II. Vorläufige Übersicht der wesentlichsten Punkte, welche bei der Untersuchung eines K.-G. in Betracht kommen, und darauf bezügliche Bezeichnungen.

    § 3. Die folgende Zusammenstellung wird dienen können, die Ausdehnung und den Charakter der Untersuchungen, mit denen wir uns folgends zu beschäftigen haben, bestimmter übersehen zu lassen, und sich über die meisten der zu brauchenden Bezeichnungen vorweg im Zusammenhange zu orientieren; eine eingehendere Besprechung dieser Punkte aber bleibt den folgenden Kapiteln vorbehalten.

    Bei der zufälligen Ordnung, in welcher sich die Exemplare eines K.-G. darzubieten pflegen, würde sich weder eine Übersicht über die Verhältnisse derselben nach Maß und Zahl gewinnen lassen, noch eine methodische Bearbeitung derselben möglich sein, wenn man ihre, allgemein mit a zu bezeichnenden Maße in derselben zufälligen Ordnung, in der man sie erhalten und in einer sog. Urliste verzeichnet hat, belassen wollte; also sind sie vor allem ihrer Größe nach zu ordnen und so geordnet in einer Tabelle, sog. Verteilungstafel, aufzuführen. Hat man nun keine große Zahl von Exemplaren eines Gegenstandes vorliegen, so wird jedes a oder werden doch die meisten a nur einmal in der Tafel erscheinen, und werden die Größendistanzen zwischen den aufeinanderfolgenden a sehr unregelmäßig wechseln; bei vielzahligen Gegenständen aber, d. h. von welchen viele Exemplare vorliegen, wie sie für das Folgende hauptsächlich vorauszusetzen sind, werden, wenn nicht alle doch viele oder die meisten a, welche der Maßstab und die Schätzung hergibt, mehr oder weniger oft wiederholt vorkommen, und dann richtet man die Verteilungstafel so ein, daß man in einer Kolumne der a jedes a zwar nur einmal aufführt, aber in einer beigegebenen Kolumne der z die Zahl z angibt, wie oft es vorkommt. Die Gesamtzahl der a, welche in eine Verteilungstafel eingehen, stimmt natürlich mit der Summe å z , welche man durch Zusammenzählen aller z der Tafel enthält, überein und wird von mir mit m bezeichnet.

    Die Aufstellung einer solchen Tafel ist so zu sagen der erste Schritt, den man bei Bearbeitung eines vielzahligen K.-G. von der Urliste aus zu tun hat.

    Ein zweiter Schritt ist dieser: daß man den, mit A zu bezeichnenden, arithmetischen Mittelwert der Einzelmaße und die positiven und negativen Abweichungen davon bestimmt, deren Zahl z natürlich mit der der abweichenden a übereinstimmt.

    Hierzu aber können als Ausgangspunkt der Abweichungen statt A auch manche andere Werte, welche mit mathematischer Bestimmtheit aus der Verteilungstafel ableitbar sind, dienen; und durch jede andere Wahl in dieser Hinsicht kommen neue Beziehungen zum Vorschein, von denen später zu sprechen sein wird. Allgemein nun nenne ich Werte, die zur Entwicklung solcher Beziehungen als Ausgangswerte der Abweichungen gebraucht werden, Hauptwerte und bezeichne sie mit H, wovon also A nur ein besonderer Fall ist, auf dessen Berücksichtigung man sich bisher in der Behandlung von K.-G. allein beschränkt hat, was aber eine willkürliche Einschränkung der Kollektivmaßlehre mitführt, wie leicht aus später folgenden Bemerkungen hervorgehen wird. Allgemein nenne ich Abweichungen, von welchem Hauptwerte sie auch abhängig gemacht werden mögen, Kollektivabweichungen.

    § 4. Leicht nun überzeugt man sich von folgendem Umstande. Ein je größeres m in die Verteilungstafel eines K.-G. eingeht, um so regelmäßiger wird der Gang der zu den a zugehörigen z, und um so bestimmter stellen sich die Gesetzlichkeiten heraus, von denen wir zu sprechen haben werden. Der ideale Fall wäre der, daß man ein unendliches m hätte, wo man einen ganz regelmäßigen Gang der z und eine ganz genaue Erfüllung der betreffenden Gesetzlichkeiten zu erwarten haben würde, wonach man auch ideale Verhältnisse und Gesetzlichkeiten, wie sie eine ideale Tafel hergeben würde, und empirische, welche in mehr oder weniger großen Annäherungen daran bestehen, zu unterscheiden hat.

    Alle Wahrscheinlichkeitsgesetze des Zufalls überhaupt, und die Verteilungsgesetze der K.-G. sind solche, haben das gemein, daß ihre Befolgung um so sicherer zu erwarten ist, auf eine je größere Zahl von Fällen sie sich beziehen, eine sozusagen ideale Gültigkeit aber nur für den Fall einer unendlichen Zahl von Fällen besitzen, was nicht ausschließt, daß schon bei einer empirisch wohl zu beschaffenden Zahl von Fällen die Bestätigung der betreffenden Gesetze in großer Annäherung stattfindet. Insofern man nun jedenfalls in Wirklichkeit nur mit K.-G. aus einer endlichen Zahl von Exemplaren zu tun hat, welche ebenso viele Fälle repräsentieren; bezeichne ich die Abweichungen, welche wegen Endlichkeit der Zahl der Exemplare von den ideal gesetzlichen Bestimmungen stattfinden, als unwesentliche, und, insofern sie gleichgiltig nach der einen und anderen Seite gehen, als durch unausgeglichene Zufälligkeiten hervorgerufen, indes ich die, für die Voraussetzung einer unendlichen Zahl von Fällen, unseren Falles von Exemplaren, geltenden Bestimmungen als wesentliche oder normale bezeichne. Das allgemeine Merkmal der Unwesentlichkeit einer Bestimmung besteht darin, daß sie um so mehr verschwindet, je mehr man die Zahl der Fälle, resp. Exemplare, unter Einhaltung der Bedingungen, welche den Begriff des K.-G. bestimmen, vergrößert, so daß man voraussetzen kann, sie würde bei unendlicher Zahl der Fälle ganz wegfallen; wonach für Untersuchung der Gesetze in unserem Falle überhaupt nur vielzahlige Gegenstände geeignet sind.

