XX. Summation von Empfindungen.1)

    Es ist von fundamentaler Wichtigkeit, den Fall, wo zu einem Reize auf gegebenem Punkte ein Zuwachs erfolgt, so daß dadurch die Intensität der Reizung und Empfindung vermehrt wird, von dem Falle zu unterscheiden, wo der Reizzuwachs auf andere diskret von jenem empfindende Punkte fällt, so daß dadurch die Zahl der gereizten und empfindenden Punkte, hiermit die Extension der Reizung und Empfindung, vermehrt wird. Wie schon im Kap. 16 bemerkt, tritt nur der erste Fall direkt unter die Maßformel, als welche nur für die Abhängigkeit der Empfindung von der Intensität des Reizes unmittelbar maßgebend ist; es hindert aber nichts, das, was aus der Maßformel für die einzelnen Punkte nach der Stärke ihrer Reizung folgt, in Summen zusammenzufassen und diese Summen zu vergleichen. Niemand wird Anstand nehmen, wenn die Netzhaut gleichförmig beleuchtet ist, zu sagen, daß die ganze Netzhaut doppelt so viel Empfindung gibt, als jede ihrer Hälften; und wenn ein Ton gleichmäßig durch eine gewisse Zeit ausgehalten (und mit konstanter Empfindlichkeit aufgefaßt) wird, daß in der ganzen Zeit doppelt so viel als in der halben empfunden wird. Es hat also mit Rücksicht auf die räumliche oder zeitliche Extension, durch welche ein Reiz und die dadurch erweckte Empfindung reicht, einen Sinn von größeren und kleineren Empfindungssummen zu sprechen, und solche selbst nach ihrer Größe unter einander zu vergleichen. Der Kürze halber mögen wir dabei Raumsummen und Zeitsummen der Empfindung unterscheiden, je nachdem wir die Empfindung für verschiedene Raumpunkte oder Zeitpunkte summieren.

1) Revision S. 187 ff.     Unter Punkten, Raum- oder Zeitpunkten (Momenten) verstehen wir folgends überall keine mathematischen Punkte, sondern im Allgemeinen (gleich groß gedachte oder nach ihrer relativen Größe in Rechnung genommene) Raum- oder Zeitelemente der Art, daß der Empfindungsbeitrag, den eine sich durch sie hindurcherstreckende Reizeinwirkung liefert, für jedes Element als von konstanter Intensität angesehen werden könne; indes die Intensitäten für verschiedene Punkte verschieden sein können.

    Wenn hiernach eine gegebene Fläche gereizt, z. B. eine gegebene Fläche der Netzhaut beleuchtet ist, so ist das Quantum der Empfindung, was wir haben, als Summe der Empfindungen, welche die einzelnen Punkte oder Flächenelemente des beleuchteten Teiles gewähren, aufzufassen, diese Empfindungssumme aber nicht nach der Gesamtsumme des auf diesen Teil einwirkenden Lichtreizes mittelst der logarithmischen Maßformel im Ganzen zu berechnen, sondern die Berechnung für jeden einzelnen Punkt (Element) nach der Stärke seiner Reizung besonders vorzunehmen, und dann die Summe dessen zu nehmen, was für die einzelnen Punkte oder Elemente gilt.

    Eben so, wenn sich fragt, welche Summe von Empfindung man während einer gewissen Zeit gehabt hat, so wird man die Summe der Empfindungen zu nehmen haben, die man während aller einzelnen Teile dieser Zeit gehabt hat, und diese Summe wird nicht nach unserer Maßformel als Funktion der Summe der Reize zu berechnen sein, welche während dieser ganzen Zeit eingewirkt haben, sondern man wird für jeden Zeitpunkt oder Moment, d. i. so kleinen Zeitteil, daß die Empfindung darin als konstant angesehen werden kann, die Stärke der Empfindung nach der gegenwärtigen Einwirkung und von früher fortbestehenden Nachwirkung des Reizes zu berechnen und hiervon die Summe für alle einzelnen Momente zu nehmen haben.

