichtesten Wert herum nehmen, aber bedarf einer, übrigens nicht schwierigen, Rechnungshilfe, wovon im folgenden Teile die Rede sein wird. Jedenfalls ist die Bestimmung des so zu sagen idealen v, um welches sich die Werte am dichtesten zusammendrängen, ausführbar; die Genauigkeit dieser Bestimmung wächst aber mit der Zahl der Werte v, die dazu in Rechnung genommen wird, und nimmt mit wachsender Schwankungsgröße ab. Aus wenigen Werten ist überhaupt keine genaue Bestimmung desselben zu gewinnen.
    Es ist nun nicht selbstverständlich, dass der dichteste, also wohlgefälligste Wert D eben so viel größere Werte v über sich als kleinere unter sich hat oder die Gesamtheit aller, nach ihrer Größe geordneten Werte v der Zahl nach mitten durch teilt. Nennen wir überhaupt den Wert, der diese Bedingung erfüllt, die Wertmitte oder den Zentralwert, und bezeichnen ihn mit C. Eben so wenig ist selbstverständlich, dass der dichteste Wert in gleichem zusammengesetzten Verhältnisse der Größe nach von den andern Werten v überschritten und unterschritten wird, d. i. dass er mit dem Verhältnismittel oder sog. geometrischen Mittel zusammenfallt15), was wir mit G bezeichnen und was dadurch erhalten wird, dass man aus dem Produkte aller v, deren Zahl m sei, die m-te Wurzel zieht, oder was auf dasselbe herauskommt, die Summe der Logarithmen der v mit m dividiert und zum Quotienten die Zahl sucht. Die Bestimmung der Werte C, G und die Frage, ob sie mit D und miteinander koinzidieren, spielt in unserm Untersuchungsfelde eine wichtige Rolle.
 
            15) Dass das arithmetische Mittel der v außer Beachtung fällt, geht aus der obigen Einschaltung hervor.

    Wo D zugleich mit C und G in so weit koinzidiert, dass man den kleinen Unterschied, der übrig bleibt, als von unausgeglichenen Zufälligkeiten nicht hinreichend vervielfältigter Versuche abhängig betrachten kann, läßt sich von einer wesentlichen Symmetrie der Wohlgefälligkeitskurve oder Verteilung der Werte v bezüglich D sprechen; indem an der Koinzidenz von D mit C die gleiche Zahl, an der Koinzidenz mit G die durchschnittlich gleiche Größe der Abweichungen von D nach beiden Seiten hängt.
    Im physikalischen und astronomischen Beobachtungsgebiete, wo man mit Beobachtungswerten einer einzigen Größe zu tun hat, und das mit M zu bezeichnende arithmetische Mittel derselben an die Stelle von G tritt, nimmt man an, dass nur unwesentliche, d. i. von nicht ausgeglichenen Zufälligkeiten abhängige Abweichungen zwischen M, C, D vorkommen, und man könnte geneigt sein, dies ohne Weiteres auf unser Beobachtungsfeld unter Ersetzung von M durch G zu übertragen. Indes abgesehen, dass hierzu keine Berechtigung a priori vorliegt, hat mich auch eine ausgedehnte Untersuchung an einer großen Zahl von natürlichen und artistischen Kollektivgegenständen mit zufällig variierenden Dimensionen ihrer Einzelexemplare gelehrt, dass selbst bei einfachen Maßen, als bloßen Längen oder Breiten der Exemplare, eine wesentliche Koinzidenz von D, sei es mit C, G oder M, nicht allgemein besteht, ja wohl öfter nicht besteht als besteht, und dass sie eben so wenig für Dimensionsverhältnisse derselben allgemein besteht, also kann eine solche auch nicht als selbstverständlich im Felde unserer Untersuchung vorausgesetzt werden.
    Inzwischen scheinen meine bisherigen Versuche doch zu dem Resultate zu führen, ohne dass ich dasselbe schon als ganz sicher aussprechen möchte, dass bei Abhängigkeit der Werte v von reiner direkter Wohlgefälligkeit mit bloß zufälligen Mitbestimmungen in der Tat eine Symmetrie der Verteilung in vorigem Sinne stattfindet, wogegen D durch feste Mitbestimmungen dieser oder jener Art aus seiner Mittelstellung auch verrückt werden kann.