    Selbst bei kleinem m aber beweist sich die Unwesentlichkeit einer Bestimmung dadurch, daß bei Wiederholung der Bestimmung mit demselben kleinen m aus immer neuen Exemplaren desselben Gegenstandes Größe und Richtung der Bestimmung unbestimmt wechselt, wogegen bei Wesentlichkeit derselben sich im Mittel einer Mehrheit von Wiederholungen ein bestimmtes Größenresultat und eine bestimmte Richtung desselben um so fester herausstellt, je größer die Zahl der Wiederholungen und das m jeder einzelnen ist.

    Wir sprechen von einer symmetrischen Verteilung der Werte bezüglich eines gegebenen Hauptwertes H, wenn jeder Abweichung eines a ins Positive von H die gleich große negative Abweichung eines anderen a von H entspricht, so daß gleich stark nach beiden Seiten von H abweichenden a gleich große z zugehören. Bei einem K.-G. aus einer endlichen Zahl von Exemplaren kann man wegen der nicht ausgeglichenen Zufälligkeiten überhaupt nicht erwarten, bezüglich irgend eines Hauptwertes eine vollständig symmetrische Verteilung zu finden, und selbstverständlich kann eine symmetrische Verteilung nicht bezüglich mehrerer Hauptwerte zugleich bestehen; es ist aber ein wichtiger Gegenstand der Untersuchung, ob sich nicht ein Hauptwert finden läßt, bezüglich dessen sich die Verteilung um so mehr der symmetrischen nähert, je mehr man das m des K.-G. vergrößert, in der Art, daß man bei unendlichem m eine wirklich symmetrische Verteilung als erreicht voraussetzen könnte, in welchem Falle man, da ein unendliches m nicht zu haben ist, doch von einer symmetrischen Wahrscheinlichkeit der Abweichungen sprechen kann.

    § 5. Aber noch aus einem anderen als dem vorigen Gesichtspunkte kann man eine ideale Verteilungstafel von einer empirischen und davon abhängige ideale und empirische Resultate unterscheiden. Bei den Messungen der Exemplare kann man nicht über gewisse Grenzen der Genauigkeit hinausgehen, wie sie die Einteilung des Maßstabes und die Schätzung dazwischen hergibt. Man kann z. B. noch Millimeter, noch Zehntelmillimeter, noch Hundertelmillimeter aber nicht darüber hinaus unterscheiden. Für den, der nur Millimeter unterscheidet, fließen alle Einzelmaße, die sich in den Grenzen eines Millimeters halten, ununterscheidbar zusammen, und so bezieht er die ganzen z Exemplare, die eigentlich auf ein ganzes Intervall von 1 mm verteilt sind, auf einen einzigen Wert a, welcher die Mitte dieses Intervalls bildet. Sei allgemein i der noch erkennbare Unterschied der Maße, so gehört das z jedes a der empirischen Tafel eigentlich dem ganzen Intervall von der Größe i zwischen a - 1/2 i und a + 1/2 i an, wogegen es sich nach der empirischen Tafel so ausnimmt und bei Verwertung derselben zumeist so gefaßt wird, als wenn das darein fallende Maß a selbst z mal vorkäme. Bei idealer, d. h. bis zur Grenze der Genauigkeit gehender Messung und Schätzung aber würde i auf einen unendlich kleinen Wert herabkommen1), die unterschiedenen a der Tafel sich hiermit vermehren, ihre z aber sich entsprechend verkleinern; hiermit die ideale Tafel von der empirischen abweichen.
 

    1 ) Ein unendlich kleiner Wert, hier im Sinne der Infinitesimalrechnung vorstanden, ist doch nicht mit Null zu verwechseln, sondern, obwohl unter jede anführbare Größe herabgehend und seiner absoluten Größe nach unbestimmbar, doch rechnungsweise noch nach seinen Verhältnissen zu anderen unendlich kleinen Werten bestimmbar.
 

    Wo nun das empirische i sehr klein ist, unterscheiden sich die Resultate der empirischen Tafel, soweit sie die Größe und Verhältnisse der daraus ableitbaren Hauptwerte und Hauptabweichungswerte betreffen, nicht erheblich von denen der idealen; doch bleibt der Unterschied allgemein gesprochen zu berücksichtigen und wird später diese Berücksichtigung da finden, wo er in erheblichen Betracht kommt. Empirische Bestimmungen und Verhältnisse, in denen er nicht erforderlich berücksichtigt ist, sondern es so angesehen wird, als wenn wirklich das z jedes a diesem a ganz zukäme, nenne ich rohe, solche, wo er tunlichst berücksichtigt ist, scharfe.

    § 6. In jedem Falle nun muß man von den Resultaten der empirischen Tafel zu den idealen der idealen Tafel, hiermit von unwesentlichen zu wesentlichen, von rohen zu scharfen aufzusteigen suchen, wozu eine demgemäße Bearbeitung der Verteilungstafeln gehört.

    In dieser Hinsicht ist ein Unterschied zwischen primären und reduzierten Tafeln zu machen. Unter primären Tafeln verstehe ich solche, wie sie unmittelbar durch Ordnung der Maße aus der Urliste erhalten werden und hiermit dieselben Erfahrungsdata wie diese, nur eben geordnet, darbieten. Reduzierte Tafeln heiße ich solche, in denen die z für größere Maßintervalle, als in den primären Tafeln unterschieden sind, und zwar für gleich große durch die ganze Tafel zusammengefaßt werden, die z dieser größeren Intervalle aber den Mitten derselben, als reduzierten a, beigeschrieben werden, mit dem Vorteile, dadurch einen regelmäßigeren Gang der z in der Tafel und eine geeignetere Unterlage für Rechnungen zu erhalten, wenn schon nicht ohne Konflikt mit einem Nachteile wegen Vergrößerung des i, worauf später zurückzukommen. Eingehender ist überhaupt von der Aufstellungsweise und den Verhältnissen der primären und reduzierten Tafeln in den Kapiteln VII und VIII gehandelt, wobei die Möglichkeit verschiedener Reduktionsstufen und Reduktionslagen zur Sprache kommt.