    Der Unterschied, je nachdem der Zuwachs eines Reizes die Reizung gegebener Punkte (Elemente) vermehrt oder auf neue Punkte fällt, läuft nach Vorstehendem darauf hinaus, daß erstenfalls der Zuwachs des Reizes dem Reize unter dem Logarithmuszeichen zuzufügen ist, zweitenfalls der Logarithmus des Zuwachses dem Logarithmus des Reizes zuzufügen ist, um das Resultat des Zuwachses für die Empfindung zu haben.

    Dabei kann allerdings die Frage erhoben werden, ob, wenn viele Punkte zusammen gereizt werden, die Empfindung, die jeder gibt, wirklich noch in derselben Weise als Funktion des Reizes bestimmt wird, als wenn ein einzelner für sich gereizt wird. Aber gesetzt, die Verbindung vieler Punkte sei von Einfluß auf die Weise, wie jeder einzelne seine Empfindung gibt, so würde dadurch das Axiom nicht aufgehoben, daß die Summe der Empfindung, welche alle Punkte gewähren, durch Addition dessen, was die einzelnen gewähren, zu finden sei; es könnte nur die Frage entstehen, ob nicht bei einer Verbindung vieler gereizten Punkte jeder einzelne eine geringere oder größere Empfindung gibt, als bei Verbindung weniger eben so stark gereizter. Es würde dieser Umstand, wenn er stattfände, auf die allgemeinen Additionsregeln der Empfindung doch keinen Einfluß haben, sondern bloß die Größe der additionellen Elemente ändern. Denn da unsere Formeln überhaupt nicht auf Erfahrungen an einzelnen Punkten, sondern auf Verbindungen von solchen fußen, so kann nicht vorausgesetzt werden, daß die Form unserer Formeln durch die Verbindung der Punkte abgeändert werde, sondern nur, daß die Konstanten derselben möglicherweise dadurch abgeändert werden; und es bleibt allerdings noch eine Sache künftiger Untersuchung, wiefern dies der Fall sei, und welchen Einfluß die Konstanten dadurch erfahren. Die Konstante b könnte nach der Größe einer gereizten Fläche variabel sein, dann würde diese Variabilität bei der Summation zu berücksichtigen sein, im Übrigen aber die Regeln der Summation dieselben bleiben. Ich komme künftig darauf zurück; abstrahiere aber jetzt von dieser Möglichkeit.

    Empfindungssummen, die sich nach Extension und Intensität der in ihnen enthaltenen Empfindungen unterscheiden, sind, ungeachtet dieses eigentümlichen Unterschiedes, nichts desto weniger einer quantitativen Vergleichung fähig. In der Tat, sei anfänglich nur ein Element von gegebener Extension mit gegebener Intensität der Reizung gegeben, so wird eine gegebene Gesamtgröße der Empfindung davon abhängen; diese können wir nun eben so extensiv in gegebenem Verhältnisse vervielfältigen dadurch, daß wir die Zahl so gereizter Elemente vermehren, als intensiv dadurch, daß wir ohne Vermehrung der Zahl der Elemente die Intensität der Reizung verstärken, und können das nach einer und der anderen Richtung in gegebenem Verhältnisse vervielfältigte ursprünglich Gleiche quantitativ vergleichen, wenn schon die Vervielfältigung beidesfalls in anderem Sinne geschehen ist.

    So können wir einen Würfel, der auf der Erde liegt, in horizontalem Sinne und in vertikalem Sinne verlängern, und Größengleichungen zwischen beiden so entstandenen Säulen finden, ungeachtet sie in ganz verschiedenen Richtungen liegen, so daß sie sich nach diesen verschiedenen Richtungen gar nicht superponieren lassen.