    Jedenfalls aber kann ich nach meinen allgemeineren Untersuchungen im Felde von Kollektivgegenständen, dem ich unser Versuchsfeld in dieser Hinsicht untergeordnet gefunden habe, folgenden wichtigen Satz mit Sicherheit aussprechen:
    Wenn zwei von den Werten D, C, G, sei es bezüglich einfacher Werte oder bezüglich Verhältnissen, womit wir hier zu tun haben, wesentlich, d. h. insoweit koinzidieren, dass der übrig bleibende Unterschied dazwischen nur als von unausgeglichenen Zufälligkeiten wegen zu geringer Zahl der Bestimmungen abhängig angesehen werden kann, so findet auch eine entsprechende Koinzidenz mit dem dritten statt; wogegen, wenn zwei davon so stark oder bei wiederholten Bestimmungen so gesetzlich in bestimmter Richtung von einander abweichen, dass man die Abweichung nicht als zufällig ansehen kann, auch der dritte wesentlich von ihnen abweicht, und zwar ganz gesetzlich so, dass der Zentralwert C zwischen dem Verhältnismittelwert G und dichtesten Wert D liegt, wofür sich unter einer gewissen allgemeinen Voraussetzung, die sich durch anderweite Resultate der Untersuchung bestätigt findet, auch ein allgemeiner theoretischer Grund anführen läßt, was aber näher zu besprechen und zu belegen hier nicht der Ort ist. Genug, die Kenntnis dieser Verhältnisse ist, abgesehen von ihrem allgemeinen theoretischen Interesse, hier für uns insofern von praktischem Vorteil, als man danach in Fällen, wo man G mit C wesentlich koinzidierend findet, die direkte Bestimmung von D aus dem Gange der Werte durch die sichrere von G oder minder umständliche von C ersetzen kann, und wo G mit C nicht wesentlich koinzidiert, die Richtung, in welcher D von C abliegt, danach bestimmen kann.
    Außer den vorigen Werten D, C, G ist aus nachher anzugebendem Grunde nützlich, noch einen Wert zu berücksichtigen, den ich den summarischen Mittelwert nenne und mit S bezeichne, dadurch zu erhalten, dass man das arithmetische Mittel aller Zähler der v, mit dem arithmetischen Mittel aller Nenner, oder was auf dasselbe herauskommt, die Summe aller Zähler mit der Summe aller Nenner dividiert16), wobei vorausgesetzt ist, dass Zähler und Nenner alle nach wirklichen absoluten Maßen, nicht teilweis reduziert gegeneinander, aufgeführt sind. Im Allgemeinen fasse ich die Werte D, C, G, S als Hauptwerte zusammen.

16) Der Wert, welchen Zeising in dem Beispiele S. 19 als Mittelwert aufführt, ist ein solcher summarischer Wert.     Das summarische Mittel kann vom Verhältnismittel oder unserm Mittel schlechthin nicht unerheblich abweichen, wenn man willkürliche Bruchwerte zum einen oder andern Mittel kombiniert. So ist das summarische Mittel von 1/2, 2/3, 3/5 gleich 6/9 = 0,6666..., hingegen das Verhältnismittel  = 0,7368 ... Aber im Felde unsrer Untersuchung findet man im Allgemeinen nur einen geringen, oft verschwindenden Unterschied zwischen beiden.
    Des Näheren kommen überhaupt folgende Verhältnisse des summarischen Mittels hier in Betracht.
    Mögen Zähler und Nenner eines Verhältnisses v kurz dessen Komponenten heißen, so haben auf den Wert von S die Verhältnisse v mit größern Komponenten einen größeren Einfluß, als solche mit kleinern Komponenten. Denn seien z. B. 1/2 und 99/100 zwei Werte v, so wird im summarischen Mittel l gegen 99 und 2 gegen 100 merklich verschwinden, und sein Wert 100/102 = 0,9804 fast dasselbe Resultat geben, als wenn 1/2 gar nicht mit zugezogen wäre, wogegen in das Verhältnismittel= 0,7036 beide Werte v rücksichtslos auf die absolute Größe ihrer Komponenten mit gleichem Gewicht eingehen. Dies kann von vornherein in allen Fällen, wo der Wert v in Abhängigkeit von der absoluten Größe seiner Komponenten variiert, man aber keinen Grund hat, auf Verhältnisse zwischen großen Komponenten bei der Wohlgefälligkeits-Bestimmung mehr Gewicht zu legen, als aus kleinen, als Vorteil des Verhältnismittels vor dem summarischen Mittel gelten.