    § 7. In jeder nicht zu unregelmäßigen primären oder durch Reduktion regelmäßig gemachten Tafel findet man Folgendes.

    Die kleinsten z finden sich nach den beiden Grenzen der Tafel zu, wonach, wie schon früher berührt, die kleinsten und größten a am seltensten vorkommen, die größten z aber im allgemeinen in einem mittleren Teile der Tafel. Das Maximal-z fällt auf ein gewisses a in diesem mittleren Teile, von wo nach beiden Seiten die z nach den Extremen hin kontinuierlich, wenn auch bei ungenügender Reduktion hier und da noch durch Unregelmäßigkeiten unterbrochen, abnehmen. Den Wert a einer nicht zu unregelmäßigen primären oder reduzierten Verteilungstafel, auf den das Maximal-z fällt, nenne ich den dichtesten Wert der Tafel oder auch empirisch dichtesten Wert des Gegenstandes, welcher sich freilich nur als Annäherung an den ideal dichtesten Wert betrachten läßt, den man bei unendlich großem m und unendlich kleinem i erhalten würde, was aber nicht minder vom A der Tafel gilt, doch schon als solche Annäherung besondere Beachtung verdient und die Unterlage zu einer genaueren Annäherung durch Rechnung in später zu betrachtender Weise bietet. Sei er empirisch oder ideal, in dieser oder jener Annäherung gefaßt, bezeichne ich ihn allgemein mit D.

    Man könnte glauben, daß der dichteste Wert wesentlich, also aus sehr großem, streng genommen unendlichem m und bei sehr kleinem, streng genommen unendlich kleinem i, bestimmt, mit dem arithmetischen Mittel zusammenfallen würde, und in der Tat weichen bei der Mehrzahl der K.-G. beide nach Bestimmung aus großem m und kleinem i wenig genug von einander ab, daß man geneigt sein kann und bisher in der Tat dafür gehalten hat, daß die noch übrige Abweichung bloß eine Sache unausgeglichener Zufälligkeit sei. Es wird aber eins der wichtigsten Resultate der folgenden Untersuchung sein, daß eine wesentliche Abweichung zwischen arithmetischem Mittel und dichtestem Werte vielmehr der allgemeine Fall ist, der Art, daß Größe und Richtung dieser Abweichung selbst charakteristisch für verschiedene K.-G. sind. Insofern nun auch die Abweichungen bezüglich beider Werte verschiedene Verhältnisse einhalten, ist der empirisch dichteste Wert D als ein vom arithmetischen Mittel A derselben Tafel zu unterscheidender, wichtiger Hauptwert d. i. Ausgangswert von Kollektivabweichungen anzuerkennen.

    Zu beiden vorigen Hauptwerten A, D aber tritt noch ein von beiden vorigen zu unterscheidender, dritter, den ich als Zentralwert oder Wertmitte mit C bezeichnen werde, d. i. der Wert von a, der eben so viele größere a über sich als kleinere unter sich hat und in dieser Einsicht die Reihe der a mitten durchteilt. Auf dasselbe kommt es heraus, wenn man sagt, es sei der Wert, bezüglich dessen die Zahl der positiven Abweichungen gleich der Zahl der negativen ist. Vom arithmetischen Mittel unterscheidet er sich durch die beiden Bestimmungen, daß, während bezüglich A die Summe der beiderseitigen Abweichungen gleich ist, hingegen bezüglich C die Zahl der beiderseitigen Abweichungen gleich ist, und daß, während bez. A die Summe der Quadrate der Abweichungen ein Minimum, d. i. kleiner als bez. irgend eines anderen Ausgangswertes ist, hiergegen bez. C die Summe der einfachen Abweichungen (die negativen dabei nach absolutem Werte gerechnet) in demselben Sinne ein Minimum ist 2). Mit dem Zutritte dieses dritten Hauptwertes zu den beiden vorigen eröffnen sich nun abermals neue charakteristische Beziehungen für die K.-G. von welchen zu sprechen sein wird.
 

    2 ) Diese, früher nicht bemerkte, Eigenschaft des Zentralwertes habe ich in einer besonderen Abhandlung über denselben nachgewiesen [Über den Ausgangswert der kleinsten Abweichungssumme; Abhandl. der math.-phys. Klasse der Königl. Sächs. Gesellschaft der Wissenschaften; II. Band, 1878].
 

    Außer den genannten drei Hauptwerten können noch andere, aus der Verteilungstafel mathematisch ableitbare als Ausgangswerte von Abweichungen und hiermit als Hauptwerte dienen und teils unabhängig von den vorigen betrachtet, teils mit denselben in Beziehung gesetzt werden; doch sind jedenfalls die vorigen die wichtigsten, und ich bleibe zunächst dabei stehen. In einem späteren Kapitel (Kap. X) jedoch werde ich nebensächlich noch drei andere Hauptwerte als Scheidewert R, schwersten Wert T und Abweichungsschwerwert F berücksichtigen, welche jedenfalls ein mathematisches Interesse darbieten.

    § 8. Ein Tier ist seinem inneren Baue nach charakterisiert durch Gehirn, Herz, Magen, Leber u.s.w., die Größe und Lage dieser Organe gegen einander, die zuführenden und abführenden Wege dazu. So ist ein K.-G. seiner inneren quantitativen Bestimmtheit nach charakterisiert durch arithmetisches Mittel, Zentralwert, dichtesten Wert und sonst etwa zuzuziehende Hauptwerte, die Größe und Lage dieser Hauptwerte gegen einander und die Abweichungen davon; und diese Werte stehen nicht minder in mathematischem als jene Organe in organischem Zusammenhange. Ein K.-G. bildet so zu sagen einen mathematischen Organismus, welcher einer Zergliederung fähig ist, auf die im Folgenden einzugehen sein wird. Und wenn damit nicht gesagt ist, daß jeder Gegenstand auf die Durchführung einer solchen Zergliederung Anspruch zu machen hat, so hat sich jedenfalls eine allgemeine Kollektionsmaßlehre mit den allgemeinen Gesichtspunkten derselben zu beschäftigen.