    Eine sehr wichtige Rücksicht, die man bei den Summationen zu nehmen hat, ist folgende :

    Je nachdem ein Punkt durch Zuwachs des Reizes zum gegebenen Reize über die Schwelle steigt, oder durch Entziehung von Reiz darunter sinkt, wird die Empfindung positiv, bewußt, oder negativ, unbewußt, und haben wir stets einfach ein positives oder negatives Empfindungsresultat. Aber wenn zu einer Mehrheit von diskret empfindenden Punkten über der Schwelle, die mithin eine positive Empfindungssumme geben, eine andere Mehrheit solcher Punkte unter der Schwelle tritt, die mithin eine negative Empfindungssumme geben, so wird die positive Empfindung von jenen nicht dadurch vermindert, sondern besteht neben der negativen fort; die negative zieht sich nicht von der positiven ab, und wird nicht kompensiert durch die positive, und wir haben zwar beides, positive und negative Empfindung, in Abwägung und Gegenrechnung gegen einander zu bringen, aber nicht algebraisch zu addieren oder in Abzug von einander zu bringen, um den Empfindungszustand im Ganzen richtig darzustellen.

    Hierin liegt kein Bruch der mathematischen Konsequenz; vielmehr kann man sich das vorige Verhältnis ganz gut am ganz analogen Falle einer Kurve erläutern, deren mathematische Repräsentation Entsprechendes zeigt. In einer Ellipse füllen die auf Seiten der positiven Abszissen errichteten positiven Ordinaten einen nach mathematischer Repräsentation positiven Raum, die unterhalb errichteten eben so einen negativen Raum, oder genauer, die Maßzahlen, durch die man beide Räume mißt, erhalten mathematisch ein entgegengesetztes Vorzeichen. Addiert man beide Räume algebraisch, so erhält man eine Summe gleich Null. Aber diese algebraische Addition bedeutet nichts. Man muß vielmehr den positiven und negativen Raum besonders auffassen, weil sie durch Ordinaten bestimmt sind, die verschiedenen Punkten zugehören. Eben so muß man die positiven und negativen Empfindungssummen, welche von Empfindungen herrühren, die verschiedenen Punkten zugehören, besonders auffassen. Hiergegen hat es einen Sinn, aus den positiven Teilräumen der Ellipse für sich, sowie den negativen Teilräumen für sich Summen zu bilden. Und so hat es auch einen Sinn, die Empfindungen für Punkte mit positiven und für solche mit negativen Werten für sich zu summieren.

    Kurz, man kann die algebraische Summe positiver und negativer Empfindung, welche die verschiedenen Teile eines gereizten Organs liefern, nicht als Maßstab für die Gesamtsumme bewußter Empfindung, die es liefert, und das Vorzeichen dieser algebraischen Summe nicht als maßgebend für den Bewußtseinszustand betrachten, der durch dieses Organ erzeugt wird; sondern man muß anders, als wenn man sich die Summe der Reize auf denselben Punkt gehäuft denkt, die positiven bewußten Werte und negativen unbewußten Werte, welche den einzelnen Punkten zugehören, besonders summieren. Sonst würde man das absurde Resultat erhalten, daß gar nichts empfunden worden sei mit einem Organe, was mit einem Teile sehr stark empfunden hat, indes es mit einem anderen Teile entsprechend tief unter der Schwelle war.

    Ganz das Entsprechende gilt für Summation der Empfindungen, die während einer gewissen Zeit stattgefunden haben. Die Summe bewußter Empfindung, die während eines Teiles der Zeit stattgefunden hat, ist für sich zu bestimmen, und nicht die Summe unbewußter Empfindung, die während eines anderen Teiles stattgefunden hat, in Abzug davon, sondern nur in Gegenrechnung und Vergleich dazu zu bringen.