    2) Das summarische Mittel stimmt mit dem Verhältnismittel notwendig ganz überein, wenn bei beliebiger Variation des absoluten Wertes von Zähler und Nenner doch das Verhältnis beider konstant bleibt, oder weicht nur durch unausgeglichene Zufälligkeiten davon ab, wenn das Verhältnis unabhängig von der Größe seiner (Komponenten nach den Gesetzen des Zufalls variiert. Hingegen fällt S gesetzlich größer oder kleiner aus als G, je nachdem das Verhältnis mit wachsender Größe seiner beiden Komponenten (oder nur eines derselben, wenn der andre konstant bleibt) wächst oder abnimmt, wie man an willkürlichen Zahlenbeispielen konstatieren kann17) 17) Einen allgemeinen Beweis dafür, den ich Prof. Scheibner verdanke, werde ich nachträglich entweder im folgenden Teile oder einer spätern Abhandlung über Kollektivgegenstände mitteilen.     Hiernach aber gewinnt die Bestimmung des summarischen Mittels aus doppeltem Gesichtspunkte ein Interesse und selbst eine Wichtigkeit für uns. Erstens ist es leichter bestimmbar als jeder der andern vorgenannten Hauptwerte, D, C, G, und kann bei fehlender oder nicht sehr bedeutender Abhängigkeit des variierenden Verhältnisses von der absoluten Größe des Zählers und Nenners (die man freilich erst irgendwie geprüft haben muß) das Verhältnismittel, und, wo dieses mit dem dichtesten Werte prinzipiell zusammenfällt, diesen Wert ganz oder approximativ mit vertreten; zweitens gibt es uns in seinem Verhältnisse zum Verhältnismittel unmittelbar, ohne dass man eine Einzelrechnung deshalb anzustellen nötig hat, Aufschluß, ob nach Maßgabe der absoluten Größe der Dimensionen oder Abteilungen sich die Wohlgefälligkeit des Verhältnisses dazwischen ändert18), was allerdings nicht bezüglich der Wohlgefälligkeit abstrakter Verhältnisse an sich erwartet werden kann, wohl aber unter dem Einfluß von Mitbestimmungen in den Anwendungen nicht nur möglich ist, sondern auch sich als wirklich vorkommend zeigen wird. 18) Nämlich wenn S > G ist, so entsprechen die größern Werte von v mit ihrem zugehörigen Wohlgefälligkeitsmaße z größern Komponenten, hingegen, wenn S < G ist, kleineren Komponenten, und reicht es also, um ein bestimmtes Wohlgefälligkeitsmaß z zu erhalten , nicht hin, ein bestimmtes v überhaupt zu haben, sondern es gehört dazu auch eine bestimmte Größe der Komponenten.     In einem solchen Falle also wird man mit wachsender oder abnehmender absoluter Größe der Komponenten das Verhältnis derselben ändern müssen, um noch den größtmöglichen Vorteil zu haben, und es wird dann einerseits darauf ankommen, darunter den allerwohlgefälligsten Wert v mit der zugehörigen absoluten Größe der Komponenten zu finden, andrerseits das Gesetz der Abänderung von D nach der Größe der Komponenten.
    Endlich gilt es noch, das Gesetz der Verteilung der Werte v nach Zahl und Maß zu untersuchen, wozu die Untersuchung der Symmetrie- oder Asymmetrieverhältnisse allerdings schon einen Beitrag oder eine Unterlage bietet, ohne aber die Frage zu erschöpfen. Auf den dichtesten Wert fällt seinem Begriffe nach die größte Vorzugszahl; nach Maßgabe der Abweichung der Verhältnisse v davon, sei es nach der einen oder der andern Seite, wird sich die relative Vorzugszahl, die Größe des z, mindern, aber es fragt sich, nach welchem Gesetze; wie hängt die relative Zahl der Bevorzugungen mit der Größe der Abweichung vom dichtesten Werte zusammen?