    Zum Voraus läßt sich dabei bemerken, daß allerdings unter einer gewissen Voraussetzung die beiden Hauptwerte D und C mit A und mithin alle drei unter einander zusammenfallen würden, unter der Voraussetzung nämlich, daß die beiderseitigen Abweichungen bez. A eine symmetrische Wahrscheinlichkeit besäßen, also mit wachsendem m sich in der Art einer symmetrischen Verteilung (in obigem Sinne) näherten, daß man bei unendlichem m eine solche als erreicht ansehen könnte. Aber es wird sich zeigen, daß man für K.-G. vielmehr eine asymmetrische Wahrscheinlichkeit der Abweichungen bez. A vorauszusetzen hat, welcher gemäß man bei wachsendem m sich nicht einer symmetrischen Verteilung, sondern einer auf ein gewisses Gesetz zu bringenden, wesentlich asymmetrischen Verteilung nähert. Ja es läßt sich abgesehen von dem nur als Ausnahme anzusehenden wesentlichen Zusammenfallen von D und C mit A überhaupt kein Wert für K.-G. finden, bez. dessen eine symmetrische Wahrscheinlichkeit der Abweichungen nach beiden Seiten statt fände.

    Wenn man nun bisher bei Behandlung der K.- G. bloß auf A, die Abweichungen davon und etwa die Extreme Rücksicht genommen, so sieht man nicht nur schon aus Vorigem, daß ganz wichtige charakteristische Verhältnisse und Unterschiede der Gegenstände dabei außer Acht fallen, sondern es wird sich auch zeigen, daß ein allgemeines Verteilungsgesetz der Exemplare von K.-G. gar nicht durch diese beschränkte Behandlungsweise zu gewinnen ist.

    Sie hat aber unstreitig darin ihren Grund, daß man die leitenden Gesichtspunkte der physikalischen und astronomischen Maßlehre auf die Kollektivmaßlehre übertragen hat, ohne zwei wesentliche Unterschiede, die zwischen beiden bestehen, zu berücksichtigen, wodurch jene beschränkte Behandlungsweise für erstere Lehre eben so motiviert, als für letztere verwehrt ist. Für erstere hat der arithmetische Mittelwert A der Beobachtungswerte des seinem Maße nach zu bestimmenden einzelnen Gegenstandes mit den Abweichungen von A, d. i. Beobachtungsfehlern, die dominierende, ja im Grunde allein zählende, Bedeutung, da man nach Gründen, die den Fach-Mathematikern und Physikern bekannt sind, in dem Werte, bezüglich dessen die Summe der Quadrate der Abweichungen, d. i. Fehler, die kleinstmögliche ist, dem arithmetischen Mittel, zugleich den Wert sieht, welcher dem wahren Werte, um dessen Bestimmung es zu tun ist, mit überwiegender Wahrscheinlichkeit am nächsten kommt, in den Abweichungen davon aber ein Mittel findet, die Größe zu bestimmen, um welche der wahre Wert doch noch mit gegebener Wahrscheinlichkeit nach einer oder der anderen Seite verfehlt wird. Warum sich also in dieser Lehre noch um andere Hauptwerte kümmern, die und deren Abweichungen zur Erfüllung der Aufgabe dieser Lehre nichts helfen! Also ist auch weder von einem dichtesten Werte, noch Zentralwerte in der astronomischen und physikalischen Maßlehre die Rede, ungeachtet die verschiedenen Beobachtungswerte eines und desselben Gegenstandes in ihr, als a gefaßt, an sich ebenso gut zur Ableitung eines D und C Anlaß geben könnten; als die verschiedenen Exemplare eines K.-G. Aber es wäre müßig, eine Sonderbetrachtung derselben zuzuziehen, und geschieht jedenfalls nicht.

    Für die Kollektivmaßlehre aber hat der Gesichtspunkt, welcher in der physikalischen und astronomischen Maßlehre den arithmetischen Mittelwert mit den Abweichungen davon prinzipiell bevorzugen läßt, gar keine Bedeutung. Alle Exemplare eines K.-G., mögen sie noch so weit vom arithmetischen Mittelwerte oder irgend einem anderen Hauptwerte abweichen, sind gleich wirklich und wahr, und eine vorzugsweise Berücksichtigung des einen vor dem anderen aus einem für alle gleich nichtigen Gesichtspunkte hat natürlich keinen Sinn. Hiergegen hat jeder andere Hauptwert nach anderer Beziehung seine charakteristische und zum Teil selbst praktische Bedeutung für einen K.-G., wodurch er zur Unterscheidung desselben von anderen Gegenständen beiträgt.

    Zweitens aber unterscheiden sich nach der in der physikalischen und astronomischen Maßlehre freilich vielmehr postulierten oder vorausgesetzten als zweifelsfrei erwiesenen, symmetrischen Wahrscheinlichkeit der Beobachtungsfehler bez. des arithmetischen Beobachtungsmittels bei guter Beobachtung die drei Hauptwerte nicht wesentlich, sondern nur durch unausgeglichene Zufälligkeiten von einander, so daß man in dem wegen des angegebenen Umstandes vorzuziehenden arithmetischen Mittel der Beobachtungswerte zugleich die wahrscheinlichsten Werte der anderen Hauptwerte mittrifft, wogegen für die K.-G. bemerktermaßen eine asymmetrische Wahrscheinlichkeit der Abweichungen bez. des arithmetischen Mittels als der allgemeine Fall anzusehen ist, wonach auch die verschiedenen Hauptwerte wesentlich auseinanderfallen.