    Die Betrachtungen, die wir hier angestellt haben, sind nicht nur für die Klarheit und den Gebrauch der Summenformeln in der äußeren Psychophysik von allgemeiner Wichtigkeit, sondern werden sich auch als sehr wichtig betreffs triftiger Auffassung der Verhältnisse der inneren Psychophysik zeigen und Anwendung beim Versuche, die Empfindungen elementar zu konstruieren, finden. Ich erinnere vorgreiflich an Folgendes: Schlaf und Wachen hängen unstreitig an einer größeren Oszillation der lebendigen Kraft unserer psychophysischen Bewegungen. Wir können die Bewußtseinssumme während 24 Stunden nicht dadurch bestimmen, daß wir die negativen Bewußtseinswerte während des Schlafes von den positiven während des Wachens in Abzug bringen, oder die algebraische Summe beider nehmen; sondern jede Zeit, die bewußt gewesen ist, bleibt bewußt, und wenn noch so viel Unbewußtsein einer anderen Zeit gegenzurechnen wäre. Mehr als wahrscheinlich hängt auch jede Empfindung insbesondere an irgendwelchen nur sehr kleinen Oszillationen psychophysischer Tätigkeit. Falls die Tatsache der Schwelle in das Elementare reicht, können diese Oszillationen nur während eines Teiles der Zeit über der Schwelle sein 2); da ihre Geschwindigkeit periodisch bis auf Null herabkommt. Ohne Rücksicht auf die vorigen Betrachtungen könnte man nun auf den Gedanken kommen, das Resultat des Bewußtseins werde durch die algebraische Summe der positiven Empfindungsbeiträge über der Schwelle und negativen unter der Schwelle gegeben, wo es wahrscheinlich sehr schwach oder Null sein würde. Allein dies ist nicht statthaft; sondern bloß die positiven Beiträge kommen für das Bewußtsein in Betracht, und die negativen fallen für das Bewußtsein einfach aus; die bewußten Werte schließen sich aber, weil wir kein Bewußtsein der Zwischenzeit haben, an einander, in ähnlicher Weise, als auch der blinde Fleck im Auge keine Unterbrechung der Kontinuität der räumlichen Gesichtsempfindung bewirkt.

2) Dies gilt wenigstens allgemein für geradlinige Schwingungen, überhaupt aber für Schwingungen jeder Art, wenn es sich darin vielmehr um Geschwindigkeiten zweiter als erster Ordnung handeln sollte.
 
 
    Hiernach gebe ich folgende Summenformeln der Empfindung für eine Mehrzahl gereizter Punkte, welche gemeinsam für Raumsummen und Zeitsummen unter der Voraussetzung gelten, daß der Empfindungsbeitrag jedes einzelnen Punktes seiner Größe nach durch unsere Maßformel bestimmt wird.

    Seien die zu summierenden Empfindungen g', g ", g '"... welche respektiv den auf verschiedene Punkte wirkenden Reizen b', b ", b'" ... zugehören. Sofern die Punkte, auf welche diese Reize wirken, verschiedene Empfindlichkeit haben können, setzen wir ihnen die Schwellenwerte b', b", b"'... zugehörig. Bezeichnen wir nun g' + g'' + g "'. . . kurz mit åg, so haben wir

    Hiernach vergleicht sich die Empfindungssumme åg , welche durch Reizung einer Mehrheit verschiedener Punkte entsteht, mit der Empfindung g= k log , welche durch Reizung eines einzigen eben solchen Punktes entsteht, indem wir setzen

d. i. beide sind gleich, wenn der fundamentale Reizwert des einen Punktes gleich ist dem Produkte der fundamentalen Reizwerte der verschiedenen Punkte.

    Eine bemerkenswerte Folgerung dieser Formel ist, daß, wenn verschiedene Punkte mit verschiedener Empfindlichkeit verschieden gereizt sind, die Empfindungssumme sich nicht ändert, wenn man die Reize auf den Punkten mit verschiedener Empfindlichkeit beliebig vertauscht, oder die Empfindlichkeit für die verschiedenen Reize vertauscht.

Sei  das geometrische Mittel der fundamentalen Reizwerte der verschiedenen Punkte, und ihre Anzahl n, so ist

und die Summenformel läßt sich auch so schreiben

åg = k log 

= nk log ,

wonach die Empfindungssumme für n beliebig gereizte und beliebig empfindliche Punkte so groß ist, als wenn alle n Punkte mit dem geometrischen Mittel der fundamentalen Reizwerte der verschiedenen Punkte gereizt wären.

    Allgemein kann man bei einer Mehrheit verschieden gereizter Punkte nach der mittleren oder Durchschnittsempfindung derselben als derjenigen fragen, welche, wenn sie allen Punkten zugleich zukäme, dieselbe Summe gäbe, als man in Summa durch die verschiedene Reizung derselben erhält. Diese mittlere Empfindung erhält man bei n gereizten Punkten, wenn man den obigen Summenausdruck åg mit n dividiert, wodurch man findet

.