    Hierbei wird es insbesondere gelten, folgende Hypothese, die sich auf Grund schon früher gepflogener Erörterungen darbietet, zu prüfen. Man kann sich denken, dass der dichteste Wert als derjenige, der die vorteilhaftesten Bedingungen des Gefallens in sich vereinigt, oder, wie wir kurz sagen, ein Lustübergewicht an sich über alle andern hervorruft, von Allen vorgezogen werden würde, wenn nicht unbestimmbare zufällige subjektive oder objektive Mitbestimmungen bei den einzelnen Versuchssubjekten obwalteten, wodurch mehr oder weniger große und zahlreiche Abweichungen der Vorzugsurteile vom an sich wohlgefälligsten Werte bedingt werden, ohne den Vorteil dieses Verhältnisses vor den übrigen im Ganzen aufzuheben. Sofern nun diese Abweichungen näher zugesehen darauf zu schreiben sind, dass das Lustübergewicht, was das an sich wohlgefälligste Verhältnis19) über die minder wohlgefälligen erweckt, durch die entgegenwirkenden zufälligen Bedingungen überkompensiert wird, kann man die durch den Erfolg selbst zu prüfende Hypothese aufstellen, dass jenes Übergewicht ohne diese Gegenwirkungen entweder dem Verhältnisabstande selbst oder dem zugehörigen logarithmischen Abstande des an sich wohlgefälligsten Verhältnisses von den minder wohlgefälligen proportional sei, wonach auch die gegenwirkenden zufälligen Bedingungen im Durchschnitt proportional damit ansteigen müssen, um die Überkompensation zu bewirken. Das werden sie aber um so seltener vermögen, je höher sie dazu anzusteigen haben, indem in dieser Beziehung ein Wahrscheinlichkeitsgesetz zwischen Zahl und Größe des Ansteigens besteht. Kurz, es muß sich hiernach in der Verteilung der Werte v nach Maß und Zahl das den Mathematikern wohlbekannte Gauss’sche Wahrscheinlichkeitsgesetz zufälliger Abweichungen mit den Modifikationen wieder finden, welche durch Anwendung auf Verhältniswerte v statt auf einfache Werte, so wie auf unsymmetrische Verteilung, wo solche statt findet, geboten werden. Auf die Erforschung dieser Modifikationen aber sind meine allgemeinen Untersuchungen über Kollektivgegenstände nicht ohne Erfolg gerichtet gewesen, und darf ich wenigstens für gewisse Fälle unseres jetzigen Untersuchungsfeldes – denn zu einem allgemeinern Ausspruche fehlen mir noch hinreichend ausgedehnte Unterlagen – die Bestätigung obiger Hypothese bezüglich logarithmischer Abweichungen aussprechen. Den Ausspruch des Gesetzes selbst mit den darauf bezüglichen Versuchen, so weit sie in unser Untersuchungsfeld gehören20), werde ich im folgenden Teil geben, wohin ich auch Spezielles über die Sicherheitsbestimmungen der Resultate verweise.

            19) Oder auch unter festen assoziativen oder kombinatorischen Mitbedingungen wohlgefälligste.
            20) Im Übrigen habe ich auf die künftig zu veröffentlichenden Untersuchungen über Kollektivgegenstände zu verweisen.
 
    Um die betreffenden Modifikationen, welche sich in der Anwendung des Gauss’schen Gesetzes auf zufällig variierende Verhältniswerte, insbesondre bei asymmetrischer Verteilung derselben, im Felde der Kollektivgegenstände nötig machen, hier kurz zu resumieren, da sie auf unser jetziges Untersuchungsfeld mit übergreifen, so sind es nach meiner allgemeinen Untersuchung folgende.