    Übrigens kann es sogar noch fraglich erscheinen, ob man mit jenem Postulat bei den Beobachtungsfehlern wirklich ganz im Rechte ist, eine Frage, die uns zwar hier nicht wesentlich angeht, doch später in einem besonderen Kapitel 3) berücksichtigt werden wird.
 

    3 ) [Mit .Rücksicht auf diese Frage wird im zweiten Teile, Kap. XXVIII, die Asymmetrie von Fehlerreihen untersucht.]
 

Kehren wir aber jetzt zu den für die Kollektivmaßlehre wesentlichen Verhältnissen zurück.

    § 9. Unter Elementen oder Bestimmungsstücken eines K.-G. werde ich bei der Analyse eines solchen überhaupt folgende Werte unter folgenden, zum Teil schon früher gebrauchten, Bezeichnungen verstehen.

    1) Die allgemein mit m bezeichnete Gesamtzahl der Exemplare a einer in Betracht gezogenen Verteilungstafel.

    2) Die allgemein mit H bezeichneten Hauptwerte oder Ausgangswerte von Abweichungen, wovon bemerktermaßen der arithmetische Mittelwert A, der Zentralwert C und dichteste Wert D die wichtigsten sind. Da der Zentralwert allgemein zwischen A und D zu suchen ist, wie später zu zeigen, so werden die vorigen drei Hauptwerte künftig allgemein in der Ordnung A, C, D von mir aufgeführt werden. Hierzu noch einige, nebensächlich zu berücksichtigende Hauptwerte, welche im X. Kapitel besprochen werden.

    Der arithmetische Mittelwert wird, aus den a einer primären Tafel bestimmt, mit A1 , aus denen einer reduzierten bestimmt, mit A2 bezeichnet werden; entsprechend mit C. Bei D ist kein solcher Unterschied gemacht, weil er wegen der Unregelmäßigkeiten der zu Gebote stehenden primären Tafeln überall bloß aus reduzierten Tafeln hat abgeleitet werden können, hiermit überall mit D2 zu bezeichnen wäre. Hiergegen ist. nach der Herleitungsweise ein Unterschied dazwischen zu machen. Nach dem von mir so genannten Proportionsverfahren, welchem ich das meiste Zutrauen schenke, abgeleitet, bezeichne ich ihn mit Dp , nach dem weniger sicheren Interpolationsverfahren abgeleitet, mit Di . Von dem Unterschiede beider Verfahrungsweisen wird weiterhin die Rede sein.

    Alle Werte, welche auf die positive Seite des Hauptwertes, zu dem sie in Beziehung stehen, fallen, bezeichne ich mit einem Strichelchen oben, alle, welche auf die negative Seite fallen, mit einem Strichelchen unten, indes ich bei solchen, welche sich unterschiedslos auf beide Seiten beziehen, die Strichelchen ganz weglasse, wonach a' einen Wert a bezeichnet, welcher H übersteigt, a, einen solchen, welcher von H überstiegen wird.

    Unter Q verstehe ich allgemein Abweichungen von irgend einem Hauptwerte H; unter = a' - H also eine positive, unter Q,= a,- H eine negative, wenn der negative Charakter von Q, beibehalten werden soll; da aber allgemein die negativen Abweichungen nach ihrem absoluten Werte, wie positive, zu verrechnen sein werden, ist vielmehr zu setzen Q,= H - a,. Hiernach ist mit åQ= å(a´- H) die Summe der positiven Abweichungen, mit åQ,= å(H- a,) die der negativen Abweichungen nach absolutem Werte, mit åQ = åQ+ åQ,die Gesamtsumme der Abweichungen bez. H bezeichnet.

    3) Die Hauptabweichungszahlen d.i. die Zahl der Abweichungen Q von gegebenen Hauptwerten H, welche natürlich mit der Zahl der abweichenden Werte a zusammenfällt, also der Gesamtzahl nach unabhängig von der Natur der Hauptwerte gleich m ist, wogegen die Zahl der positiven und negativen Q insbesondere sich mit der Natur der Hauptwerte ändert und als positive allgemein mit m', als negative mit m,bezeichnet werden. Von mund m,sind dann die Unterschiede ± (m' - m,) und die Verhältnisse m' : m,und m,: m' abhängig, welche statt mund m,angeführt werden können, sofern aus ihnen unter Zuziehung von m die Werte von m' und m,folgen (s. unten).

    4) Die Hauptabweichungssummen und. daraus folgenden mittleren Abweichungen, d. i. Summen der Abweichungen, dividiert durch die Zahl derselben. Die Totalsumme der Abweichungen nach beiden Seiten zusammen, nach absolutem Werte, wie wir sie immer fassen, drückt sich durch åQ aus, nach beiden Seiten einzeln, insbesondere durch åQ' und åQ,, so daß åQ = åQ' + åQ,. Davon abhängig sind dann die einfachen mittleren Abweichungen oder mittleren Abweichungen schlechthin 4):

Die Totalsummen der Abweichungen åQ bleiben sich nicht wie die Totalzahlen m je nach den Hauptwerten gleich, sondern ändern sich nicht minder als die einseitigen Summen je nach dem Hauptwerte.
 

    4) In der physikalischen und astronomischen Fehlerrechnung pflegt vielmehr als mittlere Abweichung schlechthin die Wurzel aus dem mittleren Fehlerquadrate
, bez. A zu gelten, welche ich, wo etwa darauf Bezug zu nehmen, nach der Angabe unter folgender Nummer 5) als quadratische mittlere Abweichung von der wie oben bestimmten einfachen unterscheiden und mit q bezeichnen werde.
 