Hiernach entspricht das arithmetische Mittel gegebener Empfindung dem geometrischen Mittel der zugehörigen Fundamentalreize im Sinne der Maßformel.

    Bisher haben wir eine endliche Zahl von Punkten vorausgesetzt, gilt es aber eine Summierung für ausgedehnte Zeiten oder empfindende Flächen, so werden wir allgemein, wenn der Reiz mit variabler Intensität einwirkt, jedes kleinste Zeit- oder Raumelement mit der daselbst wirkenden Stärke des Reizes b behaftet zu denken haben, und die Summe der Empfindung durch infinitesimale Summation der partiellen Empfindungen, welche diesen partiellen Reizeinwirkungen zukommen, zu gewinnen haben3); was sich, wenn wir Zeit und räumliche Ausdehnung zugleich berücksichtigen, durch die Formel ausdrückt

worin dt das Zeitelement, ds das Raumelement ausdrückt. b ist als Funktion von t und s darzustellen. Sollte b variabel sein, so kann die Änderung von b auf b übertragen werden. Die Integration dieser Formel hat in den Grenzen zu geschehen, für die man die Empfindungssumme sucht, s und t sind auf ihre Einheiten zu beziehen, und als Einheit der Empfindungssumme diejenige zu betrachten, welche für die Einheit von s und t und eine willkürliche Einheit von b gilt.

3) Unstreitig allerdings nur mit einer ähnlichen Rücksicht, als mit der die infinitesimale Summation der Anziehungen der Teile eines Körpers im atomistischen Systeme stattfinden kann.
 
 
    Der einfachste Fall, der hier in Betracht kommt, ist der, wo ein Reiz gleichförmig unter Forterhaltung gleicher Empfindlichkeit durch eine gegebene Zeit oder in einer gegebenen Ausdehnung einwirkt. Dann hat man einfach als Empfindungssumme für die Zeit t oder Ausdehnung s

kt log  oder ks log 

und bei Berücksichtigung von s und t zusammen

kst log 

wobei t und s von Null an gerechnet sind.

    Der nächst einfache Fall möge als Rechnungsbeispiel hier Platz finden, wenn schon ich für jetzt keine besondere Anwendung davon zu machen wüßte. Es ist der, wo ein Reiz (die Reizwirkung) proportional mit der Zeit oder räumlichen Erstreckung von einem gewissen Punkte an wächst. Wie wird sich die Zeit- oder Raumsumme der Empfindung, die er dann während einer gegebenen Zeit- oder Raumstrecke gewährt, verhalten?

    Die zeitliche oder räumliche Ausdehnung, von dem Punkte an, wo der Reiz Null ist, heiße x, und der Reiz in der Entfernung x vom Ausgangspunkte sei px, wo p eine Konstante. Dann haben wir, um die Empfindungssumme åg in dem Intervall von x = A bis x = B zu bestimmen, unter Setzung von k = 1, b = 1:

= B(log pB - 1) - A (log pA - 1) oder, wenn wir mit a die Grundzahl der angewandten Logarithmen, hiermit die Größe des Reizes bezeichnen, für welchen die Empfindung eines Punktes = 1 gesetzt wird (vergl. Kap.16)

Und dividieren wir diesen Ausdruck mit B - A, so erhalten wir die mittlere Empfindung im Intervall B - A.

Nun ist bei gleichförmiger Verteilung eines Reizes von der Intensität b1 die Empfindungssumme im Intervalle B - A

åg = (B - A) log b1.