    1) Die Anwendung des Gesetzes ist, wie schon S. 56 erinnert, statt auf die Werte v selbst auf deren Logarithmen zu machen; übrigens aber, im Falle symmetrischer Verteilung der Werte in der bekannten Weise21) vorzunehmen. Für Konstatierung der wesentlichen Symmetrie genügt es nach S. 61. die wesentliche Koinzidenz zweier von den Werten D, C, G oder ihren Logarithmen zu konstatieren.

21) Beispiel dazu: die Prüfung des Gesetzes durch Bessel an Beobachtungsfehlern in s. Fundamentis Astronomiae p. 18.     2) Im Falle wesentlich asymmetrischer Verteilung sind die Abweichungen der einzelnen log v nicht vom Logarithmus des Verhältnismittels G, sondern des aus den Logarithmen abgeleiteten dichtesten Wertes D zu nehmen.
    3) Die mittlere Abweichung der log v von log D (sei es die einfache oder aus den Quadraten der logar. Abweichungen zu gewinnende) ist für jede Seite der Abweichungen besonders aus der Größe und Zahl der Abweichungen dieser Seite abzuleiten, und hiernach auch die Verteilung nach dem Gauss’schen Gesetze für jede Seite besonders vorzunehmen.
    Diese Regeln gelten übrigens im Felde der Kollektivgegenstände, so weit ich es bis jetzt untersucht habe, nicht nur für variierende Verhältnisse sondern auch für variierende einfache Werte, als namentlich Dimensionen, wie ich mich sattsam an solchen, allerdings nicht häufig vorkommenden Fällen überzeugt habe, die überhaupt eine Entscheidung gestatten, d. i. wo die Variation der Einzelwerte im Verhältnis zur Größe sei es des arithmetischen Mittels, oder des dichtesten Wertes, so wie die Asymmetrie der Verteilung sehr beträchtlich ist.22) Eins der auffälligsten Beispiele hiervon gewähren unter den artistischen Gegenständen die Dimensionen von Galleriegemälden, die ich bei Genrebildern, Landschaftsbildern und Stilleben (nach einer Reduktion der Maße aus einer größern Anzahl von Galleriekatalogen auf dieselbe Einheit) betreffs Höhe und Breite (im Lichten) besonders in dieser Hinsicht untersucht habe23), wo man mit der gewöhnlichen Anwendung des Gauss’schen Gesetzes so wenig auskommt, dass ich dasselbe früherhin gar nicht für anwendbar darauf hielt, wohl aber mit obigen Regeln seiner Anwendung auskommt. Dass bei den hierher gehörigen Beispielen überhaupt (denn das vorige Beispiel ist nicht das einzige, was mir in dieser Beziehung zu Gebote steht) die Anwendung der Logarithmen der Einzelwerte in Berechnung der Verteilung besser zur Erfahrung stimmt, als die Anwendung der Einzelwerte selbst, beweist, dass diese Gegenstände (natürlich so weit ich sie untersucht habe) nach einem kurzen (der Erläuterung wohl fähigen, doch dieselbe ziemlich in sich tragenden) Ausdruck vielmehr nach Verhältnissen als arithmetischen Differenzen variieren, worüber aber weitere Ausführungen nicht hierher gehören würden. 22) Wo dies nicht der Fall ist, findet man ein merklich gleich gutes Entsprechen mit der erfahrungsmäßigen Verteilung, mag man die einfachen Werte selbst oder deren Logarithmen zur Berechnung der Verteilung anwenden, und dabei (erstenfalls) die Abweichungen vom arithmetischen Mittel oder (zweitenfalls) vom Logarithmus des dichtesten Wertes rechnen, indem die Unterschiede im Erfolge beider Berechnungsweisen sich dann mit der Unsicherheit der erfahrungsmäßigen Verteilung einer endlichen Zahl von Werten zu sehr vermischen, um den Vorzug der einen vor der andern Berechnungsweise durch Vergleich mit der Erfahrung sicher beurteilen zu können, man müßte denn so viele Einzelwerte eines Kollektivgegenstandes vor sich haben, als nicht leicht zu Gebote stehen.

23) Auch wurden dabei die Gemälde, bei welchen die Breite größer als die Höhe ist, und bei welchen das Umgekehrte stattfindet, gesondert.