    Bezüglich des arithmetischen Mittels A insbesondere sind die beiderseitigen Abweichungssummen åQ ' und åQ,notwendig gleich, weil dies im Begriffe dieses Mittels selbst liegt, indes die beiderseitigen Abweichungszahlen m’, m,bez. dieses Mittels im allgemeinen ungleich sind, was mitführt, daß auch die einseitigen mittleren Abweichungen e' = åQ ' : m', e,= åQ,: m,bez. A im allgemeinen ungleich sind. Das für beide Seiten gemeinsam geltende e = åQ : m ist aber nicht als einfaches Mittel zwischen e' und e,= ½ (e‘ + e,) zu finden oder zu bestimmen, wie ich fälschlich in einer amerikanischen Abhandlung über Rekrutenmaße (von elliott 5) ) angegeben finde, da man dadurch nicht auf

zurückkommt; sondern dies ist nur der Fall, wenn man bei der Mittelziehung aus e' und e,die Gewichte berücksichtigt, welche ihnen vermöge des m’ und m,, woraus sie erhalten sind, zukommen, hiernach setzt:

was nach folgender einfachen Betrachtung auf e = åQ : m zurückführt. Da das Produkt eines Mittels aus Abweichungen in die Zahl derselben gleich der Summe der Abweichung ist, so ist m'e ‘ = åQ ' und m,e,= åQ,, also m'e ' + m,e,= åQ' + åQ,= åQ,andererseits

m' + m,= m.

        5 ) [E. B. elliott, On the military statistics of the United States of America; Berlin 1863. International statistical congress at Berlin.]
 

    Je größer die mittlere Abweichung e bezüglich eines Hauptwertes ist, in desto weiteren Grenzen weichen durchschnittlich die einzelnen Werte a von demselben ab, oder desto stärker schwanken sie durchschnittlich um denselben. Außer der absoluten Größe von e kommt aber auch sein Verhältnis zu dem H, worauf sich e bezieht, also e : H in Betracht, was ich die verhältnismäßige Schwankung nenne. Die durchschnittliche wie verhältnismäßige mittlere Schwankung bei gegebenem m gehen sich zwar nicht proportional für die verschiedenen Hauptwerte; doch nehmen sie, allgemein gesprochen, in so weit mit einander zu und ab, daß ein bezüglich eines gewissen Hauptwertes stark oder schwach schwankender Gegenstand auch bezüglich der anderen Hauptwerte als stark oder schwach schwankend angenommen werden kann, und man also ohne Rücksicht auf Beiziehung eines bestimmten Hauptwertes von stark und schwach im Mittel oder verhältnismäßig schwankenden Gegenständen sprechen kann.

    Hiernach noch folgende Bemerkung. Die Größe der einfachen Summe åQ und des einfachen Mittelfehlers e = åQ : m bezüglich des arithmetischen Mittels A ist nicht ganz unabhängig von der Zahl m der Werte a, aus denen das betreffende A abgeleitet ist, sondern nimmt durchschnittlich mit wachsendem m etwas zu; man kann aber die bei irgend einem endlichen m erhaltenen Werte åQ und e bez. A durch Multiplikation mit  auf den Normalfall zurückführen, daß sie bez. eines A aus einer unendlichen Zahl von a erhalten worden, was ich die Korrektion wegen des endlichen m nenne 6). Während nun åQ und e = åQ : m die unkorrigierten Werte sind, so bezeichne ich mit åQc und ec die korrigierten Werte:

und .

Nur bei sehr kleinem m unterscheiden sich jedoch die korrigierten Werte erheblich von den unkorrigierten, und da wir im allgemeinen mit großem m, wogegen 1 merklich verschwindet, zu tun haben, begnüge ich mich in Aufführung der Elemente allgemein mit Angabe der gemeinen, d. i. unkorrigierten Werte åQ, e, woraus sich mit Zuziehung des stets bekannten m die korrigierten Werte leicht finden lassen, wenn es darum zu tun ist. Eine entsprechende Bemerkung wird unstreitig für die Abweichungssummen und mittleren Abweichungen bez. anderer Hauptwerte als A gelten, wenn schon die direkte Untersuchung in dieser Hinsicht sich bisher bloß auf die Abweichungen von A erstreckt hat. Es ist aber um so weniger Anlaß bei Anführung und Verwertung der bei einem gegebenen endlichen m erhaltenen Elemente die korrigierten Werte zu bevorzugen; als nicht nur die Abweichungssummen und mittleren Abweichungen bez. der verschiedenen Hauptwerte, sondern auch die Abweichungen der Hauptwerte selbst von einander unter dem Einflusse desselben endlichen m stehen, die Verhältnisse derselben sich also nicht durch die gemeinsame Korrektion ändern würden. Bei Untersuchung der Verteilungsgesetze aber hat es uns vielmehr auf diese Verhältnisse als auf absolute Werte anzukommen. Wo man aber doch auf solche gehen will, hat bezüglich Korrektion der einseitigen Werte åQ', åQ, und e', e,die Anmerkung statt zu finden, daß sie nicht respektive durch  und , sondern wie die von åQ und e durch

zu geschehen hat, weil man sonst durch Addition der korrigierten Werte åQ', åQ,die korrigierte Summe åQ nicht wiederfinden würde. Auch liegt dabei der rationelle Gesichtspunkt unter, daß die Abweichungssummen jeder Seite als Glieder der totalen Abweichungssumme von der Größe ihres m gemeinsam influiert werden müssen.
 

    6 ) Bekanntlich hat GAUSS vorlängst schon für die Summe der Fehlerquadrate åQ ² bez. A und den daraus abzuleitenden, von mir sog. quadratischen Mittelfehler

die Korrektion wegen des endlichen m bestimmt; wonach die erstere durch Multiplikation mit m : (m - l ), die letztere übereinstimmend mit unserer Korrektion des einfachen Mittelfehlers durchgeschieht. Die theoretische Ableitung und empirische Bewährung unserer Korrektion von åQ und e aber ist von mir in den Berichten der Kgl. Sächsischen Gesellschaft, Math.-Phys. Klasse, Bd. XIII, 1861, S. 57 f. geschehen, und da die Bewährung mit entschiedenem Erfolge an Kollektivabweichungen geführt ist, kann sie als zweifelsfrei für solche gelten.
 