Um also die Reizintensität b1 zu finden, welche bei gleichförmiger Verteilung in diesem Intervalle dieselbe Empfindungssumme liefert, als die Intensität px, haben wir beide vorigen Werte åg gleich zu setzen, was für den gesuchten Wert b1 gibt

    Bei Anwendung dieser Formeln ist in Rücksicht zu ziehen, daß, wenn wir die Empfindungssumme von dem Punkte an nehmen wollten, wo der Reiz Null ist, also A Null setzen wollten, indes wir den Wert von B, bis zu dem wir den Reiz wachsend denken, oberhalb der Schwelle annähmen, wir negative und positive, bewußte und unbewußte Werte der Empfindung, in der Summe vereinigt erhalten würden, was keinen Aufschluß über die Summe der bewußten Werte insbesondere geben würde. Daher haben wir die Empfindungssumme in zwei Teile zu teilen, eine unbewußte von A = 0 bis B = 1 , sofern, der Schwellenwert = l gesetzt ist, und eine bewußte von A = 1 bis zu einem beliebigen Werte von B, innerhalb deren wir auch beliebige Intervalle herausheben können, indem wir A > 1 setzen.

    Da die Einheit der Ausdehnung willkürlich ist, so können wir diejenige = 1 setzen, durch welche der Reiz vom Nullwerte bis zum Schwellenwerte 1 gelangt, womit p = 1 wird, und die Werte B und A zugleich die Grenzen der Ausdehnungen und die zugehörigen Reizgrößen, zwischen welchen man die Summen nimmt, bezeichnen. Nehmen wir die Empfindungssumme von der Schwelle 1 an, so haben wir pA = 1. Vereinigen wir beide Voraussetzungen, so wird auch A = 1, und erhalten wir die Formeln

åg = B (log B - 1) + 1

Die erste gibt unter Anwendung natürlicher Fundamentaleinheiten, wo die Empfindungseinheit beim Kardinalpunkte liegt, für B = e den Wert åg = 1, d. h. wenn der Reiz vom Schwellenwerte bis zum Kardinalwerte gleichförmig ansteigt, wozu er eine e-mal so große Zeit oder Strecke braucht, als um vom Nullpunkte bis zum Schwellenpunkte zu steigen; so wird dadurch eine Empfindungssumme erzeugt, welche derjenigen gleich ist, die man erhalten würde, wenn die (als 1 gesetzte) Empfindungsintensität des Kardinalpunktes während der (als 1 gesetzten) Zeit oder Strecke gleichförmig fortbestünde, die der Reiz braucht, um vom Nullpunkte gleichförmig bis zur Schwelle anzusteigen. Die zweite Formel gibt als Reiz, der bei gleichförmigem Bestande durch dieselbe Zeit oder Strecke dasselbe leisten würde, als der vom Schwellen- zum Kardinalpunkte gleichförmig ansteigende Reiz

.

    Größere Allgemeinheit und allgemeinere Anwendbarkeit hat die Lösung folgender Aufgabe. Der Reiz wachse nicht von Null an, sondern von einem gewissen Werte R an der Strecke proportional, so daß er, wenn der Anfangspunkt der Strecke da, wo das proportionale Wachstum beginnt, genommen wird, zu Ende der Strecke x den Wert

R + px hat. Die Summe der Empfindung werde dann innerhalb dieser Strecke gesucht. Da jeder variable Reiz von einem gegebenen Ausgangspunkte innerhalb einer hinreichend kleinen Strecke als derselben proportional sich ändernd angesehen werden kann (vergl. Kap. 15), so gewinnt eben hiermit diese Aufgabe große Allgemeinheit.

Die Empfindungssumme ist in diesem Falle allgemein, zwischen x = A und x = B genommen:

oder, wenn man sie vom Anfange des proportionalen Wachstums, wo A = 0 nimmt, bloß

.

    Ungeachtet in den Formeln dieses Kapitels der Rückgang auf das Elementare nicht vorausgesetzt ist, den wir im 16. Kapitel vorgreiflich in Betracht genommen haben (da es sich hier nicht handelte, das Zustandekommen der Empfindung in den einzelnen Punkten oder Elementen selbst psychophysisch zu berechnen, wozu jene Formeln brauchbar sein können), so würden doch diese Formeln auch Anwendung zu finden haben, wenn ein solcher Rückgang überhaupt statthaft sein sollte; und wir würden dann nur nötig haben, für b in vorigen Formeln v in seiner Bedeutung als Geschwindigkeit erster oder zweiter Ordnung zu substituieren. Auf eine Summation dieser Art wird in einem späteren Kapitel eingegangen.