 

    5) Die wahrscheinliche Abweichung w und quadratische mittlere Abweichung q. Unter wahrscheinlicher Abweichung w bez. eines Hauptwertes ist diejenige Abweichung zu verstehen, welche eben so viel größere Abweichungen nach absolutem Werte über sich, als kleinere unter sich hat, also bez. der Abweichungen Q dieselbe Bedeutung hat, als der Zentralwert C bez. der a. Unter quadratischem. Mittelfehler q verstehe ich kurz die Wurzel aus dem mittleren Abweichungsquadrate, d. i. den Wert, den man erhält, wenn man die gesamten Abweichungen von einem Hauptwerte H besonders zum Quadrate erhebt, die Summe dieser Quadrate, d. i. åQ ² (wohl zu unterscheiden von dem Quadrate der Summe, d. i. von
(åQ )2 ), mit der Gesamtzahl m dividiert und aus dem Quotient die Wurzel zieht, kurz

.

Statt für beide Seiten gemeinschaftlich, können diese Werte eben so wie die. einfache mittlere Abweichung e für beide Seiten besonders bestimmt und wegen des endlichen m korrigiert werden, worauf ich hier nicht eingehe, indem ich das, was darüber zu sagen, noch auf das Nachtragskapitel über das GAUSS'sche Gesetz (Kap. XVII) verspare, nach welchem diese Werte bestimmte Beziehungen unter einander haben, welche eine Ableitung derselben aus einander gestatten, was ersparen wird, sie nach Aufführung von e unter den Elementen noch besonders aufzuführen.

    6) Die extremen Werte a der Tafel, d. i. das kleinste und größte a der Tafel, ersteres als E', letzteres als E,zu bezeichnen. Nach der hergebrachten Einrichtung der Tafel aber steht das dem Werte nach höhere Extrem zu unterst, das niederere zu oberst.

    § 10. Wenn zwei Werte a, b in folgender Weise durch runde Klammern verbunden sind, wie a(b ), so ist dieser Ausdruck gleichgeltend mit ab , d. i. Produkt von a und b, wenn sie aber durch eckige Klammern in folgender Weise verbunden sind: a[ß] , so bedeutet dies nicht, daß a mit b multipliziert werden soll, sondern daß a Funktion von b  ist; also z. B. Q [A] bezeichnet eine Abweichung von A, Q[C] eine solche von C u. s. w., m[A] die Gesamtzahl der Abweichungen bez. A; m[C] die damit gleiche bez. C u. s. f..

    Da aber bei dem vorzugsweise häufigen Gebrauche der Hauptwerte A und D die darauf bezüglichen Ausdrücke und Formeln durch solche Zufügung unbequem und unbehilflich werden würden, ziehe ich es im allgemeinen vor, für Q, m, e je nach ihrer Abhängigkeit von A oder D gleich verschiedene einfache Bezeichnungen zu setzen, und zwar wird dies durch folgende, unter den betreffenden Hauptwerten stehende Bezeichnungen geschehen, welche ohne Strichelchen sich unterschiedslos auf die beiderseitigen Abweichungen beziehen, je nachdem sie aber der positiven oder negativen Seite besonders angehören, noch mit einem Strichelchen oben oder unten zu versehen sind:
 

  A D
Q D
m m m
e h E

 

    Also bedeutet z. B. D eine Abweichung von D, eine solche von D. Da die Gesamtzahl der Abweichungen unabhängig von der Wahl des Hauptwertes ist, so ist allgemein m =m = m, wogegen åD nicht gleich å¶ , und h nicht gleich e. ist.

    Der Unterschied m‘ - m,(bez. A gültig) wird kurz mit u, der Unterschied m' m,(bez. D) mit u bezeichnet. Aus u folgt m und m,, aus u folgt mund m,nach folgenden Gleichungen:

,

.

    Für die mehrfach in Betracht zu ziehenden Abweichungen des oberen und unteren Extremes vom arithmetischen Mittel nach absolutem Werte dienen die Bezeichnungen:

U' = E' - A und U,= A - E,.

    Anstatt die Gesamtzahl der Abweichungen, sei es nach beiden Seiten oder nach jeder Seite insbesondere, in Betracht zu ziehen, werden wir auch Anlaß finden, sie vom Hauptwerte aus nur bis zu gewissen Grenzen oder zwischen gegebenen Grenzen, sei es ihrem absoluten Werte oder ihrem Verhältnisse zu m, m' oder m,nach, in Betracht zu ziehen, was unter Gebrauch der Zeichen F und j später (im V. Kap.) besonders besprochen wird.

    In gewohnter Weise ist in den Tafeln von den kleinen Maßen a nach den größeren, also nach der natürlichen Lage des Blattes vor den Augen von dem oberen nach dem unteren Teile der Tafel fortgeschritten, was freilich in Konflikt damit kommt, daß man kleinere Werte als niedere, untere; größere als höhere, obere Werte faßt. Man muß also nach dem Zusammenhange oder ausdrücklicher Angabe entscheiden, ob die Ausdrücke "höhere", "niedrigere"; "obere", "untere Werte" auf die Lage der Tafel oder das Größenverhältnis der Werte bezogen sind. Zur Vermeidung dieses etwas lästigen formellen Konfliktes würde es künftig besser sein, die Verteilungstafeln mit dem größten Werte a anfangen zu lassen; aber nachdem ich durch den früheren größeren Teil meiner Untersuchungen der üblichen Aufstellungsweise gefolgt war, konnte ich es nicht mehr ändern, ohne meine Tafeln umzubauen und Gefahr zu laufen, mich selbst zu verwirren. Die Strichelchen oben und unten an den Werten beziehen sich jedenfalls auf das Größenverhältnis der Werte, nicht ihr Lagenverhältnis in der Tafel.

    Hiernach ist noch die Bedeutung und Bezeichnungsweise folgender Ausdrücke zu besprechen, welche in unseren Untersuchungen eine wesentliche Rolle spielen.

    Unter Vorzahl, Vorsumme verstehe ich respektive die Zahl å z und Summe å a der a, welche einem gegebenen Werte a der Tafel in Größe vorangehen, unter Nachzahl, Nachsumme die, welche einem gegebenen Werte a der Tafel in Größe folgen. Natürlich ändern sich diese Zahlen und Summen mit den Werten a der Tafel, denen sie vorangehen und folgen, und zur Verhütung von Weitläufigkeiten führe ich auch hier für die Fälle, welche es in den Anwendungen vorzugsweise zu berücksichtigen gilt, besondere Bezeichnungen ein. Allgemein mögen mit v, V, n, N die Vorzahl, Vorsumme, Nachzahl, Nachsumme bezüglich irgend eines in Betracht kommenden Anfangs-a und Schluss-a einer gegebenen Tafelverteilung bezeichnet werden, unter v, V,n,N die betreffenden Werte bezüglich des a, dem das größte z zukommt, d. i. des empirisch dichtesten Wertes D, unter vi,Vi, ni,Ni, bezüglich eines a, dessen Umkreisintervall zur scharfen Bestimmung der Elemente in später anzugebender Weise zu interpolieren ist, der übrigens in den meisten Fällen mit dem vorigen, dem dichtesten Werte zusammenfällt, wo dann auch die Bezeichnung durch den Index wegfallen kann.

    § 11. Endlich noch folgende Bemerkung. Es wird Anlaß sein, eine arithmetische und eine logarithmische Behandlung der K.-G. zu unterscheiden, von welchen erstere für solche Gegenstände in Anwendung kommt, deren mittlere Abweichungen bezüglich ihrer Hauptwerte nur klein sind, die andere für solche, wo sie verhältnismäßig dazu groß sind. Ersteres ist nicht nur der, bei weitem häufigere und daher in größerer Ausdehnung als der zweite zu berücksichtigende, sondern auch einfacher zu behandelnde Fall, und alle Bestimmungen und Bezeichnungen dieses Kapitels sind zunächst auf diesen Fall zu beziehen; doch würde ohne Mitberücksichtigung des zweiten Falles der ganzen Untersuchung die erforderliche Allgemeinheit fehlen.

    Der wesentliche Unterschied beider Behandlungsweisen ist dieser:
Bei der arithmetischen Behandlung werden die Abweichungen der einzelnen a von ihren Hauptwerten im gewöhnlichen Sinne als arithmetische, d. i. als positive und negative Unterschiede von ihren Hauptwerten gefaßt, und die Hauptwerte selbst direkt nach angegebenen Regeln aus den a der Verteilungstafel bestimmt. Bei der logarithmischen Behandlung werden die Abweichungen, mit denen man operiert, als logarithmische gefaßt, d. h. als Unterschiede der Logarithmen der a von sog. logarithmischen Hauptwerten, d. i. Hauptwerten, die nach ganz denselben Regeln aus den log a, als die arithmetischen Hauptwerte aus den einfachen a abgeleitet werden. Der Übergang von der arithmetischen zur logarithmischen Behandlung bringt manche neuen Gesichtspunkte, Bestimmungen und Bezeichnungen mit, auf die jedoch erst später einzugehen, nachdem sich Anlaß dargeboten haben wird, darauf Bezug zu nehmen (s. insbesondere Kap. V (§ 36) und XXI).

    Unter p wird in gewohnter Weise die LUDOLF'sche Zahl = 3,1415927, unter e die Grundzahl der natürlichen Logarithmen = 2,7182818, unter Mod. = log. comm. e der sog. Modulus des gemeinen logarithmischen Systemes = 0,4342945 verstanden; wovon es, wegen des häufig davon zu machenden Gebrauches, nützlich sein kann, die gemeinen Logarithmen anzuführen. Man hat:

log p = 0,4971499; log e = 0,4342945 ; log Mod. = 0,6377843 - 1.
Unter t, t ‘, t,respektiv werden respektiv die Werte:
verstanden. Unter t- Tabelle eine im Anhang, § 183, folgende Tabelle, welche die zu t in Bezug stehenden, im V. Kapitel zu besprechenden Werte F im Sinne des GAUSS'schen Gesetzes zufälliger Abweichungen angibt. Da der Wert exp [- t2] 7) von häufiger Anwendung und etwas komplizierter Berechnung ist, so mag hier die Berechnung seines Logarithmus angegeben werden, woraus er selbst unmittelbar ableitbar ist.
 

    7)  [Der Einfachheit wegen wird hier und im Folgenden die Exponentialfunktion ex durch exp [x] bezeichnet, wonach oben exp [-] statt e - t² gesetzt ist.]
 

    Um log exp [- t²] = log 1 : exp [t2] zu finden, addiere 2 log t zu 0,63778 - 1 (d. i. zu log Mod.), suche dazu in den Logarithmentafeln die Zahl und nimm sie negativ, so hast du darin den verlangten Logarithmus 8), aber in einer von der gebräuchlichen abweichenden und für die Anwendung der Logarithmentafeln zur Ableitung von exp [- t²] selbst daraus ungeeigneten Form. Um ihn in der dazu brauchbaren Form zu erhalten, ziehe seinen absoluten Wert von der um 1 höheren ganzen Zahl ab und füge diese der Differenz hinten mit dem Zeichen - zu. So, wenn log exp[-t²] = - 0,25 oder - 1,25 oder - 2,25 gefunden wäre, würde man dafür zu setzen haben resp. 0,75 - 1; oder 0,75 - 2 oder 0,75 - 3 u. s. f.
 

    8) In der Tat, der Logarithmus von exp [t²] ist gleich log e, mithin der Log. von l : exp [t²] gleich dem negativ genommenen Logarithmus von exp [t²].
 
 

    Unter E wird die Maßeinheit verstanden, in welcher die Exemplargrößen a, die Hauptwerte H und Abweichungsgrößen davon ausgedrückt sind.

    Statt Wahrscheinlichkeit wird meist W.; statt Kollektivgegenstand, wie schon bemerkt, K.-G. und statt GAUSS'sches Gesetz nach künftiger Bemerkung G. G. gesetzt.